Pinneberg. Gegen zwei Vorsitzende der Pinneberger JU stehen schwerwiegende Vorwürfe im Raum. CDU zieht erste Konsequenzen. Darum geht es.
Es sind heftige Vorwürfe, mit denen sich die Junge Union Pinneberg in diesen Tagen auseinandersetzen muss. Der Stadtverband Pinneberg der CDU-Nachwuchsorganisation wird von einem Rassismus-Skandal erschüttert. Im Zentrum: Der alte und der neugewählte Vorsitzende der Jungen Union Pinneberg.
Weniger als zwei Tage war der neue Vorsitzende im Amt. Seine Aktivitäten in sozialen Netzwerken, insbesondere auf Instagram, kosteten ihn nun den Posten. Gegen seinen Vorgänger, der erst seit Sommer 2023 den Vorsitz innehatte, stehen ähnlich schwerwiegende Vorwürfe im Raum.
Rassismus-Skandal erschüttert die Junge Union Pinneberg
Worum geht es? Am Donnerstag, 21. Dezember, kam die Pinneberger JU zu einer Sitzung zusammen, bei der auch ein neuer Ortsvorsitzender gewählt werden sollte. Der bisherige Vorsitzende soll nach Abendblatt-Informationen umstritten gewesen sein, weshalb eine Neuwahl stattfinden sollte.
Gewählt wurde letztlich ein Kandidat, der vom Amtsvorgänger als Nachfolger vorgeschlagen wurde. Der bisherige Vorsitzende wurde zum Stellvertreter gewählt. In den Wochen vor der Sitzung soll es nach Abendblatt-Informationen einen ungewöhnlich starken Mitgliederzuwachs in der JU Pinneberg gegeben haben. Ob das mit der Wahl in Zusammenhang steht, ist nicht klar.
Mitglieder erheben Rassismus-Vorwürfe gegen JU-Vorsitz
Sicher ist aber, dass die Sitzung am 21. Dezember bei vielen JU-Mitgliedern einen unangenehmen Nachgeschmack hinterließ. Einige der Jungpolitiker äußerten sich erschrocken über das, was in der Sitzung zutage kam. Mehrere Mitglieder mit Migrationshintergrund sollen nach Informationen des Abendblattes Rassismusvorwürfe gegen den ehemaligen Vorsitzenden erhoben haben, hätten ihm Diskriminierung vorgeworfen.
Zudem gibt es belastendes Material über den neuen Ortsvorsitzenden. Mehrere Screenshots, die dem Abendblatt vorliegen, beweisen, dass dieser auf Instagram Videos und Beiträge der Jungen Alternative (JA), also der Nachwuchsorganisation der AfD, sowie einen Beitrag von AfD-Chefin Alice Weidel geliked hat. Die JA wird vom Verfassungsschutz beobachtet.
Pinneberg: CDU schließt Zusammenarbeit mit Nachwuchs aus
Dieses Material hat auch den Ortsvorstand der Pinneberger CDU erreicht. In einer Mitteilung vom 23. Dezember heißt es, der Ortsverband halte eine Zusammenarbeit mit dem neugewählten Ortsvorsitzenden der Jungen Union für ausgeschlossen. Das Beweismaterial umfasst 16 Beiträge der AfD, deren Bundestagsabgeordneten sowie der Jungen Alternative.
Darunter seien auch Beiträge von Björn Höcke und welche, die sich explizit gegen die CDU richteten. Außerdem soll der neue Ortsvorsitzende laut Mitteilung der Pinneberger CDU ein nationalsozialistisches Hetzvideo gegen Juden auf Instagram öffentlich unterstützt haben. Ähnliche Vorwürfe würden auch gegen seinen Vorgänger erhoben. Eine Zusammenarbeit mit dem Ortsverband der CDU Pinneberg sei ausgeschlossen.
CDU Pinneberg fordert restlose Aufklärung der Vorwürfe
Am Morgen des 23. Dezembers soll der neue Vorsitzende seinen Rücktritt erklärt haben. Doch sein Stellvertreter ist nach wie vor im Amt, trotz der gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Vom CDU-Ortsverband heißt es: „Wir werden die Junge Union erst dann wieder unterstützen, wenn auch die Vorwürfe gegen den ehemaligen Vorsitzenden und jetzigen Stellvertreter restlos aufgeklärt sind und gegebenenfalls zu weiteren Konsequenzen geführt haben.“ Dies geschehe in Abstimmung mit dem CDU-Kreisvorsitzenden Christian von Boetticher.
Von Boetticher hat dem Vernehmen nach auch den CDU-Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten Daniel Günther über die Vorfälle informiert. Günther soll eine Aufklärung der Sachlage verlangt haben. Nach Abendblatt-Informationen sollen sowohl der JU-Kreisvorstand als auch der CDU-Vorstand am heutigen Mittwoch, 27. Dezember, jeweils zu einer Sitzung zusammenkommen, um über das Thema zu beraten.
CDU Pinneberg: „Die Brandmauer steht“
Der stellvertretende Pinneberger CDU-Ortsvorsitzende Stephan Schmidt war bei der besagten JU-Sitzung anwesend. Er sagt: „Unter dem Eindruck dieser neuen Erkenntnisse werden die während der Ortsversammlung der JU von ehemaligen Vorstandsmitgliedern geäußerten Vorwürfe zur Ausländerfeindlichkeit gegenüber Mitgliedern mit Migrationshintergrund noch deutlich unterstrichen.“
Hier müsse lückenlos aufgeklärt werden, fordert Schmidt. „Für Antisemitismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit darf kein Raum in der Union sein.“ Stadtverbandsvorsitzende Natalina di Racca-Boenigk ergänzt: „Der CDU Stadtverband Pinneberg zieht hiermit klare Konsequenzen und zeigt klare Kante gegen rechts-außen – die Brandmauer steht.“
Neuer JU-Vorsitzender gibt Posten nach zwei Tagen ab
Der Kreisverband der CDU habe beim letzten Kreisparteitag am 8. Dezember noch einmal die Unvereinbarkeit von Union und der „sogenannten AfD“ bestätigt und jegliche Form von Zusammenarbeit per Beschluss ausgeschlossen, so di Racca-Boenigk. Man begrüße, dass der neue JU-Ortsvorsitzende so rasch seinen Rücktritt erklärt habe.
Dieser soll nach Abendblatt-Informationen auch auf Druck von CDU-Kreischef Christian von Boetticher seinen Posten abgegeben und auch die Partei verlassen haben. Ob diese Vorfälle weitere personelle Konsequenzen haben werden, ist aktuell unklar.
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Pinneberg: Verhältnis zwischen CDU und JU lange angespannt
Das Verhältnis zwischen CDU-Kreischef Christian von Boetticher und dem Kreisverband der Jungen Union soll seit Monaten angespannt sein. So hatte der JU-Kreisverband von Boetticher bei dessen Kandidatur für den Spitzenplatz der schleswig-holsteinischen CDU für die Europawahl 2024 die Unterstützung versagt, sogar dessen Widersacher unterstützt. Schon vorher gab es immer wieder Reibungspunkte zwischen von Boetticher und der Jungen Union.
Die AfD hat einen schwierigen Stand im Kreis Pinneberg. In keiner der zehn Städte und Großgemeinden sitzt die Partei im Parlament, in vielen Orten trat die Partei zur Kommunalwahl nicht einmal an. Bei der Kreistagswahl bekam die AfD neun Prozent der Stimmen. Mit ihren Kandidaten für Ausschussvorsitze im Kreistag kommt die Partei allerdings seither nicht durch.