Schenefeld. Ein Hamburger Wohnungsverein will drei Neubauprojekte in der Nachbarstadt verwirklichen. Was sie kosten, wer sich bewerben kann.
- Hamburger Verein will 45 neue Wohnungen in Schenefeld bauen.
- Mietpreise sollen bei sechs Euro pro Quadratmeter beginnen.
- Drei Standorte im direkten Hamburger Umland sind geplant.
Wer in Schenefeld eine Wohnung mieten will, muss dafür tief in die Tasche greifen. Inzwischen gehört Hamburgs Nachbarstadt zu den teuersten Pflastern im Kreis Pinneberg. Preisgünstiger Wohnraum ist entsprechend knapp. Doch nun soll Bewegung in diese Angelegenheit kommen.
Denn verhältnismäßig günstigen Wohnraum will jetzt der Wohnungsverein Hamburg von 1902 schaffen: Die Genossenschaft errichtet im nächsten Jahr in Schenefeld 45 Mietwohnungen an drei Standorten. Der Stadtentwicklungsausschuss hat kürzlich alle Projekte gebilligt.
Preiswerter Wohnraum für Schenefeld: Genossenschaft hatte 2023 als Planungsjahr ausgerufen
Für den Wohnungsverein Hamburg ist es das erste Vorhaben außerhalb der Hansestadt. Es wurde möglich, weil sich die Stadt vor einem Jahr von ihrem kommunalen Wohnungsbestand getrennt hat. Die Genossenschaft übernahm ein ganzes Paket an kommunalen Liegenschaften – darunter auch mehrere abgängige Objekte sowie eine unbebaute Fläche.
„Wir haben damals gesagt, dass 2023 für uns zum Planungsjahr wird und wir 2024 die Neubauten realisieren werden. Jetzt liegen wir exakt im Zeitplan“, sagt Vorstand Holger Fehrmann zu dem Projekt im durchaus kostspieligen Umfeld der Stadt Schenefeld.
Gebaut wird an der Königsberger Straße, am Kreuzweg sowie auf dem Eckgrundstück Hauptstraße/Borgfelde. Auf letzterem Grundstück stehen zwei ältere, baufällige Einfamilienhäuser. Sie werden ebenso der Abrissbirne zum Opfer fallen wie ein kleineres Mehrfamilienhaus am Kreuzweg 18, das aus den 50er- oder 60er-Jahren stammt.
An der Königsberger Straße bleibt der von der Genossenschaft übernommene Wohnungsbestand erhalten. Gebaut wird dort auf einer bisherigen Parkplatzfläche, die in den vergangenen Jahren wenig bis gar nicht mehr genutzt wurde.
An drei Standorten entstehen 45 Mietwohnungen für Menschen mit geringem Einkommen
An den drei Standorten entstehen insgesamt 45 hochwertige Neubauwohnungen. Die Einheiten verfügen über zwei bis vier Zimmer und sind zwischen 50 und 90 Quadratmeter groß. Die Hälfte der Wohnungen entstehen nach dem ersten Förderweg, gelten also als klassische Sozialwohnungen.
Dort sollen Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen eine neue Heimat finden. Die Miethöhe liegt bei knapp sechs Euro pro Quadratmeter. Die andere Hälfte der Einheiten entstehen nach dem Förderweg C, sind also als preisgedämpfter Wohnraum vorgesehen.
Im günstigsten Fall liegt der Mietpreis bei sechs Euro pro quadratmeter
Hier liegt der Mietpreis etwa bei 12,50 Euro pro Quadratmeter. Das ist zwar doppelt so hoch wie bei den Sozialwohnungen, jedoch für Schenefelder Verhältnisse immer noch extrem günstig. Anspruch auf eine preisgedämpfte Wohnung haben Haushalte, deren Einkommen maximal 60 Prozent über der Grenze für sozial geförderten Wohnraum liegen.
Insgesamt entstehen an der Königsberger Straße 54 neun Wohneinheiten in drei Vollgeschossen, am Kreuzweg 18 sind 22 Wohnungen vorgesehen (drei Stockwerke plus Staffelgeschoss), an der Adresse Borgfelde 3 entsteht ein Mehrfamilienhaus mit 14 Wohnungen in zwei Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss.
Schenefeld: Die Optik der Neubauten ist sehr ähnlich, das spart Geld
Die Politiker haben einige Abweichungen von den gültigen Bebauungsplänen durchgewunken, da es sich um sozialen Wohnungsbau handelt. Beispielsweise wären an der Königsberger Straße nur zwei Vollgeschosse zulässig. Auch werden in manchen Fällen die Baugrenzen überschritten, hingegen die eigentlich erforderliche Anzahl von Stellplätzen unterschritten.
Alle Gebäude unterscheiden sich optisch nicht groß voneinander. „Wir unterliegen einem engen Preiskorsett“, erläutert Fehrmann. Dennoch setzte man auf Qualität. Alle Gebäude würden einen Vollklinker erhalten, hohe Energieeffizienzstandards erfüllen und mit einem sogenannten Gründach aufwarten. Auch Photovoltaikanlagen beziehungsweise Solarthermie seien geplant.
Wohnungsverein Hamburg vergibt alle drei Bauprojekte an einen Generalunternehmer
Alle drei Bauprojekte vergibt der Wohnungsverein Hamburg an einen Generalunternehmer, der Baustart ist an allen drei Orten für das Frühjahr vorgesehen. Vorher erfolgen im Februar die notwendigen Abrissarbeiten. Teilweise werden die bestehenden Gebäude noch für die Unterbringung von Geflüchteten genutzt, diese Nutzung läuft im Januar aus.
„Wir rechnen mit einer Bauzeit von einem Jahr, sodass alle drei Objekte im Frühjahr 2025 bezugsfertig sind“, erläutert das Vorstandsmitglied. Die Genossenschaft plant mit einer Investitionssumme von zwölf Millionen Euro.
Vergabe der preisgünstigen Wohnungen: Stadt hat das Vorschlagsrecht inne
Was die Vergabe der Neubauwohnungen angeht, sieht der Vertrag vor, dass die Stadt ein Vorschlagsrecht für die Belegung ausüben kann. Wer sich für eine der Wohnungen interessiert, kann sich im Rathaus der Stadt melden oder auf der Homepage des Wohnungsvereins Hamburg von 1902 registrieren.
Die Genossenschaft und die Stadt haben ihre Partnerschaft auf Dauer angelegt. „Mit dem Wohnungsverein Hamburg bekommen wir einen soliden und zuverlässigen Partner, der seit vielen Jahren in Hamburg großes Vertrauen genießt“ – das hatte Bürgermeisterin Christiane Küchenhof bei der Vertragsunterzeichnung gesagt.
Wohnungsverein Hamburg hatte sich bei der Stadt Schenefeld beworben
Der Wohnungsverein Hamburg von 1902 hatte sich bei der Stadt beworben, nachdem Vorstand Fehrmann aus einem Artikel des Abendblatts erfahren hatte, dass sich die Stadt von ihrem kommunalen Wohnungsbestand trennen will und dafür eine Genossenschaft als Übernehmer sucht.
Es folgte ein Konzeptvergabeverfahren, an dem sich mehrere Genossenschaften beteiligten und an dessen Ende der Wohnungsverein Hamburg den Zuschlag erhielt. Der hat inzwischen auch das ehemalige Postgebäude am Heisterweg von der Stadt gekauft, das aufwendig umgebaut werden soll. Dieses Projekt befindet sich noch im Planungsstadium.
- Immobilien: Für bezahlbare Mieten – Umland-Wohnungen an Hamburger verkauft
- Schenefeld: Flüchtlingsunterkünfte - Politik stoppt nun umstrittene Pläne
- Stadtzentrum Schenefeld hat jetzt ein Secondhandkaufhaus
Für die Mieter der verkauften Wohnanlagen, die nicht abgerissen werden, hat sich nichts geändert. Die Mieten wurden vom Wohnungsverein Hamburg vertragsgemäß nicht erhöht. Die Miethöhe und die Belegungsrechte durch die Stadt sind vertraglich abgesichert, hier hat die Genossenschaft weitreichende Zugeständnisse gemacht. Die Vereinbarungen gelten für bis zu 30 Jahre.
„Schenefeld liegt direkt vor den Toren Hamburgs, hat eine sehr gute Infrastruktur und einen hohen Freizeitwert. Das gefällt uns“, lobt Fehrmann den neuen Partner außerhalb der Hansestadt. Die Genossenschaft wurde vor 120 Jahren von Beamten der Stadt Hamburg gegründet, hat heute über 4000 Mitglieder und bewirtschaftet mit 25 Mitarbeitern 3000 eigene Wohnungen in Hamburg.
Genossenschaft hat seit der Jahrtausendwende mehr als 1000 Wohnungen gebaut
Im vorigen Jahr konnten 200 Neubauwohnungen an die Mitglieder übergeben werden. Die Durchschnittsmiete liegt bei knapp unter acht Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. In den vergangenen 19 Jahren wurden über 1000 neue Wohnungen gebaut, davon zwei Drittel als geförderte Sozialwohnungen. 2024 kommen in Schenefeld weiter 45 dazu.