Wedel. Mehr Schüler, aber kein Plan: Wedels Schulen haben massive Probleme. Statt Improvisation werden nun langfristige Lösungen gefordert.
Die Lage an den Schulen in Wedel wird immer prekärer, wenn nicht im nötigen Maß schnellstmöglich dagegen angesteuert wird. Nun schlagen die Schulleiter und Schulleiterinnen mit einem Brandbrief an die VerwaltungAlarm. Schon jetzt ist neben dem Fachkräftemangel auch die Raumnot groß. Bereits in der Vergangenheit mussten viele Container aufgestellt werden.
Die Stadtkassen sind ziemlich leer, ein Schuldenberg drückt – immer wieder müssen nötige Investitionen verschoben werden. Mit einem dramatischen Appell haben sich alle Wedeler Schulleitungen an Wedels Bürgermeister Gernot Kaser und die Politik gewandt, um einen Überblick, „der aus unserer Sicht dringend zu bearbeitenden Fragen und Anliegen“ aufzulisten.
Schulleitungen klagen an: Wedeler Schulen platzen aus allen Nähten
Denn: Bereits die bestehende Version des Schulentwicklungsplans, der der Politik im Herbst 2023 vorgestellt worden war, zeigt eine Zunahme der Grundschulkinder in den nächsten Jahren. Und: Die finale Version ist trotz mehrfacher Ankündigung seitens der Verwaltung noch nicht fertig. Seit zwei Jahren wartet die Wedeler Politik auf den endgültigen Plan.
Aktuell seien laut des Schreibens bereits Grundschulkinder in Privatschulen oder nach Hamburg abgewandert – die private Elbschule am Wedeler Rosengarten trage nur wenig zur Entlastung der Gesamtsituation bei. Möglicherweise kehrten die in Hamburger Schulen unterrichteten Kinder später im weiterführenden Bereich wieder an Wedeler Schulen zurück.
Raumnot in Schulen – „eine klare Perspektive fehlt“
„Jedes einzelne der skizzierten Szenarien zeigt einen Anstieg der Schülerzahlen. Dies trifft auf voll ausgelastete oder zum Teil überlastete Wedeler Grundschulen“, heißt es in dem Schreiben. Aktuell gebe es dafür keine weiteren freien Klassenräume – eine klare Perspektive, wie das alles genau funktionieren könnte, fehle laut der Schulleitungen.
„Die dringendsten Probleme gibt es an den Wedeler Grundschulen, aber auch die weiterführenden Schulen werden über kurz oder lang betroffen sein“, sagt Petra Kärgel, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen und seit Jahren leidenschaftlich in der Wedeler Bildungspolitik engagiert.
Wedel hat drei staatliche Grundschulen – es wird eng
Der Rechtsanspruch auf einen schulischen Betreuungsplatz am Nachmittag ab 2026 für Grundschulkinder würde den Raumbedarf „vermutlich weiter steigern“, heißt es auch in dem Brandbrief. Neben Moorweg- und Altstadtschule, gibt es mit der Albert-Schweitzer-Schule insgesamt drei staatlichen Grundschulen.
Dort gilt der gebundene Ganztag. Das bedeutet: Die Grundschüler der Klassenstufen 1 bis 4 werden von Montag bis Donnerstag dort von 8 bis 16 Uhr unterrichtet und betreut, freitags bis 13 Uhr. Diese Verweil- und Lernzeiten – angepasst an den Bio-Rhytmus der Kinder – sind verpflichtend – und sogar kostenfrei für die Eltern. Zuletzt waren an dieser Schule Überlegungen, wegen Personalmangels in den offenen Ganztag zu wechseln, wieder verworfen worden.
Altstadtschule ist oft die erste Wahl der Eltern
Nun bleibe abzuwarten, wie die gesetzliche Verpflichtung, an allen Grundschulen einen Ganztag anzubieten, sich auswirken werde. „So lange die Albert-Schweitzer-Schule gebundener Ganztag ist, können die Eltern nicht verpflichtet werden, einen Schulplatz an dieser Schule anzunehmen. Dies bedeutet, dass die Altstadt- und Moorwegschule diesen Kindern Plätze anbieten müssen. Aktuell wählen diese Eltern verstärkt die Altstadtschule an“, schreiben die Schulleitenden.
Sofern die Altstadtschule im Wedeler Zentrum eine Kapazitätsbeschränkung durch das Schulamt zugesprochen bekäme, „ist die Moorwegschule für diese Kinder zuständig. Hierfür fehlt eine Planungsperspektive.“ Dort würden aktuell schon Räume fehlen, etwa zum Beispiel sogenannte Differenzierungsräume für das personalisierte Lernen oder auch Fach-, Büro- und Sonderpädagogik-Räume, die insbesondere für die Inklusion wichtig seien. 25 Prozent der Moorwegschulen-Klassen würden dauerhaft in Containern beschult werden.
Machbarkeitsstudie an der Moorwegschule wird momentan nicht fortgeführt
Die Machbarkeitsstudie an der Moorwegschule werde aktuell nicht fortgeführt. Die Schulleitungen fragen sich, wie es an diesem Standort nun weiter gehen soll. Denn: Bereits mit Fachdienst, Elternschaft und Schulleitung abgestimmte Raumkonzepte lägen vor, es müsse dafür aber an der Schule gebaut werden. In der war das brisante Thema kurz behandelt worden. Laut Verwaltung mangele es aktuell einfach an personellen Kapazitäten, um die externe Studie derzeit intern zu bearbeiten
Auch das so wichtige Sporttreiben für Kinder sei laut Schulleitenden nur schwer darstellbar. „Die nicht ausreichenden Sportstätten an der ATS und MWS lassen keinen den aktuellen ministeriellen Vorgaben entsprechenden Sportunterricht zu“, wird im Schreiben gemahnt. Etwa 40 Prozent der Moorwegschulen-Klassen müssten in das gut einen Kilometer entfernte Förderzentrum ausweichen.
Schulleitenden fordern mehr Fokus auf sonderpädagogischen Förderbedarf
Auf lange Sicht sollten alle Wedeler Schulen – auf jeden Fall bei Neubau-Projekten – besser für die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ausgestattet werden, also Rückzugsmöglichkeiten, Gruppenräume für die individuelle Förderung oder auch Einrichtungen für Schülerinnen und Schüler mit Pflegebedarf.
Auch die baulichen Gegebenheiten würden eine zeitgemäße, pädagogische Arbeit, etwa in Kleingruppen oder auch die Teilnahme aller Schüler an Nachmittagsangeboten erschweren. Es herrsche ohnehin Sanierungsstau in vielen schulischen Liegenschaften.
Wedel: Trotz Sportentwicklungsplan wird kaum investiert
Ein Problem, das die Schulen jedoch nicht exklusiv hätten. Auch in den Sport in der Stadt müsste mehr Geld fließen. „Der Sport kommt in Wedel bei den Planungen leider immer wieder zu kurz, das trifft auch die Sportvereine“, sagt Kärgel. Da helfe anscheinend auch kein Sportentwicklungsplan in der Schublade, „der die Problematik ja ebenfalls beschreibt.“ Zwei Beispiele für einige marode Sportstätten seien die Steinberg- oder Rudolph-Breitscheid-Halle.
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Zum Abschluss fordern die Schulleitungen Verwaltung und Politik auf, „die Notwendigkeit einer weiteren Grund- und Gemeinschaftsschule in Wedel zeitnah zu prüfen.“ Eine vierte Grundschule wird seit vielen Jahren gefordert, zuletzt hatte es Überlegungen gegeben, diese im Baugebiet Wedel Nord entstehen zu lassen. Allerdings liegt die Planung für Wedel Nord wegen des erfolgreichen Bürgerentscheids gegen das Großprojekt seit Oktober 2023 für zwei Jahre auf Eis.
Grünen-Politiker erschreckt, dass Schulen immer wieder Brandbriefe schreiben müssen
Es erschrecke die Grünen-Politikerin, dass sich die Schulleitungen immer wieder genötigt sehen, mit Brandbriefen an die Öffentlichkeit beziehungsweise in den Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport (BKS) zu gehen. Sie sei mittlerweile davon sogar müde. „Wir benötigen dringend Lösungen für diese vielen Baustellen“, so die Wedelerin Kärgel.
Seitens der Politik seien diese Probleme gegenüber der Verwaltung immer wieder mit großer Vehemenz angesprochen worden. Einige wichtige Bauvorhaben seien ja auch bereits auf dem Weg, möglicherweise sei Wedel sogar im Kreis Pinneberg eine der führenden Kommunen beim Ausbau, der auf jahrelanges Einwirken der Grünen mit größtmöglicher Energie-Effizienz Richtung Klimaneutralität statt finde. Es bedürfe jetzt jedoch generell endlich eines genauen Plans für die Zukunft der Schulen in Wedel.
An drei Wedeler Schulen entstehen Neubauten
In Wedel wird aktuell am Johann-Rist-Gymnasium (Neubau Unterstufentrakt), der Gebrüder-Humboldt-Schule (Neubau vierstöckiger Trakt) und der Albert-Schweitzer-Schule (Neubau für acht Klassen) angebaut beziehungsweise saniert.
Neben den drei Grundschulen stehen den Schülern das Pestalozzi-Förderzentrum und für ältere Kinder die weiterführenden Bildungseinrichtungen Gebrüder-Humboldt-Gemeinschaftsschule, die Ernst-Barlach-Gemeinschaftsschule sowie das Johann-Rist-Gymnasium zur Verfügung. Zudem werden Kinder auch an der privaten Einrichtung Elbschule – Grund- und Gemeinschaftsschule – nach Waldorf-Pädagogik unterrichtet. Die Schule am Rosengarten (B431) hatte ihren Start im vergangenen September.