Pinneberg. Die Ausstellung „Pusteblume und Plastikfisch“ wird Sonntag eröffnet. Mit dabei: ein Maler aus Holm und eine Künstlerin aus Tornesch.
Wie fragil ist unser Ökosystem? Wie gehen wir mit kostbaren Ressourcen um? Und was bedeutet deren ungleiche Verteilung für den Weltfrieden? Es sind die ganz großen Fragen, mit denen sich Elke Werner und Günther Baechler von diesem Sonntag an in ihrer Ausstellung „Pusteblume und Plastikfisch“ auseinandersetzen.
Die Schau ist vom 2. April bis zum 14. Mai in der Pinneberger Drostei zu sehen – mit 16 großformatigen Malereien von Günther Baechler sowie etwa 30 Wachsassemblagen und Objekten von Elke Werner.
Drostei in Pinneberg zeigt Werke von Elke Werner und Günther Baechler
„Im Lauf der Zeit habe ich gelernt, dass selbst inmitten der schlimmsten Katastrophe und des schmerzhaftesten bewaffneten Konflikts immer Platz für das Gute ist“, sagt Günther Baechler, der lange Zeit im Diplomatischen Dienst arbeitete. Erst nach seinem aktiven Berufsleben fand er wieder zur Malerei.
Günther Baechler studierte in den 70er-Jahren Kunst und Kunstpädagogik an der Kunsthochschule Basel. Nach ersten Berufsjahren schloss er ein Studium für Politikwissenschaften, Geschichte und Internationale Beziehungen in Berlin an und widmete sein Leben fortan dem Diplomatischen Dienst.
Für das Schweizer Außenministerium baute er die Fachabteilung „Konfliktprävention und Transformation“ auf, eine Tätigkeit, die ihn praktisch in alle Regionen der Welt führte. Dass die ungleiche Verteilung von Süßwasser zu Konflikten führen wird, konnte er beobachten und hat diese Entwicklung bereits 1996 in seiner Dissertation thematisiert.
„Seine großformatigen Bilder enthalten biografische Spuren“, sagt Stefanie Fricke, künstlerische Leiterin in der Drostei. „Die tiefen Risse und Verletzungen, die Menschen sich gegenseitig und ihrer Umgebung zufügen, prägen seine Bildsprache und legen Wunden offen, ohne dabei jedoch Hoffnungslosigkeit zu transportieren.“
Ausstellung in Pinneberger Drostei stellt Natur und Umwelt in Mittelpunkt
Baechler geht es aber nicht darum, das Hässliche oder Abgründe in den Vordergrund zu rücken. „Mit meinen Arbeiten möchte ich die Vielfalt und Schönheit unserer Erde ausdrücken. Wertschätzung und Schutz sind für mich beides: Inspiration und Aufgabe“, sagt Baechler, der mit seiner Frau Maren Haartje den Kunsthof Holm führt. Die ausgestellten Werke sollen Fragen aufwerfen, Emotionen hervorrufen.
Aus der Vogelperspektive betrachtet löst sich die Landschaft in Elemente von Erdstrukturen auf. „Ich würde es dementsprechend eher als Erdschaft denn als Landschaft bezeichnen“, sagt der Maler mit Schweizer Wurzeln. Während Landstriche durch den Klimawandel austrocknen, steigen an anderer Stelle die Meeresspiegel und die Gletscher schmelzen. Auch findet Ausdruck in seinen Bildern.
Es führt dazu, dass Menschen aus ihrer Heimat fliehen. In seinem großformatigen Bild „Mare Nostrum“ mag der Betrachter auf dem ersten Blick einen bunten Fisch sehen, auf dem zweiten ein überfülltes Flüchtlingsboot auf offener See.
Baechler verwendet natürliche Materialien wie Sand, Steine und Holz. Sie geben den Bildern Struktur, verbinden Form und Farbe. „Das Stroh, die Steine, die Holzstücke und das Rot des Sandes rufen das Bild einer stark übernutzten und degradierten Erde hervor“, sagt Baechler.
Elke Werner verarbeitet filigrane Naturfundstücke in ihrer Kunst
Auch Elke Werner, die mit ihrer Familie in Tornesch lebt, verarbeitet in der Natur Gefundenes in ihrer Kunst. Sie entdeckte 2002 den künstlerisch-kreativen Weg für sich. Autodidaktisch begann sie, mit verschiedenen Materialien und Techniken zu experimentieren. „Seither hat sie ihr Können in beeindruckender Weise konstant und professionell weiterentwickelt“, sagt Stefanie Fricke.
Auch Elke Werners Thema ist der Wandel in der Natur. „Ihren filigranen Assemblagen wohnt eine Verletzlichkeit inne, die sich ohne Weiteres auf unsere Umwelt übertragen lässt“, sagt Fricke. Aber auch Elke Werner geht es nicht darum, zu verstören. „Ihre Werke haben nichts Dystopisches, im Gegenteil: Sie rühren uns an und appellieren so an unseren Beschützerinstinkt.“
„Das gefundene Naturstück ist durch seine Form und Farbe schon ein Kunstwerk für sich“, so die Künstlerin. Sie bearbeitet es mit verschiedenen Techniken wie Acrylmalerei, Gipsarbeiten, Spachteltechniken und Metallfarbe mit Patina. Damit hebt sie den ästhetischen Ausdruck des Naturstückes hervor und seine Fragilität.
Ausstellung „Pusteblume und Plastikfisch“ in Pinneberger Drostei stimmt nachdenklich
Für ihre Objekte verwendet die Künstlerin gerne zarte Pflanzen, wie zum Beispiel die flüchtige Pusteblume, das vom Wind und Wetter ausgewaschene fragile Gerippe der Lampionblume oder die Blätter der Silbertalerpflanze. Durch verschiedene Arbeitstechniken – die sie im Detail nicht verraten möchte – stoppt sie den Zersetzungsprozess und das Vermodern und macht das Naturmaterial haltbar. Es benötigt Geduld, Gefühl und eine ruhige Hand, um mit der Zartheit umzugehen. „Ich möchte die Menschen sensibilisieren, achtsamer mit unserer Natur umzugehen“, sagt Elke Werner.
Wie verletzlich auch der Mensch ist, wurde ihr besonders durch die Pandemie bewusst. „Die Medien berichteten fast ausschließlich vom Corona-Virus“, sagt sie. Die Unsicherheit, Verzweiflung, Angst und Einschränkung der Freiheit drückt Elke Werner in ihrer Assemblage „Pandemie“ aus. In dieser Zeit bekam ein Spaziergang durch die Natur eine besondere, wohltuende Bedeutung.
Titel wie „Lebenssaft“, „Neues Leben“, „Lebensadern“, „Wege des Lichts“ und „Lichtblick“ kommen in den Werken von Elke Werner oft vor. Licht steht auch für Wohlbefinden und nicht zuletzt entsteht durch Licht neues Leben. Bei ihrem Objekt „Die Kraft des Lichts“ verarbeitete sie einen fragilen Baumstumpf, bei dem es nur noch möglich war, die Borke zu erhalten. Ein Riss gibt Einblick und lässt Licht in das Innere, dort entsteht ein kleiner Baum: Ein „Neubeginn“.
Elke Werner erarbeitet mit Bienenwachs dreidimensionale Halbreliefs
Die verheerenden Waldbrände durch Hitze, Unachtsamkeit oder sogar aus Vorsätzlichkeit haben fatale Folgen für Flora, Fauna und Menschen. In ihrem Werk „Losgelöst“, welches ein vom Aussterben bedrohtes Spitzmaulnashorn zeigt, verarbeitet die Künstlerin diese Thematik. Bringt sich das Nashorn in Sicherheit indem es wegläuft oder ist es zum Angriff bereit?
- Pinneberg: Ukrainekrieg - Kunst in Russland leidet wie zu Sowjetzeiten
- Pinneberg: Wie die IG Wupperman für Erhalt der historischen Hallen kämpft
- Mysteriös: 200-Kilo-Kunstwerk verschwindet spurlos im Krankenhaus Wedel
Es handelt sich dabei um ein Halbrelief in Wachstechnik. „Ich benutze dafür Bienenwachs“, sagt Elke Werner. Bei dieser Technik verwendet die Künstlerin stark saugfähige Papiere oder Holzplatten als Untergrund für ihre Arbeiten. Zuerst entsteht eine Zeichnung, die realistisch oder abstrakt sein kann.
Das Erhitzen und Gießen von flüssigem Bienenwachs auf die Zeichnung sowie nach dem Erkalten das Ritzen, Spachteln und Formen mit verschiedenen Werkzeugen und Wärmequellen ist für die Künstlerin zugleich Herausforderung und Meditation. Es reizt sie, die Struktur der Natur nachahmen zu können. Für die Farbgebung verwendet die Künstlerin Acrylfarben. Diese Bilder erscheinen dreidimensional.
Pusteblume und Plastikfisch Arbeiten von Elke Werner und Günther Baechler, So 2.4. bis So 14.5., Vernissage: So 2.4., 11.00, Öffnungszeiten jeweils Mi bis So, jeweils 11.00 - 17.00