Pinneberg. Aaron Hasenpusch ist Betreiber des Restaurants Klinker am Holi. Tipps bekam er von Opa, dem bisher einzigen Sternekoch der Region.

Der Sinn für gutes Essen liegt bei Familie Brett aus Pinneberg in den Genen. Bis heute, 17 Jahre nach seinem Tod, ist der gelernte Großhandelskaufmann Eberhard Brett der einzige Sternekoch im Kreis Pinneberg. Die gestrengen Gourmets des Guide Michelin waren von der erlesenen Küche des Autodidakten so überzeugt, dass sie ihm 1979 einen Michelin-Stern für seine „Wupperman’s Kochstube“ an der Moltkestraße verliehen.

Nicht nur die Brett-Tochter Michaela ist bei ihrem Vater in die Lehre gegangen und Köchin geworden, auch Enkelsohn Aaron Hasenpusch ist in „Ebis“ – wie er nicht nur in der Familie liebevoll genannt wird – Fußstapfen getreten und hat sich mittlerweile in der Hamburger Gastro-Szene einen Namen gemacht.

Restaurant Klinker hat einen guten Namen in der Hamburger Gastro-Szene

Gemeinsam mit dem Koch Marianus von Hörsten betreibt er das angesagte Restaurant Klinker an der Schlankreye und die Klinker Bar am Eppendorfer Weg. Seit Mai 2019 kommen im Klinker Vegetarier auf ihre Kosten. Zu 90 Prozent ist die kulinarisch raffinierte Küche, die Küchenchef Lennard Hoffmann verantwortet, fleisch- und fischlos.

Fisch gibt es sowieso nicht, weil der unter keinen Umständen nachhaltig aufgezogen werden kann, wie Hasenpusch anmerkt. Ebenso wird auf alle spanischen Produkte verzichtet, weil das Gemüse dort in riesigen Gewächshäusern kultiviert wird und enorm viel Wasser braucht.

Der Fokus sowohl im Klinker als auch in der Klinker Bar liegt auf saisonalem Gemüse. Damit es auch mal im Winter in Holunderessig eingelegten weißen Spargel geben kann, gibt es im Restaurant fast 3000 Weckgläser mit den verschiedensten Gemüsesorten.

Gemüse bezieht das Klinker vom Gut Haidehof in Wedel

Ihr Gemüse beziehen die Klinker-Betreiber unter anderem vom Gut Haidehof in Wedel. Dort werden die Felder ökologisch bewirtschaftet mit der sogenannten no-dig-Methode. Es wird nicht gepflügt, um die Struktur des Bodens nicht zu zerstören und so die Pflanzengesundheit zu unterstützen.

Aaron Hasenpusch verbindet Essen mit Erinnerungen.„Das kann eine einfache Pasta mit Scampi und Chilischoten sein, wie Opa sie immer in unseren Dänemark-Urlauben zubereitet hat.“
Aaron Hasenpusch verbindet Essen mit Erinnerungen.„Das kann eine einfache Pasta mit Scampi und Chilischoten sein, wie Opa sie immer in unseren Dänemark-Urlauben zubereitet hat.“ © Volker Renner

Nachhaltigkeit spielt für Hasenpusch und seine Mitstreiter eine große Rolle, deshalb soll es auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst angenehm zugehen. Am Wochenende ist frei! Das Klinker ist nur Montag bis Freitag ab 18 Uhr geöffnet. Ähnlich ist das Konzept in der Klinker Bar. Dort wird ausschließlich vegetarisch gekocht, und zwar Dienstag bis Freitag ab 18 Uhr und Sonnabend von 12 bis 18 Uhr.

Aaron Hasenpusch hat bei Marc Ostermann im Cap Polonio gelernt

In Pinneberg aufgewachsen und am Johannes-Brahms-Gymnasium zur Schule gegangen, hat Aaron Hasenpusch schon früh seine Freunde und Mitschüler bekocht und sich dann später entschieden, eine Ausbildung in Pinnebergs erstem Haus am Platz, dem Hotel Cap Polonio, zu machen. Bei Spitzenkoch Marc Ostermann, Chef des zum „Cap“ gehörenden Restaurants Rolin, hat Hasenpusch sein Handwerk gelernt und 2015 die Kochlehre als Jahrgangsbester von Hamburg und Schleswig-Holstein beendet.

Noch heute ist Marc Ostermann sein großes Vorbild. „Er hat mich am meisten geprägt.“ Nach Stationen in Südafrika und bei Tim Raue in Berlin hat sich der inzwischen 30-Jährige seinen Traum vom eigenen Restaurant verwirklicht.

Essen verbindet der Pinneberger Jung‘ mit Erinnerungen. „Das kann eine einfache Pasta mit Scampi und Chilischoten sein, wie Opa sie immer in unseren Dänemark-Urlauben zubereitet hat, oder sein Lammkarree mit Bohnen. Die Apfelpfannkuchen meiner Mutter sind auch legendär“, lobt Hasenpusch.

Die französische Küche versteht Aaron Hasenpusch als Hommage an die Klassik

Gerichte erzählen für ihn eine Geschichte. Zum Beispiel die von Ebis „Lotte auf Grenobler Art“. Die französische Stadt Grenoble liegt nicht am Meer, und in früheren Zeiten hat man versucht, Geruch und Geschmack vom nicht mehr so frischen Fisch mit kräftigen Beilagen zu übertünchen. „Opa hat schon in den 70er-Jahren Sachen entdeckt, die heute immer noch Bestand haben.“

Die französische Küche versteht Aaron Hasenpusch als Hommage an die Klassik, „und die wird – auch abseits der Trends – immer in den Köpfen der Küchenchefs bleiben.“

Der amerikanische Industrielle Herman Wupperman (1852-1898) errichtete die Kochschule im ausgehenden 19. Jahrhundert für die Frauen der Arbeiter in seinem modernen Emallierwerk.
Der amerikanische Industrielle Herman Wupperman (1852-1898) errichtete die Kochschule im ausgehenden 19. Jahrhundert für die Frauen der Arbeiter in seinem modernen Emallierwerk. © Stadtarchiv Pinneberg

Mit bodenständiger Küche mit französischen Anleihen hat sein Großvater Ebi in den 1970er-Jahren in der beschaulichen Kreisstadt Pinneberg für Furore gesorgt.

Aus der einstigen Kochschule, die der amerikanische Industrielle Herman Wupperman (1852-1898) im ausgehenden 19. Jahrhundert für die Frauen der Arbeiter in seinem modernen Emallierwerk einrichtete, hat Eberhard Brett 1977 „Wupperman’s Kochstube“ gemacht und bis 1982 betrieben. Das historische Gebäude wurde 2015 abgerissen, auf dem Areal entstanden Wohnungen.

Wupperman’s Kochstube: Eberhard Brett war seiner Zeit weit voraus

Unweit der Hochhäuser am Drosteipark, an der Moltkestraße, war das heute so oft postulierte „regional – saisonal“ für ihn schon vor mehr als 40 Jahren eine Selbstverständlichkeit. Ebi war seiner Zeit weit voraus. Legendär zum Beispiel seine legierte Sauerampfersuppe und auch das Kalbsbries mit Morcheln. Den Sauerampfer hat ein Rentner extra für ihn angebaut.

In Wupperman’s Kochstube“ an der Moltkestraße in Pinneberg unweit der Drostei gab es von 1977 bis 1982 bodenständige, regionale Küche mit französischen Anleihen. Im Jahr 2015 wurde das historische Gebäude abgerissen; auf dem Areal entstanden Wohnungen.
In Wupperman’s Kochstube“ an der Moltkestraße in Pinneberg unweit der Drostei gab es von 1977 bis 1982 bodenständige, regionale Küche mit französischen Anleihen. Im Jahr 2015 wurde das historische Gebäude abgerissen; auf dem Areal entstanden Wohnungen. © Michael Rahn

Angefangen hat alles mit einer Familienregel, die im Hause Brett unumstößlich war: dem gemeinsamen Frühstück jeden Sonntag um 11 Uhr. Da mussten natürlich auch die drei Kinder erscheinen, egal, ob sie zuvor gefeiert hatten und womöglich total verkatert waren. Außer einem klassischen Frühstück servierte Eberhard Brett regelmäßig auch ein warmes Gericht.

Pinneberg: Eberhard Brett macht sein Hobby zum Beruf

Ein Hobbykoch war Brett schon lange, sein Geld hat er als Geschäftsführer und Prokurist der Sanitär- und Eisenwarenfirma Arens (später Arens & Stitz) verdient. Gutes Geld.

Auch 17 Jahre nach seinem Tod ist Eberhard Brett immer noch der einzige Sternekoch, den es in Pinneberg je gab.
Auch 17 Jahre nach seinem Tod ist Eberhard Brett immer noch der einzige Sternekoch, den es in Pinneberg je gab. © Privat

Brett hatte ein Haus, ein schickes Auto, aber irgendwann hat er sich über den neuen Chef geärgert. Dann gab es auch noch Streit mit seiner Frau, und schließlich setzte er sich in seinen Bus und fuhr in den Süden. In Frankreich und Italien hat er auf dieser Reise in die Kochtöpfe geguckt und auch schon mal ein paar antiquarische Möbel gekauft. Als er zurück war, wollte er sein Hobby zum Beruf machen.

Das Pinneberger Publikum ereiferte sich über die „viel zu teuren Menüs“

„Wupperman’s Kochstube“ war ein echtes Juwel in der Kreisstadt. Auch Gäste aus den vornehmen Hamburger Elbvororten kamen hier regelmäßig zu Speis und Trank im edlen Ambiente bei klassischer Musik. Und das Pinneberger Publikum ereiferte sich über die „viel zu teuren Menüs“ – was einen angesichts heutiger Preise zum Schmunzeln bringt. 30 Mark kosteten Vorspeise, Zwischengericht, Hauptgericht und Nachspeise zu Beginn, später auch mal an die 50 Mark.

Übrigens: Da Eberhard Brett ja kein gelernter Koch war, durfte er auch nicht ausbilden. Um diese Klippe zu umschiffen, hat er einen Koch eingestellt und dann nicht nur seine Tochter Michaela ausgebildet, sondern auch den Pinneberger Rüdiger Meyer, der später Jahrzehnte lang erfolgreich war mit seinem „Wonnemeyer“ am Strand von Wennigstedt auf Sylt.