Hamburg. Getränke, Snacks und Kondome: Das Konzept von Ape Inn setzt vor allem auf junge Nachtschwärmer. Weitere Standorte geplant.
In Berlin gehören sie praktisch zur Kiezkultur. Auch in Leipzig oder Hannover gibt es fast an jeder Ecke Kioske, die außerhalb der üblichen Ladenöffnungszeiten geöffnet sind. Vor allem bei jungen Menschen sind die Spätverkaufsstellen – Spätis, wie sie liebevoll genannt werden – fixe Garanten der nächtlichen Versorgungssicherung. Gut verkaufen sich Getränke aller Art, aber auch Snacks und Tabakwaren. In Hamburg ist die Kiosk-Dichte in den vergangenen Jahren gestiegen, liegt allerdings offenbar noch unter der in den Späti-Hochburgen der Republik.
Genau da setzt Gründer Marvin Großkrüger mit einem neuen Konzept an. Er eröffnet jetzt den ersten elektronisch gesteuerten Kiosk der Stadt. Eine Art moderner Automatenladen, der unter dem Namen Ape Inn firmiert. „Bei uns kann man rund um die Uhr einkaufen. Das gibt es in der Gegend sonst nicht“, sagt der 35-Jährige.
Automaten-Kiosk Hamburg bietet vorrangig Nischenprodukte
Ortstermin an der Hoheluftchaussee wenige Tage vor der Eröffnung: In der Ladenzeile zwischen Sandwich-Kette, Rollladen-Händler und Bäckerei sind die neuen Firmenschilder schon angebracht. Passend zum Namen des Kiosk-Konzepts – Ape Inn – zeigt das Logo einen gelangweilt aussehenden Comic-Affen, der in der Krypthowährungsszene bekannt ist. Ein Bezug für Insider, es geht aber auch ganz ohne dieses Wissen. Hinter den großen Automatiktüren stehen 14 Verkaufsautomaten, wie man sie von Bahnhöfen oder Flughäfen kennt, gefüllt mit unterschiedlichen Softdrinks, Süßkram, Salzgebäck und Instantnudeln.
Es gibt – nach einer Alterskontrolle – auch Bier und Mischgetränke mit Alkohol, E-Shishas und Kautabak, Kondome und Sexspielzeug. „Wir sind kein Grundversorger, sondern bieten vorrangig Nischenprodukte“, erklärt Unternehmer Großkrüger die Sortimentsgestaltung. Eben das, was man mitten in der Nacht so brauchen könnte, wenn alle andere Geschäfte geschlossen sind. Zum Start bietet Ape Inn gut 200 unterschiedliche Artikel.
Einkaufen wird immer moderner
Der Automatenladen passt in die Reihe von Neueröffnungen, mit denen der Einzelhandel Antworten auf die Frage nach dem Einkaufen der Zukunft testet: weitgehend ohne Personal, möglichst digital und immer verfügbar. Nicht nur im Möbelhaus Ikea, bei Bau- und Supermärkten gibt es inzwischen Selbstbedienungskassen. In einigen Geschäften kann man mit speziellen Apps auch die Warenpreise direkt scannen und dann per Klick an einem speziellen Check-out direkt bezahlen.
Vor einigen Wochen hat das erste kassenlose Lebensmittelgeschäft Hamburgs in Eppendorf eröffnet. An der Lübecker Bucht testet Edeka in Hohwacht einen Mini-Supermarkt ohne Vor-Ort-Mitarbeiter. Auch andere große Handelsketten wie Rewe und Tegut erproben an Standorten quer durch die Bundesrepublik neue Konzepte ohne Ladenschluss und lange Warteschlangen an den Kassen.
„Wir waren kurz vor der Insolvenz“
Dass Marvin Großkrüger jetzt in die Branche einsteigt, hat mit der Corona-Pandemie zu tun. Eigentlich ist der Niedersachse Physiotherapeut und Osteopath, betreibt in Uelzen und Umgebung vier Gesundheitszentren. Nachdem während der Lockdown-Monate die Nachfrage nach Krankengymnastik deutlich gesunken war und die Fitnesscenter monatelang schließen mussten, war sein Unternehmen Fit im Norden in finanzielle Schwierigkeiten geraten.
„Wir waren kurz vor der Insolvenz“, sagt der Geschäftsmann aus Uelzen, der inzwischen 60 Beschäftigte hat. Anfang des Jahres 2021 hatte er auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern Corona-Testzentren aufgebaut und erfolgreich betrieben. „Da wusste ich, dass ich als Unternehmer mehr kann als nur Physiotherapie“, sagt Großkrüger, der aktuell noch sieben Testcenter betreibt. Im vergangenen Herbst war, gemeinsam mit drei Partnern, die Idee für die neuartigen Automaten-Kioske gekommen.
Ähnliche Läden bereits in anderen Städten vorhanden
Hinter dem Konzept steckt ein System eines österreichischen Start-ups, das das elektronisch gesteuerte Warenwirtschaftssystem entwickelt hat. In Nürnberg und München haben bereits ähnliche Konzepte wie Ape Inn eröffnet. „Diese laufen sehr gut“, sagt Unternehmer Großkrüger, der bei der Expansion im Norden mit seinem Geschäftspartner Efthymios Vaitsis zusammenarbeitet. Die Hauptzielgruppe sind demnach vor allem junge Menschen zwischen 16 und 30 Jahren. „Eben die, die vor allem nachts unterwegs sind.“ Großkrüger, der 250.000 Euro in den Umbau und die Ausstattung des ersten Ape Inn in Hamburg gesteckt hat, rechnet monatlich mit Umsätzen im niedrigen fünfstelligen Bereich.
Der Laden, der am Mittwoch nächster Woche eröffnet wird, ist von Montag bis Sonnabend Tag und Nacht auf. Nur am Sonntag ist Ape Inn geschlossen. Die Kunden können die gewünschten Waren über zwei Bestellterminals ordern und bezahlen. An den Geräten erfolgt auch die Alterskontrolle. „Außerdem gibt es künftig die Möglichkeit, auch online zu bestellen und zu zahlen“, sagt der Unternehmer. Die Produkte können dann mit einem QR-Code abgeholt werden.
Automaten-Kiosk Hamburg: Preise deutlich höher
Die Preise sind deutlich höher als im Supermarkt gegenüber mit Öffnungszeiten von 7 bis 24 Uhr in der Woche. Softdrinks etwa kosten 2,50 Euro pro Dose oder Flasche, eine Tüte Fruchtgummis 1,80 Euro und Chips je nach Packungsgröße bis zu drei Euro. Im Angebot sind auch Sandwiches und Wraps, die mit drei bis vier Euro angeboten werden sollen. Um Vandalismus zu verhindern, sind die Kioske videoüberwacht und mit weiteren Sicherheitssystemen wie Alarmtönen ausgestattet. Damit will der Betreiber auch Obdachlose fernhalten.
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„Für mich sind die Kioske eine weiteres Standbein. Egal, welche Krise als nächste kommt, Essen und Trinken werden die Menschen immer“, sagt der Familienvater. Es gebe bereits Gespräche für weitere Standorte in Hamburg. „Wir wollen schnell wachsen. Der Bedarf ist da“, sagt er. Und auch das Angebot soll vielfältiger werden. So kann sich Großkrüger Kooperationen mit lokalen Lebensmittelanbietern und Getränke-Herstellern wie Ratsherrn vorstellen. Auch das Essensangebot soll umfangreicher werden, Sushi oder auch Grillfleisch seien Optionen.