Pinneberg. Mini-Auftritt von Thomas Voerste. Dafür wurde ein Streit thematisiert, und ein Ausgezeichneter übte überraschend harsche Kritik.
Es war sein erster öffentlicher Auftritt nach der Vereidigung. Doch wer sich eine wegweisende Rede über die Zukunft der Stadt von Neu-Bürgermeister Thomas Voerste während des Pinneberger Neujahrsempfangs in der Rübekamphalle erhofft hatte, wurde ein wenig enttäuscht. Denn es waren nur wenige Sätze, die Voerste in die Runde warf. Er begrüßte die Gäste, wünschte allen ein frohes neues Jahr und hob das Ehrenamt hervor.
„Ohne das Ehrenamt läuft nichts. Und wenn ältere Leute gern behaupten, die jungen Menschen hätten nur ihr Smartphone im Kopf, dann stimmt das so nicht. Die jungen Menschen, die sich hier vorstellen, engagieren sich in Vereinen. Diese Veranstaltung ist eine gute Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen. Ich wünsche uns eine tolle Veranstaltung“, sagt der 54-Jährige, ehe er das Mikrofon für die Bürgervorsteherin Natalina Di Racca-Boenigk freigab. Sie lädt traditionell zum Empfang, hält für gewöhnlich eine launige Rede.
Motto des Neujahrsempfangs: Pinnebergs Jugendliche im Ehrenamt
Der Neujahrsempfang stand in diesem Jahr unter dem Motto „Pinnebergs Jugendliche im Ehrenamt“. Ehrenamtliche Jugendgruppen aus der Stadt Pinneberg hatten die Möglichkeit, sich und ihre Tätigkeiten zu präsentieren. Eingeladen waren Gruppen aus unterschiedlichen Vereinen und Verbänden.
Der Einladung gefolgt waren das AWO Jugendwerk, die Jugendfeuerwehr, die Jugendgruppe des Forum Theaters und die Jugendsparte des VfL. Die Schülerband „Die Dominos“ von der Theodor-Heuss-Schule sorgte für musikalische Unterhaltung. Und die Sternsinger überbrachten ihren Segen und sammelten für soziale Projekte.
Pinneberg ehrt Förderer der Stadt – der übt harsche Kritik
Wie in den letzten Jahren auch wurde beim Neujahrsempfang ein Unternehmen geehrt, dass sich maßgeblich für die Stadt Pinneberg engagiert. Bei der Dankesrede gab es aber – gemessen am Anlass – etwas überraschend harsche Kritik an der Verwaltung.
Doch zunächst gab es eine Geschichte: Offenbar bietet sich Pinneberg ganz wunderbar für Flussschiffsfahrten an. Diese Erfahrung hat zumindest Thekla M. gemacht. Über ihre Fahrt mit der Aida Pi lile (Pinneberg liebens- und lebenswert) hat sie einen Erlebnisbericht geschrieben. Den hat sie dann Bürgervorsteherin Natalina Di Racca-Boenigk gern für ihre Rede auf dem Neujahrsempfang der Stadt Pinneberg überlassen.
Flussschifffahrt führt durch Pinneberg
Die Anreise der mysteriösen Thekla M. führte über den Bahnhof Pinneberg, wo ordentlich gebaut wird und auch ein Fahrradparkhaus entsteht. Das Boot bestieg sie am Bredenmoorbach, wo die Kreuzfahrt mit einer Rettungsübung begann.
„Wir mussten unsere Schwimmwesten anlegen und uns wurde erklärt, wie wir im Evakuierungsfall im Sommer schnell durch das Wasser waten können. Im Winter ist der Weg übrigens derselbe, aber dann würden wir am Ufer vom Rettungsdienst mit Decken und heißem Kaffee oder Tee versorgt werden“, so Thekla M. alias Natalina Di Racca-Boenigk.
Pinneberg saniert Schulen – Wasserschaden an der GuGs
Der erste Landgang an der Düpenau ins Baumschulmuseum, das mittelfristig in die Nähe des Arboretums ziehen wird. Auf der Mühlenau ging die Partie weiter – zunächst bis zu der Brücke zwischen Pinneberg und Rellingen. Die können sich nicht einigen, wem die Brücke eigentlich gehört. Anspruch erhebt niemand, ganz im Gegenteil. Denn die muss saniert werden und das kostet.
Über das Rehmfeld radelt Thekla M. nach Thesdorf, wo eine Schule komplett saniert wird. Sie radelt weiter und sieht, dass es an der JCS echt gut aussieht und an der GuGs im Quellental entstehe ein neues Schulgebäude. „Aber auch hier hat der Wasserschadenteufel zugeschlagen. Allerdings so, dass noch nicht klar ist, wann das Gebäude bezogen werden kann.“
Drosteipark und Ernst-Paasch-Halle: zwei wichtige Projekte in Pinneberg
Aufs Boot zurück ging es weiter auf der Mühlenau. „Durch das viele Grün konnte man das Pinneberger Krankenhaus sehen. Da wird ja jetzt ein Neues gebaut, weil Pinneberg und Elmshorn ein gemeinsames Krankenhaus am Ossenpadd bekommen sollen“, so der Reisebericht. Vorbei geht es am energiefressenden Schwimmbad, das durch einen Neubau ersetzt werden könnte, und am schönen Rosengarten.
Die Mühlenau fließt in die Pinnau. Am Hindenburgdamm ging es von Bord Richtung Innenstadt, vorbei an Drosteipark und Ernst-Paasch-Halle, zwei Orte, die derzeit entwickelt werden. „Man sieht an jeder Ecke, dass Pinneberg wirklich im Aufbruch ist: An so vielen Schulen wird neu gebaut, saniert, erweitert, die letzten Mensen sind in Planung. Die Stadtwerke Pinneberg fusionieren mit den Stadtwerken Tornesch.... Es werden neue Kitas gebaut mit insgesamt 300 zusätzlichen Plätzen.“ Auch kulturell und sportlich habe die Stadt viel zu bieten.
Standortsuche für Hauptwache in Pinneberg sorgte für Streit
Auch die Suche nach einem neuen Standort für die Hauptfeuerwache fand Eingang in die Neujahrsrede. Die Standortsuche wäre jahrelang verschlafen worden und nun, da die Entscheidung auf die Datumer Chaussee fiel, habe es „viel Streit und unschöne Vorfälle“ gegeben.
„Mal ganz im Ernst: Gibt es nicht in jeder Stadt etwas zu meckern, wenn man gern meckern möchte? Wenn das dann noch öffentlich passiert und von den Zeitungen gern aufgegriffen wird, dürfen wir uns über das schlechte Image Pinnebergs nicht wundern“, so Di Racca-Boenigk. „Besser geht natürlich immer, nur ein bisschen Demut und etwas mehr Zufriedenheit mit dem, was wir haben, tut auch nicht weh.“
Bürgervorsteherin fordert, demokratische Werte zu schützen
Die Bürgervorsteherin blickte dann über die Grenzen Pinnebergs hinweg. „Mir persönlich macht Angst, wie unsere demokratische Kultur mit Füßen getreten wird, der politische Diskurs immer öfter zu persönlichen Angriffen missbraucht wird und sich nicht an der Sache orientiert.... Es scheint so zu sein, dass mit dem Erstarken der AfD immer offener rechtsradikale Ansichten geäußert und über Social Media verbreitet werden. Jeder von uns kann über Robert Habeck denken, was er möchte. Aber was ihm am Fähranleger Schlüttsiel passiert ist, ist ein absolutes No-Go.“
Sie appelliert, einen politischen Diskurs zu pflegen und sich jedem Neonazi-Sprech laut entgegenzustellen. „Das gilt im Übrigen für uns alle, wir sind die schweigende Mehrheit, aber wir müssen laut werden.“
Neue GeWoGe als Förderer der Stadt ausgezeichnet
Bürgermeister Thomas Voerste und Bürgervorsteherin Natalina Di Racca-Boenigk verliehen im Anschluß an die Rede den Förderpreis der Stadt Pinneberg. Er ging in diesem Jahr an die Neue GeWoGe Wohnungsbaugenossenschaft eG. Das sozial orientierte Unternehmen, das circa 2300 Wohnungen im Kreis Pinneberg, davon rund 1300 in Pinneberg hat, engagiert sich auch nach außen sozial.
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Dazu gehört ein Nachbarschaftstreff, das große Quellentalfest und die Unterstützung beim Bau des neuen Jugendtreffs Komet samt Bolzplatz. Den Preis nahmen Kai Lorenz, der bis heute die Geschicke des Unternehmens leitet und Vorstandsmitglied Sandra Maader entgegen.
Kai Lorenz kritisiert Verwaltung in Pinneberg harsch
Kai Lorenz fand in seiner Dankesrede allerdings auch kritische Worte, die sich an die Stadtverwaltung richteten. „Mit der Motivation für künftige Projekte tun wir uns derzeit etwas schwer“, sagte Lorenz, der auch Gründungsmitglied des Stadtmarketings ist. So sei man auf Unterstützung angewiesen und diese hätte man von der Verwaltung nicht so bekommen wie erhofft.
„Verfahren sind langwierig, es gibt keine Flexibilität und Kreativität und mündliche Zusagen werden nicht immer eingehalten.“ Sein Appell galt wohl den Mitarbeitern im Rathaus: „Lassen Sie uns zusammen soziales Engagement leben.“