Kreis Pinneberg. Pinneberger Kreistag entscheidet am Mittwoch über Gemeinschaftsunterkunft, um Kommunen zu entlasten. Was das den Kreis kosten würde.

Das ehemalige Krankenhaus in Wedel soll im nächsten Jahr erneut geflüchtete Menschen aufnehmen. Der Pinneberger Kreistag wird dies voraussichtlich am morgigen Mittwoch, 8. November, während der Beratung über den Nachtragshaushalt beschließen.

Eine deutliche Mehrheit zeichnet sich ab, dafür knapp fünf Millionen Euro im nächsten Jahr zur Verfügung zu stellen. „90 Prozent der Kosten trägt das Land“, sagt Kreispräsident Helmuth Ahrens.

Wedel: Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Krankenhaus kostet rund fünf Millionen Euro

Damit kommt die Politik einer eindringlichen Bitte nach, die Städte und Gemeinden schon seit Monaten an den Kreis gerichtet haben, um Spielraum bei der Unterbringung der Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber zu haben.

„Wir hätten uns das bereits für diesen Herbst gewünscht“, sagt Rellingens Bürgermeister Marc Trampe, der zugleich Kreisvorsitzender des Gemeindetages und Sprecher der Kommunen in dieser Angelegenheit ist. „Aber wir freuen uns, dass da nun Bewegung reinkommt und dies Grundlage eines Kreistagsbeschlusses werden soll.“

Rellingens Bürgermeister Marc Trampe: „Wir hätten uns das bereits für diesen Herbst gewünscht.“
Rellingens Bürgermeister Marc Trampe: „Wir hätten uns das bereits für diesen Herbst gewünscht.“ © Katja Engler | Katja Engler

Bis zu 100 geflüchtete Menschen sollen in der früheren Klinik untergebracht werden

Geplant ist, die leerstehende und vor drei Jahren stillgelegte Klinik in Wedel als vorübergehende Gemeinschaftsunterkunft für geflüchtete Menschen einzurichten. Bis zu 100 Personen sollen dort untergebracht werden. Wie lange die jeweilige Aufenthaltsdauer sein soll, steht noch nicht genau fest. Es ist von bis zu vier Wochen die Rede, bevor diese Geflüchteten wiederum auf die Kommunen verteilt werden sollen.

Die Städte, Amtsverwaltungen und Gemeinden, die akute Probleme haben, neue Flüchtlinge aufzunehmen, sollen diese Gemeinschaftsunterkunft des Kreises dann als erste Auffanglösung oder Puffer nutzen können, bis sie selbst wieder in der Lage sind, den Menschen Wohnraum zu verschaffen.

Schon von April bis Juni 2022 lebten ukrainische Flüchtlinge in der Ex-Klinik

Bereits von April bis Juni vorigen Jahres, unmittelbar nach Kriegsausbruch, diente das frühere Krankenhaus dem Kreis Pinneberg als Notunterkunft für die Geflüchteten aus der Ukraine. Bis zu 250 Menschen waren dort nach Angaben der Kreisverwaltung seinerzeit untergebracht.

Anders als damals soll es jetzt keine Erstaufnahmeeinrichtung sein, sondern nur eine Art Auffanglager für die Kommunen im Kreis, die keinerlei eigene Möglichkeiten mehr bei sich haben. Das dürfte vor allem den kleineren Gemeinden helfen, die nicht wie die größeren Städte ausreichend Wohnungen anmieten können.

Wedeler Krankenhausimmobilie wird an Kreis vermietet

Das ehemalige Krankenhaus in Wedel gehörte voriges Jahr noch den Regio Kliniken, an denen der Kreis zu 25 Prozent beteiligt ist. Inzwischen hat ein privater Investor die Immobilie erworben. Ursprünglich sollten dort wieder medizinische Dienstleistungen angeboten werden.

Doch der Eigentümer sei durchaus bereit, dem Kreis die Liegenschaft für die vorübergehende Flüchtlingsunterbringung gegen Zahlung eines bestimmten Mietpreises zur Verfügung zu stellen. „Wir sind da in guten Gesprächen“, sagt Kreissprecherin Katja Wohlers dazu.

Flüchtlinge: Die Lage hat sich für die Kommunen weiter verschärft

„Die Geflüchteten-Situation stellt die Kommunen im Kreis Pinneberg vor große Herausforderungen“, sagt sie weiter. Dies beträfe besonders die Frage der Unterbringung. Seit September sei die Zahl der Geflüchteten, die das Land den Kommunen im Kreis Pinneberg zuweise, noch einmal angestiegen. „Die Lage verschärft sich dadurch.“

So hat der Kreis Pinneberg seit Jahresbeginn 420 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sowie 795 Asylbewerber aus anderen Ländern aufgenommen. Im September waren es 60 Asylbewerber und 25 Ukrainer, im Oktober sogar 247 Asylbewerber und 36 Ukrainer und aktuell im November 58 Asylbewerber und 61 Ukrainer.

Zentrale Gemeinschaftsunterkunft soll die Kommunen entlasten

Der Kreis plane mit der temporären Gemeinschaftsunterkunft im ehemaligen Krankenhaus, um den Kommunen vor der dauerhaften Unterbringung einen zeitlichen Puffer zu verschaffen, so die Kreissprecherin weiter. „Die Kommunen würden einige Wochen mehr Zeit gewinnen, um Wohnraum für neu zugewiesene Geflüchtete zu finden und herzurichten.“

Eine sofortige Unterbringung, wie sich das Bürgermeister Trampe und andere Verwaltungschefs wünschen, ist aber wohl aus rechtlichen und finanziellen Vorgaben nicht möglich. So kann der Kreis den Mietvertrag mit dem Eigentümer erst dann unterzeichnen, wenn wiederum sein Nachtragshaushalt für das nächste Jahr vom Innenministerium genehmigt ist.

Das Deutsche Rote Kreuz ist als Betreiber der Unterkunft im Gespräch

Das gilt auch für die Vereinbarung mit dem Betreiber der Gemeinschaftsunterkunft. Dies soll eine der bekannten Hilfsorganisationen sein. Das Deutsche Rote Kreuz wird dabei von politischer Seite genannt. Zudem müssen das Gebäude und die Einrichtung für die Geflüchteten noch hergerichtet werden.

SPD-Fraktionschef Hans-Peter Stahl sagt: „Wir werden diese Gemeinschaftsunterkunft schaffen, weil sie notwendig ist und das Land 90 Prozent der Kosten übernehmen wird.“ 
SPD-Fraktionschef Hans-Peter Stahl sagt: „Wir werden diese Gemeinschaftsunterkunft schaffen, weil sie notwendig ist und das Land 90 Prozent der Kosten übernehmen wird.“  © SPD | [privat

Die Kreispolitik unterstützt diese Initiative und wird sie wohl so auch am Mittwochabend im Kreistag beschließen. SPD-Fraktionschef Hans-Peter Stahl sagt: „Wir werden diese Gemeinschaftsunterkunft schaffen, weil sie notwendig ist und das Land 90 Prozent der Kosten übernehmen wird.“

Wedeler Krankenhaus soll nur zur temporären Unterbringung dienen

Das Krankenhaus Wedel biete sich als temporäre Gemeinschaftsunterkunft an, weil es leer stehe und noch nicht weiter umgebaut sei. Der Kreis verfüge über keine anderen Liegenschaften, die dafür infrage kämen, wie es in anderen Kreisen zum Beispiel mit Kasernen der Fall sei, so Stahl.

Kreispräsident Ahrens (CDU) betont ausdrücklich, dass es sich um eine vorübergehende Unterbringung der geflüchteten Menschen handeln müsse. Wenn es dauerhaft wäre, müssten Fragen der Schulpflicht, der ärztlichen Versorgung oder der Kinderbetreuung geklärt sein. Dies aber solle weiterhin in den jeweiligen Städten und Gemeinden passieren. „So werden die Kommunen zeitlich entlastet.“

Kreispräsident Helmuth Ahrens: „So werden die Kommunen zeitlich entlastet.“
Kreispräsident Helmuth Ahrens: „So werden die Kommunen zeitlich entlastet.“ © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Die ersten Bewohner sollen im Frühjahr 2024 in die frühere Klinik einziehen

Die Kreisverwaltung geht davon aus, dass bis zum Frühjahr 2024 alle Voraussetzungen geschaffen und die ersten Geflüchteten dort untergebracht werden können. Neben den Kosten für die Miete müssen die Verpflegung der Bewohner, ein möglicher Wachdienst und der Betrieb durch die Hilfsorganisation finanziert werden. Das Land hat dazu bereits im März dieses Jahres in einer Verordnung seine Kostenbeteiligung zugesagt.

Darin heißt es, die Förderung gelte für temporäre kommunale Gemeinschaftsunterkünfte mit jeweils 50 bis 200 Plätzen. Und weiter: „Für notwendige, nicht über die Jobcenter bzw. Sozialleistungsträger abrechnungsfähige nachgewiesene Kosten wird nach Maßgabe der Förderrichtlinie eine Zuwendung im Verhältnis 90 (Land) zu 10 (Kommune) gewährt.“

Mehr zum Thema

Flüchtling: Kommunen bei Unterbringungen an der Grenze

Um den Städten und Gemeinden mehr Hilfestellung zu geben und ihren Notzustand bei der Unterbringung von geflüchteten Menschen besser einschätzen zu können, hat der Kreis vor einigen Monaten ein sogenanntes „Ampelsystem“ eingeführt.

Dafür melden die Kommunen monatlich an die Kreisverwaltung, wie die Situation an freien Wohnraumkapazitäten, Mitarbeitenden sowie freien Plätzen in Kitas, Schulen und Sprachkursen aktuell aussieht. Dieses System sollen inzwischen auch andere Kreise im Land übernommen haben. Für den Kreis Pinneberg gilt nach Aussage von Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg „Wir sind schon ziemlich rot.“