Pinneberg. Pinnebergs Verwaltungschefin verabschiedet sich nach elf Jahren Amtszeit. Mit dem Abendblatt sprach sie über Höhen und Tiefen.
Elf Jahre lang lenkte Urte Steinberg die Geschicke in Pinneberg. Nun geht die Bürgermeisterin den Ruhestand – ein Jahr vor früher als geplant. Am 9. Januar hat sie offiziell ihren letzten Arbeitstag. Viele Projekte wie die Westumgehung, den Ausbau von Kita und Schulen oder den Bau des ILO-Parks hat sie begleitet und die Stadt durch schwere Zeiten geführt.
Auch privat fand sie mit Torsten Hauwetter im Rathaus ihr Glück. Aus Liebe zu Urte Steinberg trat er 2017 als CDU-Ratsherr zurück. Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt blickt die 65-Jährige nun, knapp einen Monat vor ihrem letzten Arbeitstag, auf ihre Amtszeit zurück und verrät, was sie im Ruhestand vorhat.
Frau Steinberg, was ist aus Ihrer Sicht gut gelaufen während ihrer langen Amtszeit?
Sehr viele Projekte könnte ich aufzählen – große und kleinere. Nicht alle habe allein ich angeschoben, und nicht alle konnten in meiner Amtszeit beendet werden. Dafür sind elf Jahre wiederum zu kurz. Aber es gibt einige Sachen, die mir wirklich am Herzen lagen, wie etwa die Schulbausanierung, der Kitaausbau und der Ausbau der Offenen Kinder und Jugendarbeit.
Was konnten Sie für die Stadt in elf Jahren erreichen?
Wichtige Infrastrukturprojekte wie die Fertigstellung der Westumgehung nach mehr als 50 Jahren. Dadurch haben wir den Verkehr in der Innenstadt mehr als halbiert. Oder den Bau der Parkstadt Eggerstedt oder die Umgestaltung des Bahnhofumfeldes, mit dem wir endlich ein modernes Entree zur Stadt bekommen.
Welche großen Projekte konnten noch umgesetzt werden?
Jetzt zuletzt die angedachte Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens der Stadtwerke Pinneberg und Tornesch, die wichtig ist, um unter anderem den Herausforderungen der Zukunft aktiv begegnen zu können.
Was hätte besser laufen können?
Verschüttetem Wein weint man nicht hinterher.
Was hätten Sie gern noch umgesetzt?
Gern hätte ich nach der Entscheidung, den Spatenstich für das Zentralkinikum am Ossenpadd in meiner Amtszeit erlebt. Das ist ein Jahrhundertprojekt. Aber wir haben hervorragende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung, die um die Bedeutung des Projektes für die Kreisstadt wissen. Bei denen ist das Projekt in sehr guten Händen.
Was sind aus Ihrer Sicht die Glanzpunkte Ihrer Karriere gewesen?
Zu den Highlights meiner Zeit als Bürgermeisterin gehören mit Sicherheit die großen Projekte, die Etablierung Runder Tische wie zum Beispiel Schulbausanierung, Schulleiterforum, Schulwegsicherung sowie die vielen kleineren und größeren Erfolge in den Bereichen Gleichstellung, Integration, Geschlechterdiskriminierung das Projekt Demokratie Leben sowie die Bewältigung der Corona-Pandemie. Tolle Veranstaltungen wie der Orange Day, die interkulturelle Woche und den CSD konnten wir in Pinneberg etablieren. Das zeigt, wie multikulturell und weltoffen Pinneberg geworden ist. Und es macht mir Mut in einer Zukunft voller Vorurteile und Diskriminierung.
Was sind denn die großen Projekte Ihrer Amtszeit?
Dazu gehören vor allem die technische Modernisierung unserer Feuerwehr, etwa durch die Anschaffung neuer Fahrzeuge, neuer Schutzkleidung und neuer Atemschutzgeräte sowie die Verdoppelung der Gerätewarte von zwei auf vier. Auch die Umsetzung des größten Schulbausanierungsprogramm, das Pinneberg je hatte, und die umfangreiche Erweiterung der Schulsozialarbeit von elf auf 32 Stellen werte ich als Erfolge. Hinzu kommen der Ausbau der Offenen Kinder- und Jugendarbeit beim Komet und Club Nord sowie die Einstellung zweier Streetworker, die Erarbeitung und stückweise Umsetzung des Sportentwicklungsplans mit dem Bau eines Kunstrasenplatzes und dem Ausbau der Kampfbahn B.
Auch die fortwährende Verbesserung der Kinderbetreuung ist ein Glanzpunkt. Eine Kita wurde gebaut, die nächsten drei Kitas sind in der Entwicklung. Überdies fällt in meine Amtszeit die zweifache Zertifizierung und Digitalisierung unseres Stadtmuseums, die Neuausrichtung unserer Stadtbücherei durch unterschiedliche Medien, der Erwerb des ehemaligen Geländes der Kaserne und der Ausbau zur Parkstadt Eggerstedt sowie die Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes und der barrierefreie Ausbau des Bahnhofs.
Und darüber hinaus?
Der Bau des Ilo-Parks sind zu nennen, der Bau der Westumgehung, das Holen der Klinik, die Entwicklung des Gewerbegebiets Müßentwiete, die sukzessive Sanierung der Innenstadt, die Neuansiedlung verschiedener namhafter Firmen, die Verlagerung der innerstädtischen Wochenmärkte vor das Rathaus.
Haben Sie noch weitere Beispiele?
Die Einführung von Klimaanpassungsmaßnahmen wie Dach- oder Seitengrün, Solardächer oder Regenrückhaltebecken beziehungsweise unterirdische Zisternen zur Bewässerung von Bäumen oder die Ertüchtigung der Abwasserrohre. Auch der Beginn der Digitalisierung der Verwaltung sowie die Einführung digitaler Sitzungen fallen in meine Amtszeit. Weitere Projekte sind die Absicht, die Stadtwerke Pinneberg mit den Stadtwerken Tornesch zu verschmelzen. Die Idee, die Wirtschaftsgemeinschaft und das Stadtmarketing zu vereinigen und die Pflege der deutsch-amerikanischen Partnerschaft.
Ihre Amtszeit war auch von großen Krisen geprägt.
Wir haben die Flüchtlingswellen in 2015/2016 und 2022/2023 gut gemeistert und uns auf die Erfordernisse der Corona-Pandemie eingestellt. Und wir haben Notfallinfopunkte im Falle von Katastrophen und den Mängelmelder App Meldoo. Die vielleicht größte Leistung der gesamten Verwaltung ist die Erstellung der Eröffnungsbilanz 2009 und Aufholung der nachfolgenden Jahresabschlüsse bis einschließlich 2022.
Gab es Tiefpunkte?
Als belastend empfand ich die vielen persönlichen Angriffe, denen heutzutage die Verwaltung mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker ausgesetzt sind. Das ist eine Entwicklung, die an den Grundfesten unserer Demokratie rüttelt, weil sich immer weniger finden, die bereit sind, sich vor Ort für die Gemeinschaft einzusetzen.
Auch privat haben Sie im Rathaus ihr Glück mit Herrn Hauwetter gefunden. Wie wurde das damals im Rathaus von Kollegen und Parteimitgliedern aufgenommen, als Sie es offiziell gemacht haben?
Offiziell gemacht hat es Herr Hauwetter mit einer persönlichen Erklärung. Auf Ihre Frage hin: Durchweg positiv und mit verständnisvollem Lächeln.
Was sind die Gründe, warum Sie ein Jahr früher aufhören?
Als Beamtin auf Zeit hätte ich schon vor zwei Jahren aufhören können. Das schien mir aber nicht angemessen. Damals steckten wir mitten in der Corona-Krise. Wir hatten gemeinsam viel zu stemmen und zu bestehen. Und vieles davon haben wir sehr gut gemeistert. Und mit den Kommunalwahlen im Mai hat sich auch die Ratsversammlung verändert und zum Teil verjüngt. Deswegen ist es jetzt mit 65 Jahren ein guter Zeitpunkt, die Aufgabe in neue Hände zu legen.
Was werden Sie im Ruhestand machen? Gibt es Pläne?
Wahrscheinlich werde ich mir zunächst Zeit für die Dinge nehmen, die in den letzten Jahren auf Grund meines Amtes immer zu kurz gekommen sind – die Familie, Freunde, Sport und Reisen. Ich habe auch viel Lust, Neues und Liegengebliebenes zu entdecken. Und da ich in zahlreichen Verbänden und Organisationen Mitglied bin, glaube ich nicht, dass mir langweilig werden wird.