Pinneberg. Vize-Wehrführer tritt nach Standortentscheidung der Politik zurück. Eine nicht öffentliche Vorlage zeigt pikante Details des Deals.

CDU und Grüne haben in der Pinneberger Ratsversammlung die Datumer Chaussee als Standort für die neue Hauptfeuerwache durchgesetzt. Der von SPD, FDP, Buntes Pinneberg und der Feuerwehr favorisierte Eggerstedter Weg, laut einem Gutachten der beste von drei möglichen Standorten und der einzige mit einer sofortigen Verfügbarkeit, ist damit aus dem Rennen.

Die Entscheidung hat zu ersten Konsequenzen geführt. Heiko Andersen, seit 2021 Vize-Wehrführer der Kreisstadt, hat seinen Rücktritt erklärt. Offiziell deswegen, weil die ehrenamtliche Tätigkeit nicht mehr mit seinen beruflichen Verpflichtungen vereinbar ist. Inoffiziell macht der 52-Jährige keinen Hehl daraus, dass das Votum der Ratsmehrheit zu diesem Schritt geführt hat.

Heiko Andersen stellt sein Amt zum 9. Februar 2024 zur Verfügung

Andersen ist seit 23 Jahren im Hauptberuf Feuerwehrmann – und zwar als Beamter bei der Stadt Hamburg. Seit vier Jahren kümmert er sich dort um Einsatzangelegenheiten, Feuerwehrbedarfspläne und Standortplanung. Qualifikationen, die er in das Ehrenamt bei der Pinneberger Feuerwehr eingebracht hat – und weiter einbringen könnte.

„Das vorliegende Gutachten ist nachvollziehbar“, sagt Andersen. Die Ratsmehrheit habe es jedoch ignoriert und anders entschieden. „Dann hätte es das Gutachten nicht gebraucht“, schimpft Andersen. Der 52-Jährige, eigentlich für sechs Jahre gewählt, wird sein Amt nur noch bis zur Jahreshauptversammlung am 9. Februar 2024 ausüben.

Vize-Wehrführer rückt zurück in zweite Reihe: „Muss mich dann weniger ärgern“

Dann soll ein Nachfolger für ihn bestimmt werden. Heiko Andersen will der Pinneberger Feuerwehr treu bleiben. „Ich ziehe mich in die zweite Reihe zurück, bereue den Schritt nicht. Dann muss ich mich künftig weniger ärgern.“

Der Ärger innerhalb der Pinneberger Wehr – er dürfte nach der Mehrheitsentscheidung der Ratsversammlung groß sein. Schließlich ist die Chance, zeitnah eine neue Hauptfeuerwache als Ersatz für den maroden Bau an der Friedrich-Ebert-Straße zu erhalten, vertan. Während das Grundstück am Eggerstedter Weg im Besitz der Stadt ist und dort ein sofortiges Baurecht möglich wäre, muss die von CDU und Grüne favorisierte Fläche an der Datumer Chaussee erst erworben werden.

Neuer Standort für Feuerwache: An der Datumer Chaussee besteht kein Baurecht

Der größte Knackpunkt: Der Standort an der Datumer Chaussee liegt laut Landschaftsplan in einer Frischluftschneise. Laut Einschätzung der Verwaltung wird es mindestens zweieinhalb bis drei Jahre dauern, bis dort ein Baurecht geschaffen werden kann – allerdings nur unter der Bedingung, dass kein Anwohner gegen das Projekt klagt.

Dass die Eigentümer ihre Verkaufsbereitschaft an die Bedingung knüpfen, die in ihrem Eigentum verbleibenden Flächen als Gewerbe- beziehungsweise Wohngebiet auszuweisen, um dort in einem begrenzten Rahmen Gewerbe anzusiedeln und eine Wohnbebauung zu schaffen, war bereits bekannt.

Pinneberg: Verkäufer will Stadt Rücktrittsrecht vom Kaufertrag verweigern

Noch unbekannt ist, dass die Stadt für den Ankauf der 12.400 Quadratmeter großen Fläche weitere Zugeständnisse machen muss. Wie sich aus einer nicht öffentlichen Vorlage ergibt, wollen die Eigentümer der Stadt das übliche Rücktrittsrecht vom Vertrag verweigern.

Die Stadt wollte ein Rücktrittsrecht für Käufer und Verkäufer vereinbaren, das gezogen werden kann, wenn innerhalb von drei Jahren kein Baurecht geschaffen werden kann. Der Kaufpreis wäre in diesem Zeitraum nur unter bestimmten Bedingungen verfügbar gewesen. Das haben die Verkäufer abgelehnt. Sie pochen auf eine sofortige Verfügbarkeit der Summe ohne Rücktrittsrecht und wollen dies vertraglich vereinbaren.

Hoher Kaufpreis für Baumschulfläche an der Datumer Chaussee: 62 Euro pro Quadratmeter

Das Grundstück wird derzeit als Baumschulfläche genutzt. Der Bodenrichtwert für den Ankauf von Flächen der Land- und Forstwirtschaft liegt im Kreis Pinneberg bei 3,6 Euro je Quadratmeter. Die Stadt soll laut der Vorlage knapp 62 Euro pro Quadratmeter zahlen. Macht inklusive Nebenkosten eine Summe von knapp 845.000 Euro.

Auch die notwendige Verlegung beziehungsweise Erneuerung der Strom- und Wasserversorgung soll zulasten der Stadt gehen. Macht weitere 80.000 Euro. Auch fordert der Verkäufer den Bau einer Lärmschutzwand, die auf Kosten der Stadt zu bauen wäre.

Verkäufer will der Stadt Vorschriften zur künftigen Nutzung des Grundstücks machen

Und er möchte die Nutzbarkeit des Grundstücks durch die Stadt einschränken. Maximal zweigeschossig zuzüglich Staffelgeschoss dürfte gebaut werden, die Zahl der Betriebswohnungen für die Feuerwehr solle auf vier begrenzt werden.

CDU und Grüne, das haben die Abstimmungen in zwei Fachausschüssen und in der Ratsversammlung gezeigt, wollen diese Bedingungen akzeptieren und die jahrelangen Verzögerungen bei der Schaffung von Baurecht hinnehmen.

CDU und Grüne spekulieren auf dauerhafte Einkünfte aus der Gewerbesteuer

Sie haben mehrfach damit argumentiert, die städtische Fläche am Eggerstedter Weg wie vorgesehen als Gewerbefläche verkaufen und damit langfristige Einnahmen generieren zu wollen. Auch zu diesen Punkten liefert die nicht öffentliche Vorgabe Zahlen.

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Die Verwaltung rechnet, resultierend aus dem Grundstück, mit möglichen Gewerbesteuereinnahmen von 227.000 Euro pro Jahr. Hinzu kommt der mögliche Verkaufspreis des 13.000 Quadratmeter großen Grundstücks. Hier setzt die Verwaltung eine Summe von 190 Euro pro Quadratmeter an, macht insgesamt 2,47 Millionen Euro.

Jetzige Hauptfeuerwache soll zukünftig als kleinerer Standort erhalten bleiben

Mögliche Einnahmen, für die die Mehrheit von CDU und Grünen die Belange der Feuerwehr hinten anstellt. Seit Jahren sind die maroden Zustände und die Unzulänglichkeiten in der Hauptfeuerwache an der Friedrich-Ebert-Straße – sie soll nach einer Modernisierung als kleinerer Standort erhalten bleiben – bekannt.

Damit werden die ehrenamtlichen Feuerwehrleute nun noch länger leben müssen. Denn bis die neue Hauptfeuerwache an der Datumer Chaussee einsatzbereit ist, werden noch Jahre vergehen.

Angriffe auf Besitz von Grünen-Politikern: Ermittlungen nach Strafanzeigen laufen

Nach der ersten Entscheidung für den Standort Datumer Chaussee gab es mehrere Sachbeschädigungen bei Kommunalpolitikern der Grünen. Die Rede war von Eierwürfen gegen Häuser, auch Autos sollen zum Teil beschädigt worden sein.

Andrea Dreffein-Hahn und Tafin Ahsbahs haben in diesem Zusammenhang Strafanzeigen gestellt. Informationen zum Stand der Ermittlungen waren kurz vor Weihnachten keine zu bekommen.