Quickborn/Ellerau. Die künftigen Nachbarn des Logistik-Riesen sagen „Verkehrschaos erster Güte“ voraus. Am 5. Dezember ist eine öffentliche Anhörung.
Der Widerstand gegen das Mega-Projekt des US-Logistik-Konzerns Hillwood formiert sich weiter - nicht nur in Quickborn, auch in direkter Nachbarschaft in Ellerau.
So lehnen es die meisten der am Buchenweg und der Werner-von Siemens-Straße ansässigen Gewerbebetriebe strikt ab, dass hier bald bis zu 800 täglich verkehrende Lkw – bis zu 1600 Lkw-An- und Abfahrten am Tag – die ohnehin schmalen Zufahrtsstraßen völlig zu verstopfen drohen.
Hollwood-Projekt: Nachbarfirma hat Widerspruch gegen Baugenehmigung eingelegt
Michael Grünewald, Geschäftsführer des Spezialglas-Unternehmens Schröder, hält es schlicht für einen „Schildbürgerstreich“, den Bürgermeister Ralf Martens und der Kreis Segeberg ihnen hier eingebrockt hätten.
Wie die Stadt Quickborn und der Gemeinderat Ellerau habe er Widerspruch gegen die im Februar erteilte Baugenehmigung für die geplanten fünf jeweils 10.000 Quadratmeter großen Lagerhallen auf der zehn Hektar großen Industriefläche eingelegt. Sein Betrieb mit 55 Beschäftigten liegt genau gegenüber vom seit etwa 30 Jahren brach liegenden Gelände mit seinen Bauruinen, die der Investor gerade abreißen lässt.
Bürgermeister Martens: „Wir mussten das gemeindliche Einvernehmen geben“
Bürgermeister Martens wehrt sich. Die Gemeinde hätte das Bauvorhaben des US-Konzerns mit Deutschlandsitz in Frankfurt am Main nicht ablehnen können. „Der Bauantrag ist im Rahmen des Bebauungsplan und damit zulässig“, sagt Martens.
Darum habe die Gemeinde nicht anders gekonnt, als im Sommer vorigen Jahres in nichtöffentlicher Sitzung ihr gemeindliches Einvernehmen dafür zu erteilen. Immerhin soll jetzt ganz offiziell die Öffentlichkeit über das Bauprojekt informiert werden. Am Dienstag, 5. Dezember, wird es in der Sporthalle am Bürgerhaus vorgestellt. Auch ein Vertreter von Hillwood soll dann dabei sein.
Treffen mit Bürgermeister und Hillwood im August verlief ohne Ergebnis
Die anliegenden Gewerbebetriebe versprechen sich davon wenig. Bereits Ende August waren sie auf Betreiben der Firma Romberg, die ebenfalls direkt daneben liegt, informiert worden – fünf Wochen vor der Parteiveranstaltung des BVE in Kramers Gasthof, wo etliche der 250 Besucher keinen Platz mehr bekamen (das Abendblatt berichtete).
Dort habe ein Vertreter von Hillwood im Sommer davon gesprochen, dass bis zu 60 Lkw pro Stunde das künftige Logistik-Zentrum anfahren würden, erinnert sich Firmenchef Grünewald. „Das heißt, jede Minute ein Lkw“, sagt er fassungslos. „Wo sollen die denn längs fahren?“, habe er gefragt und nur ein Schulterztucken zur Antwort erhalten. „Dabei ist das hier doch nur eine Dorfstraße und ein Schulweg.“
Zahlreiche Betriebe in direkter Nachbarschaft fürchten um ihr Gewerbe
Nachbar Grünewald: „Ich finde, es ist abenteuerlich und eine Frechheit, wie hier von Seiten der Gemeinde mit uns umgegangen wird.“ Wie sich die Anwohner fühlen mögen, die hier leben und deren Kinder hier zu Schule gehen, mag er sich gar nicht vorstellen und bewerten. Zum Glück arbeite er nur seit zehn Jahren in Ellerau und wohne nicht in der Gemeinde.
Der Spezialglasbauer steht mit dieser Kritik nicht allein. Grundsätzlich fänden es die Anlieger gut, wenn die seit Jahrzehnten verfallende Industriebrache endlich verschwände und das Gewerbegebiet aufwerten würde. „Aber die Infrastruktur mit den Zufahrtsstraßen gibt das doch gar nicht her“, sagt Robert Lentzsch von der Firma Aerycs, die Carbon-Räder herstellt und täglich von vier Lieferanten angefahren wird. „Wir erleben doch heute schon, dass die Bahnstraße zu eng und zu schmal ist.“
Anlieger in Ellerau fürchten ein „katastrophales Verkehrschaos“
Auch Sascha Ehler von der Firma Romberg, der das Treffen im August initiiert hatte, befürchtet, dass der Logistikbetrieb direkt an seiner Grundstücksgrenze seinen Betriebsablauf erheblich stören wird. „Wir haben den Eindruck, dass die Verkehrsfrage überhaupt nicht geprüft wurde. Das kann so nicht funktionieren.“ Auch er habe Widerspruch gegen die Baugenehmigung eingelegt, sagt der Inhaber des Gartenprodukthändlers mit 20 Mitarbeitenden.
Fliesenleger-Meister Sebastian Voß, dessen Firma mit zehn Mitarbeitenden ebenfalls in direkter Nachbarschaft liegt, ist gleicher Meinung. Es sei ja prinzipiell gut, dass die Bauruinen auf der Industriebrache endlich wegkämen. „Aber das wird nicht funktionieren.“ Jeder Logistikunternehmer müsse doch erkennen, dass die Zufahrtswege dafür nicht ausgelegt sind. Es drohe „ein katastrophales Verkehrschaos“, wenn das Hillwood-Projekt so realisiert werden sollte, wie es jetzt die Baugenehmigung vorsieht.
Zum Bahnhof Tanneneck führt von der Bahnstraße nicht einmal mein Fußgängerüberweg
Auch Tischlermeister Svent Hamkens ist genervt über das geplante Logistikzentrum direkt vor seinem Firmensitz. Und Arne Hellwig von der Firma Gloyer mit acht Beschäftigten nebenan hält die völlig ungelöste Verkehrsfrage für „das Hauptproblem. Wir sind besorgt hinsichtlich der Verkehrsführung.“
Am deutlichsten äußert sich Grünewald. „Das ist doch totaler Irrsinn. Das wird ein Verkehrsinfarkt erster Güte.“ Die Gemeindevertreter, die ihre Zustimmung erteilten, haben übersehen, dass die Nachbarbetriebe abwandern könnten, wenn ihre Mitarbeitenden, Kunden und Lieferanten hier nicht mehr durchkämen.
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An der Bahnstraße gegenüber des AKN-Bahnhofs Tanneneck sei doch auf Quickborner ein neues Wohngebiet entstanden. Da fahre die Müllabfuhr entlang ebenso wie an der Friedrichsgaber Straße zur Autobahnauffahrt. Wenn die A7 dicht und es voll sei, brauche er heute schon manchmal eine dreiviertel Stunde bis zur Autobahn, sagt Grünewald.
Und für die Schulkinder gebe es noch nicht einmal einen Fußgängerüberweg zum Bahnhof Tanneneck. Die jahrelangen Planungen dafür, die jetzt fertig waren, sind wegen des Hillwood-Projekts wieder zurückgezogen worden, teilte das Verkehrsministerium auf Nachfrage der Landtagsabgeordneten Annabell Krämer aus Quickborn mit.
Ebenso wie die Stadt Quickborn, die dies bereits öffentlich angekündigt hat, bereite sich sein Unternehmen auf eine Klage gegen die Baugenehmigung des Kreises Segeberg vor, erklärt Grünewald. „Unser Anwalt prüft gerade die Aktenlage.“ Dass die Baugenehmigung, ohne ein vorheriges Verkehrsgutachten einzuholen, erteilt wurde, sei „abenteuerlich“.