Pinneberg. Es hätte schon vor Monaten Niederschlag geben müssen. Ob der Regen die Trockenheit ausgleichen konnte und wieso Bauern ihn beklagen.
„Echt ein Schietwedder, oder?“ – „Na ja, wenigstens die Natur freut sich.“ Das ist ein Schnack, der sich in den vergangenen Tagen vielfach belauschen ließ, ja in den womöglich ein fast jeder selbst verwickelt war. Aber stimmt das überhaupt?
Wie sehr die Pflanzen und dürregeplagten Böden im Kreis Pinneberg vom anhaltenden Regen wirklich profitieren und warum mancher, der sich monatelang nach Schauern sehnte, kaum glücklich über den Niederschlag ist, hat das Abendblatt nachgefragt.
Dauerregen in Pinneberg: Pflanzen profitieren – doch ist das nachhaltig?
58,7 Liter pro Quadratmeter – so viel Regenwasser ist laut dem Deutschen Wetterdienst in den vergangenen sieben Tagen an der Messstation Quickborn heruntergekommen. Zum Vergleich: Im ganzen Monat Juni, der viel zu trocken war, hat die Station nur 22,1 Liter Regenwasser pro Quadratmeter gemessen.
Doch reichen diese Wassermassen, um die Trockenheit der vergangenen Monate wettzumachen? „Ein Blick nach draußen und in die Gärten zeigt, dass die Pflanzen aktuell von dem Regen profitieren“, sagt Irmi Weber, Sprecherin des Kreises Pinneberg. „Inwieweit das nachhaltig ist, wird sich zeigen.“
Böden messbar feuchter, doch Versiegelung verhindert Versickerung
Die Bodenfeuchte sei jedenfalls messbar angestiegen, lässt Weber mitteilen. Das sollte dem Pflanzenwachstum helfen, solange der Regen versickern könne und nicht oberflächlich abfließe. Versickern ist hier das Stichwort. Schließlich werden immer mehr Flächen im Kreis versiegelt, täglich ganze 2900 Quadratmeter. Das macht es dem Wasser oft unmöglich, schnell genug abzufließen.
Und darunter leiden im schlechtesten Fall nicht nur die Pflanzen. In Uetersen stand vor wenigen Tagen die Innenstadt unter Wasser, Geschäfte mussten um ihre Waren fürchten – schuld daran war großflächige Versiegelung.
Landwirte in Pinneberg geplagt vom Schmuddelwetter
Obwohl die Regengüsse das Pflanzenwachstum ankurbeln, sehen sich die Landwirte im Kreis derzeit eher geplagt vom Schmuddelwetter. Wieso, erzählt Ida Sieh, Geschäftsführerin des Kreisbauernverbandes Steinburg. Sieh vertritt derzeit den Geschäftsführer des Pinneberger Verbandes, Peer Jensen-Nissen.
„Noch im Juni hatten wir die Sorge, dass das Getreide in die Notreife geht“, sagt die Agrarwissenschaftlerin. Notreife, das bezeichne den Zustand, wenn die Pflanzen ihr Wachstum stoppen und abtrocknen, weil sie in einem bestimmten Stadium unter zu viel Trockenstress litten. „Den Regen haben wir vor zwei Monaten herbeigesehnt“, so Sieh. „Jetzt ist es aber leider viel zu viel, und auch einfach zu kontinuierlich.“
Sorge um Getreideernte: „Wird dann eher Fütterqualität haben“
Jeder trockene Tag, an dem die Landwirte ihre nasser und nasser werdende Ernte einholen können, ist wertvoll, erzählt Sieh. Denn aufgrund des Regens sind einerseits viele Flächen kaum noch befahrbar, und andererseits ist es technisch aufwendig, feuchtes Getreide zu ernten sowie teuer, es anschließend zu trocknen.
Doch das ist notwendig, denn „Feuchtigkeit in den Beständen führt dazu, dass das Korn Qualitätsverluste erfährt oder sogar fault“, sagt Sieh. „Wir werden in diesem Jahr wohl nicht allzu viel Brotweizen ernten können. Das wird dann eher Fütterqualität haben.“
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Regnet es in Pinneberg jetzt sieben Wochen lang?
Abgesehen von der Getreideernte beklagt Sieh die Folgen der Regengüsse für Rapsfelder. Denn die Schoten der Energiepflanze würden nun vielfach aufplatzen und die Rapssamen, aus denen eigentlich Öl gepresst werden soll, fielen heraus. Gut vertragen könne den Regen wiederum das Grünland und auch der Mais erfahre aufgrund der Witterung vermutlich keinen Schaden – wenigstens.
Sieh und ihre Kollegen hoffen nun auf ein baldiges Ende der Regenzeit. Die Siebenschläfer-Regel, die sich in diesem Jahr bislang bewahrheitet, verheißt jedoch nichts Gutes. Es heißt immerhin: „Wenn’s am Siebenschläfer gießt, sieben Wochen Regen fließt.“ Und um den besagten Siebenschläfertag, 27. Juni, war das Wetter tatsächlich eher durchwachsen.