Quickborn. Lustig, überraschend, informativ: Zur Feier von 50 Jahren Stadtrecht in Quickborn bietet Yared Dibaba der Stadt sogar das „Du“ an.
Ein Festakt zum Genießen, den die 330 Quickborner sicher nicht so schnell vergessen werden, die in den Artur-Grenz-Saal eingeladen wurden oder eine der Karten ergatterten. Gute Laune verbreitete gleich am Anfang Moderator Yared Dibaba. Weil er mit 55 Jahren älter als die Stadt Quickborn sei, biete er ihr das „Du“ an, sagte der Mann vom NDR, der immer wieder mit seinen plattdeutschen Einlagen die Gäste im Saal zum Lachen brachte.
Eine persönliche, gefühlvolle Liebeserklärung an ihre Heimatstadt hielt Bürgervorsteherin Annabell Krämer. „Altes Mädchen, lass‘ uns durchfeiern, du bist ja im besten Alter“, erzählte sie die Geschichte Quickborns, so wie sie es erlebt habe. Da sei Quickborn in ihrer Jugendzeit „hip“ gewesen. „Man musste nicht nach Hamburg fahren, um zu feiern.“ Sie erinnerte an die spektakuläre Aktion von vor 15 Jahren, als sich das damals klamme Quickborn für gute Zinsen vier Millionen Euro von seinen Bürgern lieh – und von der Bankenaufsicht schnell wieder zurückgepfiffen wurde.
50 Jahre Quickborn: Auftritte von Yared Dibaba und Bürgervorsteherin Annabell Krämer
In der aktuellen Diskussion um die geplante Ansiedlung des Logistik-Konzerns Hillwood aus den USA, der mit 800 Lkw-An- und Abfahrten am Tag ein Verkehrschaos auf den Straßen Quickborns und Elleraus zu verursachen droht, beschwor sie die gute Nachbarschaft. „In der Krise hält die Familie zusammen“, sagte Krämer und verwies darauf, dass in ihrer Stadt extreme Parteien keinen Rückhalt fänden. „Quickborn zeigt, wie es geht.“
Bürgermeister Thomas Beckmann hielt eine Rückschau auf die letzten 50 Jahre, in denen die Stadt von 16.000 auf 23.000 Menschen gewachsen ist – „das ist eine echte Erfolgsquote“. Quickborn sei eine Stadt mit hohem Wohnwert für ihre Bürgerinnen und Bürger und genieße als Verwaltung mit vier angeschlossenen Gemeinden heute „eine überregionale Kompetenz“.
Bürgermeister Beckmann schickte die Gäste auf eine Traumreise in die Zukunft
Danach nahm er die Gäste mit auf eine kleine Traumreise, wie sich die Stadt wohl in den nächsten Jahrzehnten entwickeln werde. Dann werde die Innenstadt „ein belebtes Zentrum“ sein, sinnierte Beckmann und forderte die Gäste auf, die Augen zu schließen. Die Bewohner dort hätten es nicht mehr weit zum S-Bahnhof, zum Einkaufen oder zum „Kult-Freibad“.
Die Bahnhofstraße als „Eulen-Meile“ hätte sich zum „gastronomischen Zentrum in der Region“ entwickelt mit internationalen kulinarischen Spezialitäten, träumte Beckmann. Die Verkehrsprobleme seien beseitigt, weil eine weitere A7-Auffahrt bei Norderstedt die Quickborner Auffahrt entlasten würde. Das alles sei keine „verrückte Vision“, schwärmte Beckmann.
Quickborn: Als die DDR-Nationalelf 1974 in der Stadt weilte
Richtig lustig wurde es, als Moderator Dibaba, dem bei der kulinarischen Meile Beckmanns schon „das Wasser im Mund zusammengelaufen“ sei, alte Zeitgenossen auf die Bühne holte. Da erzählte Karl-Heinz Ehrenstein, der als damaliger Gemeindevertreter den Antrag zur Stadtgründung beim Land mitgetragen hatte, wie die DDR-Auswahl bei der Heim-WM 1974 im Quickborner Sporthotel logierte.
„Vor den Spielen haben sie in unserem Supermarkt eingekauft“, sagte der frühere Lebensmittelhändler. Und nach dem 1:0-Sieg gegen die Mannschaft von Helmut Schön, Franz Beckenbauer und Gerd Müller in Hamburg „saßen sie abends auf unserer Terrasse mit meiner Frau.“ Ehrenstein hatte sie eingeladen, wenn sie gewinnen sollten.
Quickborner Zeitgenossen von 1974 erzählten lustige Anekdoten
Und Ex-Ratskollege Gerd Eberlei von 1974 weigerte sich partout, auf die insistierenden Nachfragen von Moderator Dibaba die Stadtgründung als etwas Besonderes herauszustellen. „Das gehörte doch zu unserer politischen Arbeit“, entgegnete er staubtrocken, auch wenn sie irgendwie „wichtig“ gewesen sei. „Das ist echte norddeutsche Ekstase“, sagte Dibaba.
Aber ganz so alltäglich war die Stadtgründung für die damaligen Stadtväter dann wohl doch nicht, wie Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack berichtete. Diese habe sogar zeitweilig für reichlich „Wirbel“ in der Kieler Landesregierung gesorgt, sagte sie und präsentierte den originalen Kabinettsbeschluss.
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Denn eigentlich sollte Quickborn erst am 25. März 1974 zur 60. Stadt des Landes erklärt werden. Doch solange wollten die Quickborner nach der Zusage der Landesregierung vom 28. Januar nicht warten. Sie hatten wohl schon für den 6. Februar ein großes Volksfest arrangiert, erinnerte die Ministerin an die damaligen Unstimmigkeiten bei der Terminabsprache.
Innenministerin: Kiel wollte die Stadtgründung erste Ende März 1974
Doch durch „den kurzen Draht nach Kiel, den es ja heute immer noch gibt“, sagte sie in Richtung der Landtagsabgeordneten Krämer, sei das Problem gelöst worden. In der bereits fertig ausgearbeiteten Verordnung wurde einfach das Datum 25. März durchgestrichen und handschriftlich durch den 6. Februar ersetzt, erklärte Sütterlin-Waack den Pragmatismus ihrer früheren Amtsvorgänger an der Förde.
Kreispräsident Helmuth Ahrens, der als letzter reden sollte, zeigte sich gewohnt schlagfertig. Er sei doch etwas deprimiert gewesen, als Moderator Dibaba Quickborn anfangs zur „HSV-Stadt“ erklärte, weil hier die ehemaligen Spieler und Trainer Felix Magath und Thomas Doll eine Zeit lang gewohnt hatten. Da sei er als leidenschaftlicher Fan des Tabellenführers St. Pauli zur „Harmonie verpflichtet“ und wünschte beiden Hamburger Vereinen den Wiederaufstieg in die Erste Liga.
Kreispräsident Ahrens bot Quickborn gelbe Tonnen für die Musikschule an
Zudem bot Ahrens der Stadt Quickborn noch „gelbe Tonnen“ an. Die habe der Kreis durch die Umstellung auf den neuen Entsorger noch zu Genüge, sagte er und spielte auf die mit großem Applaus bedachte Performance der Jugend-Brassband der Musikschule an, die in Müllwerker-Kluft auf Mülltonnen trommelnd eine rhythmische Percussion-Show auf die Bühne brachte. Zumal für die beiden FDP-Politiker Beckmann und Krämer „die Farbe Gelb ja nicht Old-School sein dürfte“.
Es gab noch eine kleine Spieleinlage mit dem Start-Up-Unternehmen Denkriesen, die mit inzwischen 50 Mitarbeitenden in Quickborn neue Spiele entwickelt. Und Gäste aus der schwedischen Partnerstadt Boxholm plädierten dafür, dass der Besucheraustausch, der seit der Corona-Krise etwas eingeschlafen sei, wieder belebt werden möge. Ihr Bürgermeister Claes Sjökvist erinnerte sich nur noch dunkel an sein erstens Eulenfest 1984 in Quickborn, sagte er.
Boxholmer Beauftragte Petterquist hat sich in Quickborn immer willkommen gefühlt
Dafür schwärmte die Boxholmer Partnerschaftsbeauftragte Matilda Petterquist, die schon als Vierjährige mit ihren Eltern nach Quickborn kam, von den „netten Menschen“ in der Stadt Quickborn, in der sie sich „immer willkommen fühlt“. Darum habe sie auch Deutsch lernen wollen. Aber auf die Frage Dibabas, wo denn das Essen besser schmecke, sagte sie spontan: „In Schweden.“