Kreis Pinneberg. Viele Bürger sind genervt, dass sie nun wieder mit gelben Säcken entsorgen müssen. Ex-Entsorger GAB wehrt sich gegen Vorwürfe.

Das Chaos bei der Entsorgung des Verpackungsabfalls im Kreis Pinneberg geht weiter – und der Ärger bei den betroffenen rund 80.000 Haushalten nimmt zu. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger sind genervt, weil ihnen der neue private Dienstleister, die RMG Rohstoffmanagement GmbH aus Hessen, noch keine Gelben Tonnen ausgeliefert hat. Sie müssen bis auf weiteres ihren Plastikmüll wieder in gelben oder andersfarbigen Säcken entsorgen. Wie lange ist völlig unklar.

Kreis Pinneberg: Chaos beim Austausch der Gelben Tonnen

Unterdessen wehrt sich die ausgebootete Gesellschaft für Abfallentsorgung, GAB-Umweltservice, die seit dem 1. Januar nicht mehr für die Gelben Tonnen zuständig ist, gegen Anfeindungen, sie sei für die Ärgernisse verantwortlich. Die GAB müsse ihre alten Behälter nun einziehen, „weil der scheidende Auftragnehmer der Dualen Systeme dazu vertraglich verpflichtet ist“, sagt GAB-Sprecher Julian Jenkel. „Für die Sammlung der Leichtverpackungen mittels Gelber Tonne und die Entsorgungssicherheit insgesamt ist die durch den Systembetreiber BellandVision beauftragte Firma RMG verantwortlich.“

Für manche Bürger bleibt das völlig unverständlich. Wie Rainer Müller-Broders aus Haseldorf wundern sie sich, dass Landrätin Elfi Heesch als Verantwortliche für den Kreis Pinneberg, der 51 Prozent der Gesellschaftsanteile der GAB hält, nicht eingegriffen und die Probleme moderiert hat. Bis heute seien seine Schreiben an die Landrätin nicht beantwortet worden, ärgert sich der Bürger aus Haseldorf über „die Ignoranz der Landrätin“.

Viele Bürgerinnen und Bürger warten immer noch auf die neuen Tonnen

Eine andere Bürgerin aus Rellingen, die wie Müller-Broders bis heute keine neue gelbe Tonne von RMG bekommen hat, wundert sich, dass kein Experte in die Verhandlungen zwischen GAB und RMG eingeschaltet worden sei, der „erfolgreich im Vermitteln“ gewesen wäre. „So viel Geld, Personal und Bürokratie“ sei für zusätzliche Umweltbelastung aufgewendet worden, um unnötigerweise 80.000 Tonnen auszutauschen, weil sich GAB und RMG nicht einig werden konnten. Ihren Namen möchte die Rellingerin aber nicht in der Zeitung lesen.

Henry Stümer: „Auf den Straßen in Tornesch herrscht ein ziemliches Chaos.“ Er hat noch keine neue Tonne.
Henry Stümer: „Auf den Straßen in Tornesch herrscht ein ziemliches Chaos.“ Er hat noch keine neue Tonne. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Ähnlich sieht es Henry Stümer in Tornesch, der jetzt seinen Verpackungsmüll wieder in gelbe Säcke stecken muss. „Ich finde das so was von peinlich, dass sich die beiden Firmen nicht über einen vernünftigen Preis einig werden konnten.“ Die Tonnen, die die GAB seit 2020 verteilt hat, hätten sicher noch einen gewissen Restwert, der aber durch die Abschreibung genau zu bestimmen sei, ist Stümer überzeugt.

GAB und RMG konnten sich „aus wirtschaftlichen Gründen“ nicht einigen

GAB-Sprecher Jenkel dagegen betont, dass eine Einigung mit RMG immer wieder „aus wirtschaftlichen Gründen“ nicht zu erzielen gewesen sei, ohne genaue Zahlen nennen zu wollen. Er beschreibt noch einmal den genauen Hergang der Umstellung. Danach habe RMG zunächst die GAB als Subunternehmer zu erheblich niedrigeren Preisen als bisher einsetzen wollen. Das habe die GAB abgelehnt.

Dann habe RMG die Tonnen von der GAB „für einen Übergangszeitraum kostenneutral“ übernehmen wollen. „Das lehnte GAB Umwelt Service selbstverständlich auch aus wirtschaftlichen Gründen ab“, so Jenkel. Selbst ein nachgebessertes Angebot als Kauf mit Rückkaufoption zu „einem wirtschaftlich nicht akzeptablen Preis“ brachte keine Annäherung, so Jenkel weiter.

Denn: „Die erst 2020 eingeführten Tonnen sind quasi wie neu und längst noch nicht abgeschrieben, außerdem voll funktionstüchtig. Während der gesamten Verhandlungen wurde GAB Umwelt Service kein Kaufangebot unterbreitet, welches dem tatsächlichen Zeitwert der Tonnen entspricht.“

Kreis Pinneberg: Austausch der Gelben Tonnen verläuft holperig

Zuletzt habe die GAB der RMG das Angebot unterbreitet, „dass in der Übergangszeit die Tonnen gegenseitig geleert werden“, erklärt Jenkel. Das hätte bedeutet, dass die GAB alle Behälter bis zum Jahresende, auch die neuen von RMG, und ab Januar RMG wiederum alle Gelben Tonnen, auch die alten der GAB, geleert hätte. Auch dazu sei das Unternehmen aus Hessen nicht bereit gewesen, so Jenkel. „Diese Vereinbarung wurde von der Firma RMG in diversen Passagen kritisch betrachtet.“ RMG habe dazu einen Vertragsentwurf mit gänzlich neuen Inhalten präsentiert, der keine „verpflichtende Option“ für RMG vorgesehen habe.

Darum wehrt sich Jenkel auch dagegen, dass die GAB den Müllwerkern von RMG verboten habe, ihre Tonnen zu leeren. Dazu sagt Lisa Bohm, die offenbar in dem Ortsteil von Rellingen wohnt, wo RMG bereits neue Tonnen ausgeteilt hat. Sie sei rechtzeitig von der GAB per Mail über den anstehenden Tonnen-Austausch informiert worden. Und auf der alten Tonne habe die GAB Ende Dezember den Aufkleber hinterlassen: „Dieser Behälter wurde heute das letzte Mal geleert, bitte nicht mehr befüllen.“ Sie habe sich auf den Wechsel also gut einstellen können, sagt die Rellingerin.

Kreis Pinneberg: Wohl zwei Drittel der Haushalte ohne neue Gelbe Tonne

Vom neuen Dienstleister RMG ist dazu keine weitere Stellungnahme zu erhalten. Das Unternehmen teilt auch nicht mit, wie viele Tonnen bereits ausgeliefert worden sind und wie viele noch nicht. Stattdessen verweist es auf seine Homepage dazu. Dort sind die neun Stellen in den Rathäusern und Amtsverwaltungen – zum Teil falschen Bezeichnungen – benannt, wo betroffene Bürger kostenlos gelbe Säcke bekommen sollen. Demnach sind fast die Hälfte der Kommunen im Kreis Pinneberg vom Gelbe-Tonnen-Verzug betroffen, der Einwohnerzahl nach dürften etwa zwei Drittel der Haushalte im Kreis Pinneberg ohne neue Tonne sein.

Uetersens Bürgermeister Dirk Woschei sagt dazu: „Wir verteilen im Rathaus seit Jahresbeginn kartonweise gelbe Säcke an unsere Bürgerinnen und Bürger.“ Der Bedarf sei enorm. „Aber wir müssen das hinnehmen. Dafür ist das Duale System verantwortlich, in das niemand Einblick hat“, sagt Woschei. „Wenn das die öffentliche Hand zu verantworten gehabt hätte, hätten wir uns aber was anhören müssen.“

Bernd Amsberg in Tornesch muss seine Verpackungsabfälle wieder in gelben Säcken entsorgen.
Bernd Amsberg in Tornesch muss seine Verpackungsabfälle wieder in gelben Säcken entsorgen. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

In Tornesch hat Bernd Amsberg noch die letzte Rolle mit gelben Säcken abbekommen, wie er sagt. „Immerhin die Entsorgung in der ersten Januarwoche hat gut geklappt“, sagt er. „Aber umweltmäßig ist es natürlich misslich, das wir jetzt wieder gelbe Säcke entsorgen müssen.“