Pinneberg. Spitzenkoch Marc Ostermann hat im Hamburger Hotel Vier Jahreszeiten gelernt. Warum er jetzt im Cap Polonio in Pinneberg kocht.
Als Marc Ostermann im Jahr 2004 „nach Hause gekommen ist“, wie er es gern formuliert, wurde in der Pinneberger Gastrogeschichte ein neues Kapitel aufgeschlagen. Der damals 25 Jahre junge Mann, der in Pinnebergs erstem Haus am Platz, dem Hotel Cap Polonio, aufgewachsen ist, hatte sich den Traum vom eigenen Restaurant erfüllt. Zwar war das Cap immer schon ein Ort für gute Küche, aber Ostermann wollte dem Restaurant ein eigenes Gesicht geben und taufte es auf den Namen „Rolin“.
Heute ist Marc Ostermann 44 und ein überaus erfolgreicher, weit über die Grenzen Pinnebergs hinaus anerkannter Spitzenkoch. Regelmäßig wird seine Küche in den diversen Feinschmeckermagazinen erwähnt. Solide Handwerkskunst ohne großen Firlefanz – so beschreibt er seine Küche. „Regional ist erste Wahl“ lautet sein Credo.
Rolin: Marc Ostermann schätzt die kleinen, familiengeführten Betriebe
Und so arbeitet er mit Kruses Hofmilch aus Rellingen-Egenbüttel, einem Gänsehof in Neuendeich, einer Hofkäserei Richtung Husum und einem Bio-Bauern in Borstel-Hohenraden zusammen. Der pflanzt extra für ihn die alte Kartoffelsorte „Bamberger Hörnchen“, Brokkoli und Borretsch an. Die kleinen blauen Blüten des Borretsch‘ sind nicht nur essbar, sondern geben auch eine wunderschöne Dekoration auf vielen Gerichten ab.
Marc Ostermann schätzt die kleinen, familiengeführten Betriebe, die auf Produktqualität setzen. Der Bio-Bauer in Borstel-Hohenraden zum Beispiel krautet mit der Hand, anstatt Maschinen einzusetzen. Das schont den Boden und verbessert die Qualität der Pflanzen.
Pinneberger Spitzenkoch hat im Margaux am Pariser Platz in Berlin gearbeitet
Sein Handwerk gelernt hat Ostermann im Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg. 1996, als gerade mal 16-Jähriger, fing er dort an, nachdem er zuvor schon ein Praktikum in der Fünf-Sterne-Luxusherberge absolviert hatte. Dieses Praktikum bescherte ihm dann auch seinen Ausbildungsplatz, denn damals gab es 70 Bewerber auf eine Stelle.
1996 wurde gerade Michael Hoffmann Chefkoch im Haerlin, das zum Vier Jahreszeiten gehört. Hoffmann hatte schon beim Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann in München gearbeitet. Im Jahr 2000 ging Hoffmann nach Berlin und leitete das Margaux am Pariser Platz. Marc Ostermann nahm er gleich mit.
Küchenchef lernte bei renommierten Köchen in Hamburg und Berlin
Der durfte dafür sogar seinen Zivildienst in der Diätküche des Pinneberger Krankenhauses unterbrechen. In der Rekordzeit von sieben Monaten hätten Hoffmann und seine Crew im Margaux einen Stern erkocht, erinnert sich Ostermann. „Das war für mich die prägendste Zeit.“
Nach weiteren Stationen im Louis C. Jacob an der Elbchaussee bei Sternekoch Thomas Martin – in dem Haus hat Weltstar Robert Redford 2009 seine deutschstämmige Frau geheiratet – und im Hotel Atlantic, übernahm Ostermann schließlich das Restaurant im Cap Polonio.
Benannt ist das Rolin es nach dem Kapitän Ernst Rolin
Benannt ist es nach dem Kapitän Ernst Rolin, der als Flottenkommodore den Luxusdampfer „Cap Polonio“ steuerte. Dieses Flaggschiff der Reederei Hamburg Süd war das modernste und schönste Schiff der Handelsflotte. Es hatte drei Antriebsschrauben und war für die damalige Zeit – am 25. März 1914 bei Blohm & Voss vom Stapel gelaufen – ein sehr schnelles Schiff. Aber Krieg und die Weltwirtschaftskrise ließen die „Cap Polonio“ nicht mal zur Jungfernfahrt auslaufen.
Erst am 16. Februar 1922 verließ das Schiff, das mit Wintergarten, einer eigenen Bordgärtnerei mit Treibhäusern und einem überdachten Schwimmbad ausgestattet war, den Hamburger Hafen Richtung Südamerika. Weil es inzwischen ein schnelleres Schiff gab, kam die „Cap Polonio“ im Sommer 1935 zur Abwrackwerft nach Bremerhaven.
Das Hotel Cap Polonio hieß früher Hotel Stadt Hamburg
Aber ein gewisser Otto Olbers, der als Ingenieur auf dem Luxusdampfer gefahren war, wollte nicht tatenlos zusehen, wie das Schiff abgewrackt wird. Er ersteigerte einen Großteil des Interieurs und suchte ein Haus, in das er es einbauen konnte. In Pinneberg am Fahltskamp wurde er fündig.
Dort gab es das Hotel Stadt Hamburg, ein altes Fachwerkhaus, und hier ließ Olbers die Wandvertäfelungen im Restaurant und im großen Saal einbauen, ebenso wie die Decke des Schiffs, Rosettenlampen, eine Fensterverglasung, kleine Messingtische, Stühle, Sofas im Restaurant und viele andere Kleinigkeiten. Das Hotel nannte er Cap Polonio.
Dieser Otto Olbers ist der Begründer der Familiendynastie, die seit vier Generationen das Hotel Cap Polonio betreibt, denn er war der Urgroßvater von Marc Ostermann und seinem Cousin, dem heutigen Geschäftsführer Philipp Harder-Lobe (44). „Wir sind alle hier aufgewachsen“, erklärt der gelernte Hotelfachmann seine Liebe zum Gastgewerbe und zum Cap Polonio im Besonderen. Während seiner Schulzeit absolvierte Harder-Lobe auch mal ein Praktikum bei der Sparkasse – „ich war gut in Mathe“ –, aber die trockenen Zahlen lagen ihm dann doch nicht so.
Seit 2004 führt Philipp Harder-Lobe das Haus gemeinsam mit Kristiane Wulf
„Im Hotel sieht man jeden Tag andere Menschen, hört fremde Sprachen, begrüßt Stammgäste und kommt mit vielen Leuten ins Gespräch“, schwärmt er. Deshalb entschied er sich für eine Ausbildung im Hotel Maritim Reichshof am Hamburger Hauptbahnhof und studierte später, um seinen Hotelfachwirt zu machen.
Seit 2004 führt Harder-Lobe das 53-Zimmer-Haus gemeinsam mit Kristiane Wulf, geborene Harder, einer Schwester seiner Mutter Ute Harder-Lobe. Die Nachfolger vom Gründer Otto Olbers waren Hildegard und Hermann Harder, 1986 kamen in dritter Generation Ute Harder-Lobe, Michael und Marlies Ostermann, Roland und Heike Harder sowie Kristiane und der inzwischen verstorbene Kay Wulf ans Ruder.
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Übrigens: Als 2004 das Restaurant auf den Namen Rolin getauft wurde, lebten noch Enkelkinder von dem ehemaligen Kapitän Ernst Rolin, und sie waren auch bei der Namensgebung anwesend.
Nordseekrabben von Urthel
Exklusiv für unsere Abendblatt-Leser hat Marc Ostermann ein Rezept für eine Vorspeise verraten. Nordseekrabben von Urthel (das ist ein Fischfeinkostgeschäft in Friedrichskoog) mit Apfel, Sellerie und Haselnuss für vier Portionen.
250 Gramm Nordseekrabben sind hierfür nötig.
Zunächst muss man ein Dillöl ansetzen. Dazu 250 ml Rapsöl auf 50 Grad erhitzen und mit 150 Gramm Dill mixen. Durch ein Tuch oder einen Teefilter passieren und kaltstellen. Nun einen großen Apfel – Ostermann nimmt einen Red Prince – schälen und mit einem Kugelausstecher (22 mm) 20 Kugel ausstechen. Apfelkugeln direkt in das Dillöl geben.
Jetzt 100 ml Apfelsaft mit einem Esslöffel gutem Apfelessig und einem frischen Lorbeerblatt aufkochen und abkühlen lassen. Drei Esslöffel Tapiokaperlen in leicht gesalzenem Wasser simmern, bis sie glasig sind. Abgießen, kalt abspülen und in den Apfelsaftmix geben.
Jetzt einen Kräutersalat herstellen aus Sellerieblättchen, Kerbel, Dillspitzen und -blüten, Blutampfer, Frisée-Spitzen, jungen Erbsentrieben, Vogelmiere und Borretschblüten. Mit einer Marinade aus je einem Esslöffel Zitronensaft (am besten von einer unbehandelten Amalfi-Zitrone), Ahornsirup und Olivenöl vermengen.
Anschließend 200 Gramm Knollensellerie fein würfeln, mit Salz und einer Prise Zucker etwa 15 Minuten Saft ziehen lassen. 100 Gramm Sahne zugeben und in einem Topf mit Deckel 25 Minuten weich köcheln lassen. Sellerie fein pürieren, 40 Gramm braune Butter einmixen und mit Cayennepfeffer und einem Spritzer Zitronensaft abschmecken. Von dem Mix dünne Taler mit etwa 9 Zentimeter Durchmesser auf ein Backblech streichen und anschließen einfrieren.
40 Gramm Piemonteser Haselnusskerne rösten, grob hacken und mit etwas Fleur de sel würzen.
Nun wird angerichtet. Dazu auf jeden der vier Teller fünf Apfelkugeln und ein Viertel der Krabben so in die Runde legen, dass sie von einem Sellerietaler ganz bedeckt sind. Die marinierten Kräuter und Blüten locker darauf verteilen. Die abgetropften Tapiokaperlen mit Dillöl mischen und zwischen die Kräuter laufen lassen. Geröstete Haselnüsse darüber streuen und ein wenig Zitronenschale fein darüber reiben.
Guten Appetit!