Halstenbek. Mega-Projekt der DB in Halstenbek gewährleiste nicht den Schutz der dort lebenden Menschen. Was Anwohner sagen, wie es weitergeht.
Am Mittwoch ging sie per Mail und Post raus – die Stellungnahme der Gemeinde Halstenbek zur geplanten ICE-Abstellanlage der Deutschen Bahn. Und die Version, die am Dienstagabend im Bau- und Verkehrsausschuss einstimmig beschlossen wurde, ist deutlich schärfer formuliert als der erste Entwurf.
Laut Bürgermeister Jan Krohn haben Verwaltung und Politik nochmals Kontakt mit Vertretern der betroffenen Bürger aufgenommen und sich mit ihnen abgestimmt. „Das Ganze hat mehr Schärfe bekommen“, so der Verwaltungschef. Die wichtigste Änderung: Die Gemeinde hat ihre Position, das Vorhaben grundsätzlich zu befürworten, aufgegeben.
Die Bahn will eine ICE-Abstellanlage mit zwölf jeweils 400 Meter langen Gleisen errichten
Die Bahn will bekanntlich im Bereich Eidelstedt eine ICE-Abstellanlage mit zwölf jeweils 400 Meter langen Gleisen errichten. Auch eine Innenreinigung der Züge ist geplant sowie einiges mehr. Ein Großteil der Anlage, die laut Wunsch der Bahn im Frühjahr 2027 in Betrieb gehen soll, liegt direkt auf Halstenbeker Gebiet.
Das Gelände gehört der Bahn, Genehmigungsbehörde ist das Eisenbahnbundesamt. Ein direktes Mitsprache- oder gar Vetorecht hat die Gemeinde nicht. Sie kann lediglich eine Stellungnahme zu dem Projekt abgeben. Und die hat es in sich.
„Die Gemeinde Halstenbek lehnt die Pläne der Deutschen Bahn auf dem Gemeindegebiet in der vorliegenden Ausgestaltung ab“, heißt es gleich zu Beginn des Schreibens. Die Gemeinde begründet dies damit, dass sie den Schutz der an der Bahntrasse lebenden Menschen für nicht ausreichend hält, um diese vor Belastungen zu schützen und die gesetzlichen Grenzwerte tatsächlich einzuhalten.
Gemeinde fordert die Deutsche Bahn auf, ihre Pläne im Grundsatz zu verändern
„Eine Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen und Einschränkungen der Lebensqualität sind für die Umsetzung des angestrebten Projekts aus Sicht der Gemeinde unabdingbar“, heißt es weiter. Daher fordert die Gemeinde die Deutsche Bahn auf, ihre Pläne im Grundsatz zu verändern. Wichtigster Kritikpunkt der Gemeinde sind die unzureichenden Lärmschutzmaßnahmen.
Hier nennt die Gemeinde zuallererst das Wohngebiet im Bereich Am Birkenwäldchen, das von der Bahn als Mischgebiet und nicht als reines Wohngebiet behandelt wird. Das ist formal auch richtig, weil es der gültige Bebauungsplan so einstuft. Für ein Mischgebiet gelten geringere Anforderungen an den Lärmschutz.
Häuser im Bereich Am Birkenwäldchen sollen besseren Schutz erhalten
Die Gemeinde führt aus, dass in den 109 dort vorhandenen Hauseinheiten lediglich 15 aktive Einzelunternehmen gemeldet sind. Das entspricht einer Quote von 13,77 Prozent. Weil sich die tatsächliche Bebauung anders entwickelt habe als im Bebauungsplan vor mehr als drei Jahrzehnten vorgesehen, sei die Einstufung als Mischgebiet als funktionslos anzusehen.
Daher müsse die Bahn diesen Bereich lärmschutztechnisch anders einordnen und diesen Anwohnern den gleichen Schutz zugestehen wie ihren Nachbarn einige Häuser weiter, die als reines Wohngebiet eingestuft worden sind. Und die Gemeinde fordert die Bahn weiterhin auf, auf freiwilliger Basis den Lärmschutz zu erweitern – sowohl auf der Nord- als auch auf der Südseite der Gleise.
Gemeinde plädiert erneut für Einhausung der kompletten Anlage
Die Gemeinde plädiert für eine komplette Einhausung der gesamten ICE-Abstellanlage sowie eine Verlängerung der eingeplanten Lärmschutzwände, damit sie Anwohnern beidseits der Gleise durchgehenden Schutz bieten. In der Stellungnahme wird auch das Gebiet Verbindungsweg/Lindenhof als schutzwürdig genannt, wo bereits ein Gewerbegebiet für Lärm sorgt und wo ein großes genossenschaftliches Wohnprojekt geplant ist.
„Wir sind grundsätzlich für den Ausbau des ÖPNV und für die Mobilitätswende, aber unsere Bürger dürfen nicht darunter leiden“, so Krohn weiter. Die Bahn habe die Chance, das Projekt zu verwirklichen und gleichzeitig für die Bürger eine Verbesserung des Ist-Zustandes zu erreichen. Das gelinge jedoch nur, wenn über das gesetzlich notwendige Maß hinaus erhebliche Summen in den Lärmschutz investiert werden.
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Sollte die Bahn nicht einlenken, müsse sie mit Klagen der Anwohner rechnen, die eine schnelle Umsetzung des Projektes verhindern würden. „Wir als Gemeinde selbst sind nicht klageberechtigt“, so Krohn weiter. Das habe eine erste juristische Prüfung durch eine eingeschaltete Rechtsanwaltskanzlei ergeben. Dies liege daran, dass die Gemeinde kein Grundstück direkt angrenzend an die Bahnstrecke besitze.
Der Bürgermeister rechnet damit, dass Ende März oder Anfang April ein Erörterungstermin als Präsenztreffen durch das Eisenbahnbundesamt als zuständige Genehmigungsbehörde stattfindet. Eingeladen würden die Gemeinde sowie die zu beteiligenden Träger öffentlicher Belange (Töb) – und die Anwohner, die bis zum 16. Januar Einwendungen gegen das Projekt geltend gemacht hatten.
100 Einwendungen von Bürgern aus Halstenbek sind bei der Bahn eingegangen
Aus Hamburg hat sich niemand gegen das Projekt gewandt. 100 Einwendungen von Halstenbeker Bürgern hatte die Bahn eingeräumt. 48 davon kamen von Beteiligten einer WhatsApp-Gruppe, die der Halstenbeker Jens Dose ins Leben gerufen hat. Er wohnt in der Siedlung Am Birkenwäldchen und hat gemeinsam mit seinen Nachbarn eine Anwaltskanzlei eingeschaltet.
„Die Bahn hat jahrelang im stillen Kämmerlein geplant und es nicht einmal für nötig gehalten, sich mit den Anwohnern ins Benehm zu setzen“, kritisiert er. Nur durch Zufall hätten die Betroffenen von dem Projekt erfahren. Der Halstenbeker und weitere Bürger waren im Dezember erstmals im Bauausschuss der Gemeinde vorstellig geworden, hatten direkten Einfluss auf den Entwurf der gemeindlichen Stellungnahme genommen.
Zur Sitzung am Dienstagabend erschienen 60 Einwohner
Auch zur Sitzung am Dienstagabend waren erneut knapp 60 Bürger erschienen. „Wir sind froh darüber, was wir gemeinsam mit der Gemeinde erreichen konnten“, sagt der Anwohnersprecher. Er betont, dass keiner der Anlieger gegen die Mobilitätswende sei. Allerdings dürfe diese nicht auf dem Rücken der Halstenbeker Bürger ausgetragen werden.
Die Bahn dürfe sich in Sachen Lärmschutz nicht auf das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß beschränken, sondern müsse das technisch machbare im Sinne der Anwohner umsetzen. Dose: „Das ist unsere Forderung.“