Elmshorn. Felix Nieder ist ein gefragtes Männermodel. Jetzt hat der Elmshorner ein Buch über sein Leben veröffentlicht. Darum geht es.

Einen enormen Erfahrungsschatz im Bereich Mobbing und Intoleranz hat der Elmshorner Felix Nieder in seiner eigenen Vergangenheit aufgebaut – aufbauen müssen. „In der Zeit von 12 bis so 18 Jahren haben andere Kinder und Jugendliche mich zum Beispiel Schwuchtel genannt. Und so etwas ist tagtäglich passiert“, sagt er.

Felix Nieder nennt es seine „dunkle Zeit“. Er sei regelmäßig von anderen Kids gefragt worden, ob er ein Mädchen sei, weil er sich schließlich wie ein Mädchen kleide – und auch so verhalte. Im Alter von zwölf Jahren sei sein schwules Ich gestorben.

Felix Nieder: Elmshorner bringt Buch heraus – „Als mein schwules Ich starb“

Heute ist der 30-Jährige eines der gefragtesten Männermodels Deutschlands, auf den Laufstegen der Welt zu Hause – zuletzt etwa auch bei der Berliner Fashionweek. Nieder bezeichnet sich selbst als genderfluides Model und spielt mit den Geschlechterrollen. Er trägt sowohl Männer- als auch Frauenkleidung.

Felix Nieder liest aus seinem Buch aus seinem Buch „Als mein schwules Ich starb“. Dabei trägt er ein Outfit des polnischen Designers Dawid Tomaszewski. Moderiert wurde die Buchpräsentation von Miyabi Kawai.
Felix Nieder liest aus seinem Buch aus seinem Buch „Als mein schwules Ich starb“. Dabei trägt er ein Outfit des polnischen Designers Dawid Tomaszewski. Moderiert wurde die Buchpräsentation von Miyabi Kawai. © Uwe Erensmann

Er könnte seine persönlich belastenden Erlebnisse aus der Jugend auch einfach ruhen lassen. Aber Felix Nieder redet nicht nur gern, er hat auch wirklich etwas zu sagen. Er möchte für ein Umdenken in der Gesellschaft sorgen. Am 2. August ist sein Buch „Als mein schwules Ich starb“ erschienen.

LGBTQ-Buchprojekt: Top-Model hat sich die letzten sieben Monate Zeit genommen

„Ich habe die letzten sieben Monate ausschließlich Zeit in dieses Buch-Projekt investiert, nachdem 2022 das Vollgas-Modeln angesagt war“, sagt Nieder. Erst einmal habe er Zeit gebracht, um herunterzukommen und die Gedanken zu ordnen.

„Mir persönlich ist es wichtig, mit diesem Buch etwas in der Gesellschaft zu erreichen. Es geht um Toleranz und die Bewegung in der Gesellschaft“, sagt Nieder. Natürlich sei die Veröffentlichung in der Pride-Week und vor dem Christopher Street Day (CSD) in Hamburg am Sonnabend, 5. August, als „Regenbogenbuch“ bewusst gewählt worden.

Nieders Buch: Es gibt erheiternde Passagen – aber die Aussage stimmt nachdenklich

Doch neben durchaus erheiternden Passagen, in denen es um Küsse zwischen Männern oder auch den Geschlechtsakt geht, liegt der Fokus klar auf dem ernsten Hintergrund. Dem nicht nachvollziehbaren Problem, das Menschen mit der sexuellen Orientierung anderer haben.

Felix Nieder ist eines der meistgebuchten Männermodels Deutschlands.
Felix Nieder ist eines der meistgebuchten Männermodels Deutschlands. © Felix Nieder

„Auch ich habe früher mein ,Ich’ unterdrückt und es somit einfach sterben lassen“, so der Elmshorner. Der Inhalt des Buches sei jedoch universell erleb- und übertragbar. „Es geht darum, Träume sterben zu lassen. Und jeder hat doch schon einmal einen davon aufgeben müssen“, so Nieder.

Eine Mama, die ihren beruflichen Traumjob aufgrund familiärer Verpflichtungen nicht machen könne. Oder Nieders Oma Waltraud, die TikTok-Videos dreht, wollte einst Sängerin werden – doch ihre Mutter habe ihr das untersagt.

Die gesellschaftliche Botschaft: „Lasst euch nicht konditionieren“

Nieders Botschaft ist: „Lasst euch nicht konditionieren!“ Der Elmshorner möchte dafür sorgen, dass „sich das innere Kind wieder mit einem versöhnt und eine Gesamtperson entsteht“. Jeder solle das frei ausleben, was er selbst gern möchte.

„Als mein schwules Ich starb“ von Felix Nieder.
„Als mein schwules Ich starb“ von Felix Nieder. © Komplett-Media

Wie ist denn überhaupt seine Leidenschaft für das Schreiben entstanden? „Ich habe in meiner Zeit in Los Angeles zwischen 2016 und 2019 damit angefangen. Ich hatte dort Liebesbeziehungen zu Männern und natürlich echten Herzschmerz. Da habe ich Gedichte geschrieben“, sagt Nieder.

Eigentlich wollte Felix Nieder gern Gedichte veröffentlichen

Sein Verlag Komplett-Media habe ihm dann jedoch mehr oder weniger schonend beigebracht, dass Gedichte in aktuellen Zeiten mutmaßlich keine Verkaufsschlager werden würden und er diese Themen doch eher mit seiner eigenen Geschichte verknüpfen müsste. Dann nahm das Projekt allmählich Formen an.

Felix Nieder, der 2013 sein Abitur an der Elsa-Brändström-Schule absolvierte, sieht sich auf einer Mission und möchte mit hohem Einsatz für die Rechte der LGBTQ-Bewegung einstehen – und etwas erreichen sowie Denkanstöße geben. „Auf meiner Buchpräsentation wurde bei den vorgelesenen Passagen sogar geweint, bei einigen aber auch gelacht. Es war also sehr emotional“, sagt das Model.

Annina Semmelhaack schaute bei der Buchpräsentation des Elmshorners vorbei

Dass ihm das Thema Diversität am Herzen liegt, zeigt sich auch an Nieders Vehemenz. Er lässt nicht andere machen, sondern packt stets selbst tatkräftig an: Für das Event habe er vorab intensiv die Sponsoren- und Werbetrommel gerührt, Gäste eingeladen – und sich nicht, wie sonst laut Nieder eher üblich, als Autor pünktlich zu Beginn erst auf der Bühne erstmalig sehen lassen.

Annina Semmelhaack auf der Buchpräsentation von Felix Nieder.
Annina Semmelhaack auf der Buchpräsentation von Felix Nieder. © Uwe Erensmann | André Arndt

Die Präsentation seines Buches war dann eingebettet in eine Modenschau. Dazu trug Nieder kurze Passagen in den Räumen der Privatbank Donner & Reuschel vor gut 60 Gästen vor.

Nieder möchte mit seinem Buch etwas verändern

Auch die Elmshorner FDP-Politikerin Annina Semmelhaack war da. Zudem gab es Diskussionsrunden mit Gästen auf der Bühne zu den Themen Diversität, Homophobie und Vielfalt.

Hat sich seit Erscheinen des Buches für ihn bereits etwas geändert? „Es ist schon merkwürdig und neu, dass ich jetzt sogar Autogramme gebe. Das ist mir als Model bisher nicht so häufig passiert. Mit dem Buch habe ich mir da schon ein anderes Image geschaffen“, meint der Elmshorner.

Beim Internet-Händler Amazon war das Werk am Freitag, 4. August, bereits in den Top 30 zu finden. In den kommenden eineinhalb Monaten wird Felix Nieder nun sein Buch bewerben – und auch in Talkshows bundesweit Präsenz zeigen.

In der NDR-Talkshow mit den Moderatoren Bettina Tietjen und Hubertus Meyer-Burckhardt ist er am Freitag, 18. August, zu Gast (22 Uhr).

Weitere Informationen: https://www.komplett-media.de/de_als-mein-schwules-ich-starb_200641.html