Heidgraben. Einziger Supermarkt des Ortes im Kreis Pinneberg musste schließen. Neues Unternehmen öffnet den Markttreff nun rund um die Uhr.

In Berlin gibt es etwa 1000 von ihnen. „Späti“ nennen Nachteulen und andere Anwohner die Läden, die rund um die Uhr geöffnet sind. Aber auch in kleinen Gemeinden stellen schon „Spätis“ die Nahversorgung sicher. Heidgraben mit seinen etwa 2500 Einwohnern könnte nach dem Verlust des einzigen Supermarktes im Ort für den Kreis Pinneberg zum Modell werden, ob und wie sich so ein Verkaufskonzept auf dem platten Land wirtschaftlich rechnet.

Nach knapp zehn Jahren hatte Heidgraben seinen vom Land Schleswig-Holstein geförderten Markttreff, einen mittelgroßen Supermarkt plus Bäckerei und Frühstückstreff, geschlossen. Mit dem Gründer und Herz des Geschäfts, Manfred Langer, konnte keine Einigkeit erzielt werden, wie Altlasten finanziert und damit der Mietvertrag für das Geschäft weitergeführt werden sollte. Vorgestern hatten die Gemeindevertreter zwei Kaufleute eingeladen, sie sollten ihre Zukunftsmodelle vorstellen.

Der Hurtig-Markt könnte im zweiten Quartal eröffnet werden

Den Zuschlag soll dem Vernehmen nach das Unternehmen Hurtig-Markt aus Owschlag (Rendsburg-Eckernförde) erhalten. Die konkreten Verträge dafür sollen jetzt ausgehandelt werden. Klappt das, will Geschäftsführer Fin Niklas Schmidt den Markttreff im zweiten Quartal wieder eröffnen.

Die Idee, rund um die Uhr an jedem Tag im Jahr einkaufen zu können, könnte bald in Heidgraben Wirklichkeit werden.
Die Idee, rund um die Uhr an jedem Tag im Jahr einkaufen zu können, könnte bald in Heidgraben Wirklichkeit werden. © Hurtig-Markt | Henning Frenzel

Die Idee, Märkte rund um die Uhr mit einer Mischung aus Verkäufern und Automaten zu öffnen, hat der junge Mann im April vorigen Jahres zu einem Unternehmen gemacht. In Sauensiek im südlichen Landkreis Stade startete er im Sommer 2023 den Prototyp. Die Gemeinde hat wie Heidgraben etwa 2500 Einwohner. Über weitere Projekte in Schleswig-Holstein wird ebenfalls verhandelt.

Sieben Mitarbeiter sollen tagsüber die Kundschaft bedienen

Theoretisch könnte der Laden vollkommen automatisch funktionieren. Mithilfe eines speziellen Programms, das als App aufs Smartphone geladen wird, und einem QR-Code bekommt der Kunde Zutritt zum Geschäft und rechnet so auch automatisch an der Kasse ab.

So sieht es im Hurtig-Markt in Sauensiek (Landkreis Stade) aus. Obst, Gemüse und alle anderen Waren liefert „famila“-Eigentümer Bartels&Langness.
So sieht es im Hurtig-Markt in Sauensiek (Landkreis Stade) aus. Obst, Gemüse und alle anderen Waren liefert „famila“-Eigentümer Bartels&Langness. © Hurtig-Markt | Henning Frenzel

Praktisch werden tagsüber Verkäufer und Verkäuferinnen sich um all diejenigen kümmern, die (noch) nicht so vertraut im Umgang mit modernen elektronischen Medien sind. Falls sich Geschäftsführer Schmidt mit der Gemeinde Heidgraben einig wird, rechnet er damit, bis zu sieben Mitarbeiter zu beschäftigen.

Auch die Bäckerei wird wieder geöffnet mit Frühstücksangebot

Auch die bereits unter Manfred Langer beliebte Bäckerei wird wieder geöffnet. Ebenso soll die Poststelle reaktiviert werden. „Natürlich werden wir hier auch ein Frühstücksangebot bereitstellen“, sagt Geschäftsführer Schmidt auf Anfrage. „Wir werden dazu auch Veranstaltungen planen wie beispielsweise ein Sommerfest, Weihnachtsmarkt oder auch Flohmärkte, falls gewünscht.“

2014 ist der Markttreff in Heidgraben als Leuchtturmprojekt der Aktivregion eingeweiht worden. Seit 1. Januar sind der Supermarkt sowie die Bäckerei und Poststelle geschlossen. Bald könnte dort ein Geschäft eröffnen, das tagsüber wie ein normaler Supermarkt mit Bedienung funktioniert und abends sowie sonn- und feiertags mit einer App betreten werden darf.
2014 ist der Markttreff in Heidgraben als Leuchtturmprojekt der Aktivregion eingeweiht worden. Seit 1. Januar sind der Supermarkt sowie die Bäckerei und Poststelle geschlossen. Bald könnte dort ein Geschäft eröffnen, das tagsüber wie ein normaler Supermarkt mit Bedienung funktioniert und abends sowie sonn- und feiertags mit einer App betreten werden darf. © Reimer Wulf | Reimer Wulf

Einen Mittagstisch habe man intensiv diskutiert, aber vorerst verworfen, da „unser Fokus immer auf einem perfekten Lebensmitteleinzelhandel“ liege. Am Wünsche-Terminal dürfen jedoch sämtliche Anregungen hinterlassen werden, die dann auch weitere Angebote nach sich ziehen könnten.

Famila-Konzern würde den Markttreff in Heidgraben beliefern

Das Sortiment mit mehr als 3000 Artikeln, frischem Obst und Gemüse wird über die Einzelhandelskette Bartels & Langness (Nah&Frisch, Ihr Kaufmann, famila) abgedeckt. Auch individuelle Wünsche der Gemeinden werden berücksichtigt.

Mehr zum Thema

Nicht zum Zuge kommt damit wohl der zweite Anbieter, der sich am Mittwochabend in Heidgraben vorgestellt hatte. Die Idee der Familie Yilmaz, die an der Kleinen Twiete in Uetersen einen Kiosk und Backshop betreibt, sei nur um „Nuancen“ unterlegen, sagt der Bürgermeister. Der Kaufmann aus der Nachbarstadt präsentierte ein ähnliches Konzept wie Manni Langer. Er wollte den Markttreff zudem mit Imbiss- und Fischwagen sowie einem Lieferdienst ergänzen.

Doch am Ende neigten sich die Argumente in der Waagschale in Richtung des modernen Hurtig-Systems aus Owschlag. Als nächster Schritt werden Fin Niklas Schmidt und Bürgermeister Julian Kabel eine gemeinsame Absichtserklärung unterschreiben. Bis Mitte März soll der Mietvertrag ausgehandelt werden. Danach könnte hurtig „Mannis Markttreff“ zum „Markttreff Hurtig“ werden.