Ellerau/Quickborn. Mit einem Planungstrick sollen in Ellerau bis zu 1600 Lkw-Fahrten am Tag noch verhindert werden. Der Tipp kam aus Quickborn.
Der Fahrplan steht, wie die umstrittene Ansiedlung des US-Logistik-Konzerns Hillwood in Ellerau doch noch verhindert oder in seinen Ausmaßen - bis zu 800 Lkw-Anfahrten pro Tag sind vorgesehen - erheblich eingeschränkt werden könnte. Der Bau-, Umwelt- und Planungsausschuss der Gemeindevertretung Ellerau hat jetzt einstimmig beschlossen, einen neuen Bebauungsplan für das Industriegebiet am AKN-Bahnhof Tanneneck aufzustellen. Mit einer Veränderungssperre könnte das geplante Projekt verhindert werden.
Diese Sperre soll genau dann greifen, wenn die Genehmigungsbehörde, der Kreis Segeberg, den Widersprüchen gegen die erteilte Baugenehmigung von Quickborn und Ellerau stattgeben sollte. Dann wäre die Baugenehmigung hinfällig und die Vorgaben des neuen B-Plans wären gültig, der dann eine geringere Bebaubarkeit und vor allem viel weniger Schwerlastverkehr als jetzt vom Investor geplant zuließe. Eine Veränderungssperre würde jede andere Nutzung unmöglich machen.
US-Projekt: Eile ist geboten - in vier Wochen soll der neue B-Plan gefasst sein
Doch Eile ist geboten. Denn der US-Konzern mit Sitz in Frankfurt ist bereits eifrig dabei die ehemaligen Industriebauten zwischen der Bahnstraße und der Werner-von-Siemens-Straße abzureißen. Im Mai will er nach Angaben von Elleraus Bürgermeister Ralf Martens mit den Bau der fünf geplanten, jeweils 10.000 Quadratmeter großen Lager-und Produktionshallen beginnen. Diese sollen dann nach Fertigstellung im nächsten Jahr von bis zu 800 Lkw an- und wieder abgefahren werden. Eine enorme Lärm-, Abgas- und Verkehrsbelastung, die beide Kommunen unbedingt verhindern wollen.
Die Gemeinde Ellerau folgt damit der Strategie, wie sie die örtliche Politik mit der Quickborner Verwaltung im Dezember verabredet hatte und die Quickborns Bürgermeister Thomas Beckmann Ende Dezember - wie berichtet – über die Presse in die Öffentlichkeit getragen hat.
Stadtplanungsbüro soll B-Plan ausarbeiten, der dann juristisch überprüft wird
Jetzt soll möglichst rasch ein Stadtplanungsbüro beauftragt werden, um die städtebauliche Zielsetzung, Bebaubarkeit und gewerbliche Nutzung auf diesem zehn Hektar umfassenden Areal neu festzulegen. Eine Arbeitsgruppe der drei Ellerauer Fraktionen wird dafür kurzfristig die Vorgaben und Wünsche der Gemeinde ausarbeiten. Aus dem bisherigen Industriegebiet soll dann ein Gewerbegebiet werden, das allein schon erheblich weniger Schwerlastverkehr ermöglichte.
Anschließend soll ein Fachanwaltsbüro juristisch abklopfen, ob der neue B-Plan so „rechtssicher“ wäre, dass er auch möglichen Regressforderungen des US-Investors standhielte. Der Aufstellungsbeschluss zum neuen B-Plan soll schon Mitte Februar von der Ellerauer Gemeindevertretung beschlossen werden. Dann hätte er Wirkung, sobald die Baugenehmigung – wie von beiden Kommunen erhofft - vom Kreis oder dem Innenministerium in Kiel, das die Stadt Quickborn über eine Fachaufsichtsbeschwerde eingeschaltet hat, kassiert werden würde.
Wenn Baugenehmigung kippt, wären zwei Monate Zeit für die Veränderungssperre
Bis zum erneuten Bauantrag Hillwoods wären dann zwei Monate lang Zeit, mit dem neuen B-Plan und der Veränderungssperre für die neue Rechtslage im Sinne der Anwohner zu sorgen, die in beiden Kommunen die enorme zusätzliche Belastung des Schwerlastverkehrs ganz überwiegend ablehnen (das Abendblatt berichtete). Die vom Kreis Segeberg ohne Verkehrsgutachten genehmigten bis zu 1600 Lkw-Fahrten am Tag würden umgerechnet alle zwei Minuten einen Laster hin- oder wieder zurückfahren lassen.
Quickborns Bürgermeister Thomas Beckmann sagte unmittelbar nach dem Beschluss des Planungsausschusses der Nachbargemeinde: „Es freut mich, dass die Gemeinde Ellerau unserer Empfehlung gefolgt ist. Das gibt uns jetzt die Chance, das künftige Gewerbegebiet neu zu gestalten.“ Besser wäre allerdings gewesen, wenn die Gemeinde diese Überplanung des seit Jahrzehnten brachliegenden Industriegebiets vor der erteilten Baugenehmigung vorgenommen hätte.
Stadtplanerin: Der neue B-Plan muss qualitativ gut ausgearbeitet sein
Beckmann hatte aus seiner Verwaltung, die ja die Nachbargemeinde seit fast fünf Jahren mitverwaltet, seinen Rechtsamtsleiter Alp Kor und die Stadtplanerin Sabine Bönning zur Ausschusssitzung mitgebracht. Kor sagte: „Die Gemeinde übt dann wieder ihre Planungshoheit aus.“ Und Stadtplanerin Bönning betonte, der Aufstellungsbeschluss müsse fachlich mit klaren städteplanerischen Zielen und der konkreten, künftig gewünschten gewerblichen Nutzung ausformuliert sein, sonst würde er als reine Verhinderungsplanung einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten.
Elleraus Gemeindevertreter Sebastian Fischer (BVE) hatte zuvor vorgeschlagen, keine kostspieligen Stadtplaner zu beauftragen, sondern nur eine geringere Belastung der Zufahrtsstraßen mit des Schwerlastverkehrs vorzuschreiben, um „die damit einhergehenden Gefahren für alle Verkehrsteilnehmer im industriellen Bereich zu minimieren“. Doch diese Vorgabe allein würde in diesem Fall nicht ausreichen, betonten Bönning, Kor und der von Quickborn bereits eingeschaltete Fachanwalt Fiete Kalscheuer, der extra aus Kiel nach Ellerau angereist war.
SPD-Politiker aus Ellerau: Das ist unsere Chance, den Lkw-Verkehr zu verhindern
Das überzeugte dann auch die Ellerauer Politik von diesem Vorgehen. SPD-Ausschussmitglied Roland Hansen sagte: „Das ist unsere Chance, diese enorme Zunahme des Lkw-Verkehrs durch die Bahnstraße zu verhindern.“
Weil BVE-Gemeinderatsmitglied Fischer von einem „teuren Vergnügen“ sprach, die diese Fachbüros nun die Gemeinde Ellerau kosten würden, entgegnete SPD-Fraktionschefin Claudia Hansen: „Es geht hier um die Lebensqualität von Ellerau und Quickborn. Da ist es jetzt wichtig, dieses Gesamtpaket zu beschließen und nicht an kleinen Ecken zu sparen.“ Und Roland Hansen forderte: „Wir müssen jetzt alles auf eine Karte setzen.“ Gerade habe die Gemeinde den Bau einer 2,2 Millionen teuren Sporthalle beschlossen. Da käme es jetzt nicht darauf an, ob dieser neue B-Plan 20.000 oder gar 50.000 Euro kosten sollte.
Bürgermeister Beckmann: Wir werden das jetzt zügig umsetzen. Es ist machbar
Quickborns Bürgermeister Beckmann versicherte aber, dass das Stadtplanungsbüro keine 5000 Euro kosten würde. Ein solches könnte die Quickborner Verwaltung freihändig und auch sehr kurzfristig beauftragen. „Wir werden jetzt alles tun, um das auch umzusetzen, was wir hier vorgeschlagen haben. Und wir halten es innerhalb eines Monats für umsetzbar.“
- Hillwood: Projekt von US-Konzern - Anwohner fürchten um ihre Kinder
- Minister Madsen beeindruckt vom Protest gegen Mega-Projekt
- Quickborn: Mega-Projekt von US-Firma: Anlieger reden von „Katastrophe“
Auf einen Termin für die anzuberaumende Sondersitzung für den Planungsausschuss wollte sich Ausschussvorsitzender Julian Sander (BVE) allerdings noch nicht festlegen. „Mal sehen, was jetzt an Qualität aus Quickborn dazu kommt. Wir in Ellerau sind uns einig, was wir dort jetzt wollen.“ Wenn der Zeitplan für die städteplanerische und juristische Aufarbeitung des neuen B-Plans so rasch wie von Quickborner Seite angekündigt laufe, könnte sein Ausschuss Anfang Februar den jetzt vereinbarten offiziellen Aufstellungsbeschluss fassen.