Kreis Pinneberg. SPD sieht Vertragsverletzung im Kreis Pinneberg. Doch gegen die Vergabe an den neuen Entsorger vorzugehen, ist wohl nicht möglich.

Der Wechsel der Gelben Tonnen im Kreis Pinneberg ist ein schier nicht enden wollendes Ärgernis für viele Bürgerinnen und Bürger. Bis vor zwei Wochen fehlten noch in 30 Orten des Kreises Pinneberg die neuen Abfallbehälter.

Vielerorts mussten die Kunden des neuen Entsorgungsunternehmens RMG zeitweise wieder auf Gelbe Säcke zurückgreifen, weil die neuen Tonnen fehlten. Die Geduld vieler Menschen wurde und wird bei diesem Thema auf eine harte Probe gestellt.

Gelbe Tonne: Kritik an „privatisierter Rechtsprechung“

Die SPD-Fraktion im Pinneberger Kreistag wollte daher von der Verwaltung wissen, was der alte, ausgebootete Entsorger GAB, der Kreis Pinneberg und die Bürgerinnen und Bürger tun könnten? Konkret: Welche rechtlichen Möglichkeiten es gebe, ein sogenanntes Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Ausschreibung auf den Weg zu bringen.

Die Antwort: keine. In einer Mitteilung der SPD-Kreistagsfraktion fasst Fraktionschef Hans-Peter Stahl die Antwort des Kreises auf die Anfrage seiner Partei zusammen. Stahl spricht darin von einer „Privatisierung der Rechtssprechung“ und stellt die Frage, ob dies mit dem Grundgesetz überhaupt vereinbar sei.

Kreis Pinneberg: Viele Menschen wütend über Wechsel der Gelben Tonnen

Den Ärger, den die Ausschreibung der Gelben Tonnen im Kreis Pinneberg mit dem Zuschlag an den Entsorger RMG hervorgerufen hat, konnte wohl kaum jemand voraussehen. Dennoch zeigen die Sozialdemokraten Verständnis für die Wut der Bürgerinnen und Bürger.

„Die Bürgerinnen und Bürger sind zu Recht empört, weil weder die vertraglichen Bestimmungen eingehalten worden sind noch die angezeigten Mängel gegenüber Belland als Vertreter der Systeme und Auftraggeber von RMG etwas bewirkt hätten“, heißt es von der Kreis-SPD.

SPD: Verfahren ist verfassungsrechtlich bedenklich

Über die Anfrage an den Kreis habe die SPD in Erfahrung bringen wollen, ob es möglich sei, bei den „offensichtlichen Mängeln in der Aufgabenwahrnehmung und -durchführung durch die RMG“ die erforderlichen Schritte für eine Neuausschreibung einzuleiten.

Die Antwort der Verwaltung sei „verblüffend und verfassungsrechtlich bedenklich“. Denn: Eine freie Auftragsvergabe sei nicht vorgesehen. Vielmehr werde die Durchführung des Ausschreibungsverfahrens durch ein einzelnes System, in diesem Fall Belland Vision, eigenverantwortlich geregelt.

Gelbe Tonne: Wie lief das Vergabeverfahren ab?

Das öffentliche Vergaberecht finde in diesem Fall keine Anwendung, heißt es von der Verwaltung, weil es sich bei den Systemen des Dualen Systems nicht um öffentliche Auftraggeber handele. Man habe es mit einer privatrechtlich durchgeführten Auftragsvergabe zu tun.

Die Ausschreibung sei vom Betreiber der elektronischen Ausschreibungsplattform durchgeführt worden. Dieser sichte und bewerte die eingegangenen Angebote und ermittele das preislich günstigste Angebot. Das würde dann an den Auftraggeber Belland Vision übermittelt.

Gelbe Tonne: „ordentlicher Rechtsweg ausgeschlossen“

Belland Vision habe nur Einblick in dieses Angebot und könne nur noch prüfen, ob dies die festgelegten Eignungskriterien erfülle. Die Überprüfung der Ausschreibung und die Zuschlagsentscheidung erfolge durch ein privates Schiedsgericht. Diese Aussagen beziehen sich allesamt auf Paragraf 23 des Verpackungsgesetztes.

Für Hans-Peter Stahl ist damit klar, „dass die Regelungen des §23 des Verpackungsgesetzes den ordentlichen Rechtsweg ausschließen.“ Er spricht von einer „Privatisierung der Rechtssprechung“. Die Sammlung und Entsorgung von Verpackungsabfällen sei aus der öffentlichen Daseinsvorsorge herausgenommen worden.

Kreis, GAB und Bürger haben keine rechtliche Handhabe

Das erkläre, so Stahl, warum der neue Entsorger RMG auf die Proteste der Bürgerinnen und Bürger so gelassen reagiere, warum trotz mehrfacher Aufforderung getroffene Regelungen nicht eingehalten wurden und warum Belland Vision als Systembetreiber nicht zu erkennen gegeben habe, ob er in dieser Angelegenheit überhaupt tätig geworden sei.

Der Kreis Pinneberg habe als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger überhaupt keine Eingriffsmöglichkeiten, so Stahl. „Weil der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen ist, haben weder die Bürgerinnen und Bürger, noch der Kreis Pinneberg oder die GAB die Möglichkeit, auf gerichtlichem Wege gegen die Vertragsverletzungen vorzugehen.“

Gelbe Tonne: Bis Ostern sollen alle Abfallbehälter ausgeliefert sein

Für die Kreis-SPD ist klar: „Die Privatisierung führt dazu, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger eingeschränkt werden.“ Und das führt für die Sozialdemokraten wiederum zu der Frage, ob so eine „Privatisierung der Rechtsprechung“ mit dem Grundgesetz vereinbar sei.

RMG hat derweil angekündigt, dass bis Ostern alle fehlenden Gelben Tonnen ausgeliefert werden soll. Bis dahin bleiben nur noch wenige Tage. Die GAB hatte ihre 80.000 Abfallbehälter Mitte März vollständig eingesammelt.