Halstenbek. Politik der Gemeinde berät das Bahnprojekt. Das gigantische Vorhaben wird wohl gebilligt, aber nur unter diesen Bedingungen.
Der geplante Bau der großen ICE-Abstellanlage in Halstenbek – er beschäftigt am Dienstag (19 Uhr, Sitzungsraum Bahnhofstraße 22) erneut die Politik der Gemeinde. „Wir gehen davon aus, dass viele Anwohner kommen werden“, so Bürgermeister Jan Krohn.
Am 6. Februar kamen 250 Bürger zu einer Informationsveranstaltung der Bahn und äußerten massive Kritik an dem Projekt, der bisherigen Informationspolitik der Bahn und den vom Unternehmen geplanten Lärmschutzmaßnahmen, die als unzureichend angesehen werden. Auch mögliche Lichtemissionen und der Lärm während der Bauphase schüren Ängste bei den Anwohnern.
Gemeinde muss Stellungnahme an das Eisenbahnbundesamt übermitteln
Jetzt ist die Gemeinde an der Reihe, ihre Stellungnahme zu dem Vorhaben abzugeben. Sie soll vom Ausschuss für Bau-, Planungs- und Verkehrswesen abgesegnet und dem Eisenbahnbundesamt als Genehmigungsbehörde übermittelt werden. Mitspracherecht hat die Gemeinde keines, das Gelände ist im Besitz der Bahn.
In der zur Abstimmung stehenden Version erkennt die Gemeinde den Bedarf zum Ausbau der Schieneninfrastruktur – auch als wichtigen Schritt für eine Mobilitätswende – an. Daher signalisiert sie Unterstützung für den Bau der Abstellanlage – und befürwortet diese. Nach dieser Einleitung folgt jedoch massive Kritik. Insbesondere bemängelt die Gemeinde die geplanten Lärmschutzmaßnahmen.
Gefordert wird eine deutliche Verbesserung des Lärmschutzes
Gefordert wird, die Bebauung im Bereich Am Birkenwäldchen als reines Wohngebiet und nicht, wie im Bebauungsplan ausgewiesen, als Mischgebiet einzustufen. Bei einer Einstufung als Mischgebiet ist ein höherer Lärmpegel zulässig.
Die Gemeinde weist in ihrer Stellungnahme auch auf möglichen zusätzlichen Lärmschutz hin. Anstatt Lärmschutzwände rund um die Abstellanlage zu bauen, könnten die Schallschutzeinrichtungen an den äußeren südlichen und nördlichen Rand der Bahnanlagen verschoben werden.
Laut dem Lärmschutzgutachten der Bahn könnte dies die Situation für die Anlieger deutlich verbessern – auch im Vergleich mit dem jetzt vorherrschenden Zustand. Allerdings lehnt die Bahn eine solche Maßnahme ab, weil dem „ein unverhältnismäßiger Aufwand“ entgegenstehen würde.
Laut Bahn würden Verschattungen an Grundstücken eintreten und es würden fremde Grundstücke zur Gründung der Lärmschutzwände und zur Bahnentwässerung benötigt. Außerdem müsste eines der vorhandenen Fernbahngleise bis zu sechs Monate gesperrt werden und es wären nächtliche Bauarbeiten vonnöten. Die Gemeinde bezweifelt dies. Und sie weist zu guter Letzt auf die negativen Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt hin.
Bürgermeister beobachtet, dass der Ton seitens der Anwohner rauer wird
„Unser Ziel ist es, das Maximum für unsere Bürger herauszuholen“, so Krohn weiter. Er beobachte allerdings in zunehmendem Maße, dass der Ton rauer werde, was die Anwohner betrifft. Auch gegenüber der Gemeinde. Krohn: „Wir haben uns nichts vorzuwerfen.“ Das gelte auch für den Bereich Am Birkenwäldchen, der vor mehr als 30 Jahren bewusst als Mischgebiet ausgewiesen wurde. Das Gebiet habe sich jedoch gänzlich anders entwickelt, als es die gemeindliche Planung mit dem Bebauungsplan vorgesehen hat.
Und auch wenn die Bahn etwas anderes behaupte: „Auch wir als Gemeinde sind von dem Projekt genauso überrascht worden wie die Anwohner.“ Es stimme nicht, dass die Bahn die Gemeinde Anfang des Jahres 2023 über das Vorhaben informiert habe.
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Krohn: „Wir haben das erste Mal im Oktober 2023 davon gehört.“ Wenig später seien dann diverse Aktenordner mit Planzeichnungen und Gutachten im Rathaus eingetroffen. Krohn: „Da haben wir erst gesehen, wie weit sich das Projekt auf Halstenbeker Gebiet erstreckt.“
ICE-Abstellanlage: Immer mehr Bürger lehnen das Projekt in Gänze ab
Dem Verwaltungschef ist auch aufgefallen, „dass immer mehr Bürger sagen, wir wollen das Projekt überhaupt nicht“. Der bisherige Weg der Gemeinde sei jedoch, das Vorhaben mitzutragen und gleichzeitig den besten Schutz für die Anwohner herauszuholen. „Die Politik muss jetzt entscheiden, ob wir diesen Weg weiter beschreiten wollen“, so der Verwaltungschef. Die Gemeinde habe inzwischen auch rechtlichen Rat eingeholt, wolle nach jetzigem Stand auf eine Klage verzichten.
Ob das die Anwohner auch tun, erscheint zweifelhaft. Sie haben sich ebenfalls einen Anwalt genommen, um gegen das Vorhaben vorgehen zu können. Das Projekt gliedert sich in zwei Abschnitte, die von der Bahn Eidelstedt-Ost sowie Eidelstedt-Nord getauft wurden. Dabei betreffen beide das Gemeindegebiet von Halstenbek.
Großprojekt der Bahn: Insgesamt sind zwölf Abstellgleise für ICE-Züge geplant
Der größere Teil der Anlage ist im östlichen Bereich geplant. Dort sind im Grenzbereich zur Gemeinde sowie auf ihrem Gebiet acht Abstellgleise mit einer Länge von jeweils 400 Metern, eine zweigleisige Wendeanlage mit ebenfalls 400 Meter Länge, weitere Zuführungsgleise und Weichenstraßen zum Anschluss an die bestehenden Gleisanlagen vorgesehen. Auch ist eine Innenreinigungsanlage geplant sowie eine Anbindung an das Straßennetz,
Der zweite Teil der Anlage, von der Bahn Eidelstedt-Nord getauft, befindet sich ausschließlich auf Halstenbeker Gebiet. In diesem Bereich sollen vier Abstellgleise von 400 Meter Länge neu gebaut und mit Einrichtungen für die Zuginnenreinigung und einer straßenseitigen Erschließung ausgestattet werden. Auch ein zweigeschossiges Funktionsgebäude für die Mitarbeiter ist vorgesehen. Es entstehen weiterhin Beleuchtungs-, Telekommunikations- und Entwässerungseinrichtungen, Leit- und Sicherungstechnik sowie eine Elektrifizierung der Gleise.
Anlage soll laut Planungen der Bahn im Frühjahr 2027 den Betrieb aufnehmen
Dieser Anlagenteil reicht bis fast zur Unterführung Lübzer Straße. Laut den Planungen der Bahn sollen die Arbeiten Ende 2024 mit Rodungsmaßnahmen beginnen und insgesamt 27 Monate in Anspruch nehmen. Die Fertigstellung soll im Frühjahr 2027 sein. Die Bahn hofft, dass im September der Planfeststellungsbeschluss durch das Eisenbahnbundesamt erteilt wird. Zuvor wird es noch einen Erörterungstermin geben, der sich mit den Einwendungen der Anwohner, der Gemeinde sowie der Träger öffentlicher Belange (TöB) befasst.