Pinneberg. Wechsel in Pinneberg: Urte Steinberg wird sehr persönlich verabschiedet, ihr Nachfolger vereidigt. Und etwas Verwirrung gab es auch.
„Jetzt ist es soweit. Du bist eine Ex, aus dem Amt in Ehren entlassen“, sagte Bürgervorsteherin Natalina Di Racca-Boenigk (CDU) bei der Verabschiedung von Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg. Nun habe sie Zeit für Hobbys, um das Laufen neu zu entdecken und wieder Tennis zu spielen, Mallorca zu genießen und für Kunst. Und auch für die Familie sei nun endlich Zeit. Und die wächst, denn Urte Steinberg wird demnächst Großmutter, wie Di Racca-Boenigk verriet.
Es war Urte Steinbergs letzter Arbeitstag. Nach elf Jahren im Amt verabschiedete sich die Bürgermeisterin am Dienstagabend während der Ratsversammlung in Pinneberg. Die 65-Jährige geht in den Ruhestand – auf eigenen Wunsch ein Jahr früher. Der Ratssaal war voll wie selten. Neben den Pinneberger Politikern kamen die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen der Städte und Gemeinden im Kreis Pinneberg, Kreispolitiker, Landrätin Elfi Heesch, zahlreiche Weggefährten und Bürger, um sich gebührend von Urte Steinberg zu verabschieden.
Abschied von Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg
Neben Di Racca-Boenigk, die Urte Steinberg für ihren „unermüdlichen Einsatz“ dankte, richtete auch Oliver Stolz, ehemaliger Landrat und nun Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes SH, das Wort an die scheidende Bürgermeisterin. Die hatte vor ihrem Amtsantritt bei der Sparkasse Südholstein eine Ausbildung zur Bankkauffrau absolviert und dort verschiedene Posten bekleidet, ehe sie am 11. November 2012 als gemeinsame Kandidatin von SPD und CDU in einer Direktwahl mit 57,46 Prozent der Stimmen zur Bürgermeisterin von Pinneberg gewählt wurde.
„Das Amt war bestimmt kein Traumjob“, sagte Stolz und ihre Entscheidung, es anzunehmen, „sehr, sehr mutig gewesen“. Die Stadt war damals mit fast 100 Millionen Euro verschuldet und stand unter dem Rettungsschirm des Landes. Es habe einen Investitionsstau gegeben und sinnvolle Projekte hätten nicht umgesetzt werden können, erinnert Stolz an die schwierige Ausgangslage.
Urte Steinberg führte Pinneberg auch durch schwere Zeiten
Doch Urte Steinberg habe leidenschaftlich für ihre Heimatstadt gekämpft, überparteilich für frischen Wind gesorgt, sich kommunikativ und kompromissbereit gezeigt und das Vertrauen der Verwaltung erlangt. „Du hast deinen Bürgerinnen und Bürgern einen großen Dienst erwiesen“, zog Stolz Bilanz.
Viele große Projekte wie die Westumgehung, den Ausbau von Kita und Schulen oder den Bau des ILO-Parks hat sie begleitet und die Stadt auch durch schwere Zeiten wie die Flüchtlingswellen in 2015/2016 und 2022/2023 sowie die Corona-Pandemie geführt und das bei oft sehr angespannten Haushaltslagen.
Weggefährten zollen Pinnebergs Bürgermeisterin Steinberg Respekt
Großprojekte wie die Fertigstellung der Westumgehung nach mehr als 50 Jahren, der Bau des ILO-Parks und der Parkstadt Eggerstedt, die Entwicklung des Gewerbegebiets Müßentwiete und die Umgestaltung des Bahnhofumfeldes fallen in ihre Amtszeit. Zuletzt sorgte Urte Steinberg dafür, dass Pinneberg den Zuschlag für die Zentralklinik erhielt und begleitete den Zusammenschluss der Stadtwerke in Pinneberg und Tornesch.
„Oft waren dicke Bretter zu Bohren“, fasste es Rathaus-Mitarbeiter Klaus Krämer zusammen. „Aber einfach wäre Ihnen zu langweilig gewesen, einfach kann ja jeder.“ Bernd Hinrichs, Präsident der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft Rockville sprach Urte Steinberg „höchste Anerkennung“ aus und lobte ihre ruhige, freundliche Art.
„Sie sind eine verlässliche Kollegin, klar und direkt in der Kommunikation und konstruktiv. Ihr Motto: Nicht lang schnacken, machen. Mutig, pragmatisch, erfahren, voller Kraft, Ideen und Tatendrang“, sagte Landrätin Elfi Heesch und überreichte Urte Steinberg zum Abschied eine Kiste mit ausgewählten spanischen Weinen.
Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg: „Ihr werdet mir fehlen!“
Besonders am Herzen lagen Urte Steinberg die Entwicklung der Schulen und Kitas und der Ausbau der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Privat fand sie mit Torsten Hauwetter im Rathaus ihr Glück. Aus Liebe zu Urte Steinberg trat er 2017 als CDU-Ratsherr zurück. Dafür dankte Urte Steinberg ihm in ihrer Abschiedsrede und auch dafür, dass er 2012 auf die Bürgermeisterkandidatur verzichtete.
„Ich verabschiede mich auch als Mensch, Kollegin und für manche auch als Freundin“, sagte Urte Steinberg sichtlich bewegt. „Ich werde das Rathaus vermissen. Ihr werdet mir fehlen!“
Urkunde für Urte Steinberg sorgte für Verwirrung
Für leichte Verwirrung sorgte dann noch die Urkunde, die ihr von der Bürgervorsteherin Di Racca-Boenigk mit einem Strauß Blumen überreicht wurde. Die hatte die Bürgervorsteherin unterschrieben. Eine Entlassungsurkunde hätte aber von einem stellvertretenden Bürgermeister unterschrieben werden müssen, um formal rechtmäßig aus dem Dienst entlassen zu werden.
Da sich Urte Steinberg allerdings in den Ruhestand verabschiedet hat, war keine Entlassungsurkunde nötig. Ihr wurde aber in dem feierlichen Rahmen eine Verabschiedungsurkunde überreicht, die rechtlich nicht relevant ist und dementsprechend auch Di Racca-Boenigk unterschreiben durfte.
Vereidigung des Bürgermeisters: Tagesordnung musste geändert werden
Auch gleich zu Beginn der Ratsversammlung hatte es einen kleinen Wackler gegeben. Auf der Tagesordnung stand unter Punkt 5 die „Ernennung und Verpflichtung des Bürgermeisters“. Formal richtig wäre Vereidigung gewesen. Das wurde kurzerhand geändert, nachdem über die Änderung der Tagesordnung abgestimmt wurde. Alle Ratsmitglieder waren einstimmig dafür.
Am Mittwoch, 10. Januar, übernimmt dann Thomas Voerste (parteilos) offiziell die Geschäfte für die nächsten sechs Jahre. Der 54-Jährige aus Altenholz bei Kiel konnte bei der Bürgermeister-Stichwahl am 29. Oktober 62,6 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Marco Bröcker (CDU) aus Pinneberg erreichte 37,4 Prozent. Im ersten Wahldurchgang am 8. Oktober hatten sich beide Kandidaten gegen Thomas Hoffmann, Jörg Heuer und Hauke Röben behaupten können.
Thomas Voerste: Urte Steinberg hinterlässt große Fußstapfen
Nach der Verabschiedung von Urte Steinberg wurde ihr Nachfolger gleich vereidigt. „Ich habe mich unheimlich auf diesen Tag gefreut“, sagte Thomas Voerste. Er sei auch ehrfürchtig angesichts der großen Fußstapfen seiner Vorgängerin. Er bedankte sich bei Urte Steinberg, die ihn in den vergangenen Wochen beraten und in Entscheidungen eingebunden hatte.
Auch für seine Mitbewerber, von denen einige anwesend waren, bedankte er sich für den fairen Wahlkampf. „Wir hatten ähnliche Themen wie eine bürgerfreundliche Verwaltung, familienfreundliche Stadt oder die Entwicklung der Innenstadt. Das zeigt mir, dass es die Themen der Zeit sind.“
Bürgermeister Thomas Voerste will parteilos und neutral agieren
Er verstehe sich als parteiloser Bürgermeister und Chef einer neutralen Verwaltung. „Die Ratsversammlung trifft die Entscheidungen und die Verwaltung als starker Partner setzt diese verlässlich um“, so der neue Rathauschef. In Zeiten von Kriegen, Klimawandel, Protesten, Streiks und Unruhen seien viele Menschen beunruhigt und der Populismus wachse. „Aber die Menschen merken auf kommunaler Ebene, dass Demokratie funktioniert.“ Wenn man die Ratsversammlung als Herzstück der Demokratie verstehe, dann sei die Verwaltung das Rückgrat.
Einen genehmigungsfähigen Haushalt und die Planungen für die neue Feuerwehrwache seien nun die drängendsten Aufgaben. „Die Herausforderungen sind groß, die Chancen auch“, sagte Voerste. „Ich schaue sehr optimistisch in die Zukunft.“
- Pinneberg: Bürgermeisterin Urte Steinberg hat jetzt „Lust, Neues zu entdecken“
- Das hat Pinnebergs neuer Bürgermeister Thomas Voerste nach der Wahl vor
- Pinnebergs Rathaus stockt Personal auf: Diese neuen Posten sind geplant
Bürgermeister Thomas Voerste wohnt jetzt in Pinneberg
Voerste arbeitete zuvor als Fachbereichsleiter Jugend und Familie im Kreis Rendsburg-Eckernförde und war dort verantwortlich für 200 Mitarbeiter und einen Etat von 200 Millionen Euro.
Im Wahlkampf versprach er unter anderem eine moderne und serviceorientierte Verwaltung zu schaffen, die Pinneberger Innenstadt zu beleben und die Gewerbesteuereinnahmen zu erhöhen. Mit diesen Zielen ist er in den Wahlkampf gezogen. Sein erstes Wahlversprechen hat er bereits umgesetzt und eine Wohnung in Pinneberg gemietet.