Wedel. Das Grundstück für die neue Elbschule in Wedel ist gemietet. Doch es gibt noch Hindernisse. Auf diese Lösungen setzt nun der Vorstand.
Ein kleiner Schritt zu mehr Schulplätzen in Wedel ist gemacht: Denn läuft alles wie gewünscht, werden bald gut 50 Schüler in zwei Klassen schon Ende August auf dem Gelände der ehemaligen Möller Werke am Rosengarten nach der Lehre der Waldorfpädagogik unterrichtet. Neue Bildungsstätten sind wichtig. In der Stadt können Schüler kaum noch untergebracht werden.
Offiziell ist die Elbschule dann – noch – keine Waldorfschule, sondern gilt zunächst noch als freie Schule. Wegen eines Personalwechsels bei der Landesarbeitsgemeinschaft der zwölf Freien Waldorfschulen in Schleswig-Holstein habe dieses Unterfangen Zeit – doch die Gemeinschaft begrüßt das Vorhaben in Wedel.
Elbschule in Wedel: Waldorf-Pädagogik zunächst im Container
Zu Beginn der Schuljahres 2022/23 möchte die Elbschule für eine erste und eine fünfte Klasse ihre Pforten öffnen. Beziehungsweise vorläufig ihre Container-Türen. Denn: Die Möglichkeit, dort auf dem gut 30.000 Quadratmeter großen Gelände einen bestehenden Trakt zu beziehen, war aus Finanzgründen verworfen worden – „wegen der hohen Kosten für Renovierungs- und Umbaumaßnahmen“, sagen Mella Drescher und Sandra Wilkens vom Vorstand der Elbschule.
Der Mietvertrag mit der Schweizer Familie Inäbnit, der das Gelände gehört und die von der Idee angetan ist, läuft über vier Jahre. Geplant ist eine pragmatische Lösung mit bis zu zwölf Containern auf etwa 1000 Quadratmetern Fläche, die ansprechend gestaltet werden sollen. „Es gibt ja immer solche und solche Container. Wir werden eine schöne Atmosphäre schaffen“, sagt Wilkens.
Elbschule in Wedel soll Wohlfühl-Ambiente bekommen
Neben zwei Klassenräumen sind ein Flur sowie ein Lehrer- und Mehrzweck-Zimmer geplant. Ein Landschaftsgärtner plant den Außenbereich und auch die Container sollen innen und außen ein Wohlfühlambiente ausstrahlen und für eine gelungene Lern-Atmosphäre sorgen.
Ein gutes halbes Jahr bleibt noch Zeit, den ambitionierten Plan bis zum ersten Schulgong umzusetzen. Liegt das Team gut im Zeitplan? „Der Tag könnte aktuell gern 48 Stunden haben, weil viel zu tun ist, aber die großen Säulen stehen bereits“, sagt Drescher, die auch als Sprecherin der Schule fungiert.
Der Vorstand besteht neben Drescher und Wilkens noch aus Olivia Heinemann, Thomas Römann und Harald Teßmer. Bis zu 20 weitere sehr aktive Helfer in der Organisation hat dieses Bildungsprojekt zudem. Und weitere Unterstützer in der Hinterhand. Die Schule soll sich in einem zeitgemäßen Gewand der anthroposophischen Lehre von Rudolf Steiner präsentieren.
Elbschule Wedel: Es fehlen noch 350.000 Euro für zwei Jahre
Der Waldorfpädagogik entsprechend wird gemeinsam und mit viel Leidenschaft angepackt: „Es gibt fünf Arbeitsgemeinschaften: Einmal für die Pädagogik, die Öffentlichkeitsarbeit, den Immobilien-Bereich, Finanzen und Recht sowie das Handwerk“, zählt Wilkens auf, die selbst dort als Lehrerin unterrichten wird.
Der Finanzierungsbedarf steht. Die Elbschule benötigt 350.000 Euro – exklusive des Schulgeldes – für die kommenden zwei Jahre. Unterstützt wird die Schule unter anderem von der Stadtsparkasse Wedel, Medac, Bauzentrum Lüchau oder der Firma Enbace.
Waldorfschule passt „optimal in Schullandschaft“
„Wir sind auf Spenden dringend angewiesen, um das Projekt langfristig realisieren zu können. Eine freie Waldorfschule passt optimal in die Schullandschaft im Kreis Pinneberg. Gerade für Wedeler Familien war es bisher schwierig. Es gibt die Waldorfschule in Elmshorn und in Hamburg etwa in Nienstedten.
„Die Erreichbarkeit für Elmshorn ist nicht optimal und Hamburger Waldorfschulen haben sehr hohe Anmeldezahlen“, sagt die Sprecherin. Auch Wedels Bürgermeister Gernot Kaser ist vom Projekt Elbschule begeistert und freue sich über Diversität in der Schullandschaft.
Elbschule Wedel helfe „in angespannter Schulsituation“
Zudem sei jede weitere Schule „in der äußerst angespannten Schulsituation“ in Wedel gut, nachdem die Entwicklung der Schülerzahlen in der jüngeren Vergangenheit nicht im Fokus gewesen seien und eine rechtzeitige Reaktion auf die stetig steigenden Zahlen verpasst worden war, so Drescher.
Ein Schulentwicklungsplan fehlte in der Vergangenheit, es gab viel Zuzüge, zum Beispiel aus Hamburg. Nun soll im März ein Schulentwicklungsplan vorliegen. Investiert und gebaut wurde zu spät: An einigen Schulen, wie etwa dem Johann-Rist-Gymnasium, entsteht aktuell ein neuer Unterstufentrakt über dem Bunker, um künftig mehr Schüler aufnehmen zu können.
Alle Grund- und weiterführenden Schulen sind momentan an ihrer Belastungsgrenze – oder weit darüber hinaus. An der Grundschule am Moorweg werden beispielsweise m Sommer voraussichtlich sieben erste Klassen eingeschult
Wedel: Land Schleswig-Holstein unterstützt freie Schulen anfangs nicht
Anders als staatliche Schulen gibt es, zumindest in den ersten beiden Jahren, keine Unterstützung vom Land. Die einfachste Rechnung wäre: Es finden sich 100 Großspender, die jeweils 3500 Euro investieren. Dann wäre bereits die Hälfte der Zeitspanne abgesichert.
In einer Waldorfschule sollen Kinder die Freude am Lernen eigeninitiativ und kreativ entwickeln – die Lehrpläne orientieren sich jedoch ebenfalls an den Vorgaben des Kultusministeriums. Der Ansatz dabei ist jedoch ganzheitlicher, lebhafter und nicht ganz so starr – Drucksituationen, wie teilweise in anderen Schulformen, sollen möglichst vermieden werden.
Für die dritten Klassen ist ein Hausbau-Projekt geplant
Auch wenn der Unterricht noch in recht weiter Ferne ist, nennt Drescher Beispiele. „In der dritten Klasse geht es generell um das Erlenen von Längenmaßen. Dann gibt es in einer Waldorfschule eine Hausbau-Epoche, bei der die Kinder etwa ein kleines Haus selbst bauen, das sie später nutzen können. Jeder bringt dabei seine individuellen Fähigkeiten in das Projekt ein“, sagt sie.
So gebe es dann die Architekten, die eher planen und berechnen – und andere, die das Haus zusammenzimmern oder bemalen. Nur gemeinsam entsteht dabei mit viel Stolz über das Erreichte etwas, von dem am Ende alle profitieren.
Das Lehrerteam gibt es ebenfalls bereits. „Wir haben zwei Klassenlehrer, die die Hauptfächer unterrichten. Dazu gibt es zwei Lehrkräfte für den Sprachbereich Englisch und Spanisch. Insgesamt sind wir zu sechst“, so Wilkens. Die Arbeitsverträge sind geschlossen.
Elbschule Wedel: Eurythmie-Lehrer gesucht
Zudem werde noch nach einem Eurythmie-Lehrer gesucht, der die Lehre eher modern interpretiert. Für den Sportbereich müsse in Ermangelung einer Sporthalle nach kreativen Lösungen gesucht werden – geplant ist eine Kooperation mit dem DLRG Wedel, um in der Badebucht Schwimmkurse anbieten zu können. Gespräche werden geführt, ebenfalls die angrenzende Rudolf-Breitscheid-Halle zu nutzen. Die Gebrüder-Humboldt-Schule hat dort ebenso ein sportliches Zuhause.
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Vorstand und Lehrerteam sind gleichermaßen zuversichtlich, dass es noch in diesem Jahr mit der Elbschule losgehen kann. „Alle Lehrer sind motiviert, dieses Projekt zu starten. Es ist etwas ganz anderes, ob ein Lehrer an eine bestehende Schule kommt. Oder eben nach seinen Ideen eine neue Schule mitgestalten kann“, sagt Mella Drescher.
Info-Abend in Wedel für interessierte Eltern für die ersten Jahrgänge
Zuletzt gab es im Waldorfkindergarten in Wedel einen ersten Informationsabend für Eltern von Kindern erscheinen, die konkretes Interesse daran hatten, ihre Kinder für das Schuljahr 2023/24 in den Klassenstufen eins und fünf an der Elbschule einzuschulen.
„Wir haben eine Interessentenliste, die bis 2027 läuft. Darauf stehen bereits über 100 Namen“, sagt Wilkens. Anders als sonst oft üblich, soll an dieser Waldorfschule die Klassengröße eine Anzahl von 25 nicht überschreiten. Teilweise sind es bis zu 40 Kinder.
Elbschule Wedel: Nach zwei Jahren gibt es 82 Prozent Unterstützung
Nach der zweijährigen Anlaufphase erhält die Elbschule dann vom Land immerhin 82 Prozent des sogenannten Schüler-Kostensatzes. Staatliche Schulen erhalten für jeden Schüler hingegen den kompletten Satz.
„Das Schulgeld beträgt für das erste angemeldete Kind 210 Euro im Monat. Dazu kommen 17,50 Euro monatlich Materialkosten für den Unterricht. Die Aufnahmegebühr beträgt einmalig 150 Euro pro Kind“, sagt Wilkens. Für Geschwisterkinder gibt es Staffelungen, so wird beispielsweise für das zweite Kind monatlich 130 Euro fällig und die Unterrichtspauschale von 17,50 Euro.
Waldorf-Pädagogik: Besuch der Schule soll an Geldsituation nicht scheitern
An der Geldsituation solle der Besuch der Elbschule nicht scheitern. „Es gibt die Möglichkeiten von Patenschaften und Anträge auf Ermäßigungen. Wir haben den Anspruch, das jedes Kind, das gern auf unsere Schule gehen möchte, auch die Möglichkeit dazu haben soll“, so Drescher.
Einen Waldorfkindergarten gibt es in Wedel bereits seit 25 Jahren, erste konkrete Ideen für die Umsetzung und Gründung der Elbschule gab es im Sommer 2019. Um nun dauerhaft die Bildung in der Region bereichern zu können, wird noch jede Menge Unterstützung gebraucht.
Weitere Informationen: www.elbschule-wedel.de