Kreis Pinneberg. Kreistag beschließt, dass künftig alle Kunststoffe und Metalle gesammelt und recycelt werden. Was das für die Bürger bedeutet.
Mitten im Chaos um die Verteilung der Gelben Tonnen hat der Pinneberger Kreistag eine wegweisende Entscheidung getroffen: Die Gelben Tonnen sollen möglichst rasch durch Wertstofftonnen ersetzt werden, sodass die Haushalte nicht nur Verpackungsmüll, sondern alle Gegenstände aus Kunststoff und Metall darin entsorgen können – also auch Töpfe, Eimer oder Werkzeuge.
Der bis Ende 2025 für die Gelben Tonnen zuständige neue Entsorger RMG Rohstoffmanagement GmbH aus Hessen zeigt sich auf Nachfrage nicht abgeneigt, diese Umstellung auf alle Haushaltsmaterialien mitzumachen. Unterdessen klagen immer noch zahlreiche Privathaushalte darüber, dass sie noch keine Gelben Tonnen erhalten haben.
Kreis Pinneberg: Gelbe Tonnen ade – bald kommen die Wertstofftonnen
Wie zum Beispiel André Trappmann aus Halstenbek. „Wir sind schlichtweg vergessen worden“, ärgert sich Trappmann, der am südlichen Ende der Dockenhudener Chaussee wohnt. Mit ihm seien wohl weitere 20 bis 30 Nachbarn betroffen, schätzt er. „Das ist schon ärgerlich.“ Er habe den Entsorger RMG darüber informiert, der habe aber bislang noch nicht reagiert.
RMG-Sprecher Marius Schröder sagt dazu, dass die seinem Unternehmen gemeldete Behälterstandortliste „teilweise erheblich von dem tatsächlichen Bedarf der Bürgerinnen und Bürger des Kreises Pinneberg abweicht. So ergibt sich derzeit bereits eine hohe vierstellige Zahl an eingegangenen Änderungswünschen bzw. Neubestellungen.“
Gelbe Tonne: 50 Neubestellungen allein aus der Dockenhudener Chaussee
Alleine aus der Dockenhudener Chaussee lägen rund 50 „Neubestellungen“ vor, „die in der uns vorliegenden Standortliste nicht aufgeführt waren.“ Für Anwohner Trappmann kann das nicht gelten. Der hatte bis zum 31. Dezember jahrelang eine Gelbe Tonne der GAB. Die Auslieferung dieser mehreren Tausend „Neubestellungen“ würde dauern. In seinem aktuellen Verteilungsplan ist Halstenbek nicht einmal mehr aufgeführt.
Danach würden noch in Uetersen, Tornesch, Seester, Seestermühe, Neuendeich, Klein Nordende, Heidgraben, Groß-Nordende, Kummerfeld, Prisdorf und Borstel-Hohenraden die Gelben Tonnen fehlen, die in dieser und nächster Woche ausgeteilt werden sollen.
Kreis Pinneberg: Landrätin kritisiert den neuen Entsorger scharf
Bis Ende Februar sollten alle 80.000 neuen Tonnen verteilt sein, kündigte das Unternehmen an, das die Firma GAB Umweltservice bei der Entsorgung der Verpackungsabfälle zum Jahreswechsel abgelöst hat, das dafür rund 30 Jahre lang zuständig war im Kreis Pinneberg.
Darum lässt Landrätin Elfi Heesch in der Beantwortung einer Anfrage der Grünen-Kreistagsfraktion kein gutes Haar an dem neuen Entsorger vom Rhein. Darin heißt es: „Die flächendeckende Verteilung der Behälter im Kreisgebiet ist bisher nicht erfolgt“, so Landrätin Heesch. In zahlreichen Ortschaften fehlten diese noch. „In den Gebieten, in denen noch keine Behälter verteilt wurden, soll durch die vorläufige Verteilung von gelben Säcken zunächst Abhilfe geschaffen werden, nach dem jetzigen Kenntnisstand jedoch in zu geringer Anzahl.“
„Sammlung über gelbe Säcke entspricht nicht den vertraglichen Bestimmungen“
Somit könnte keine Rede davon sein, dass der neue Entsorger RMG, den das Duale System Deutschland mit dieser Aufgabe für drei Jahre betraut hat, seinen Pflichten gerecht wird, so die Kreisverwaltungschefin weiter.
„Eine vertragsgemäße Sammlung der Verpackungen kann frühestens erfolgen, wenn die in der Abstimmungserklärung als Sammelsystem festgeschriebenen festen Behälter auch flächendeckend verteilt sind“, erklärt Elfi Heesch und stellt fest: „Eine Sammlung über gelbe Säcke entspricht nicht den vertraglichen Bestimmungen.“
Bürgerinnen und Bürger wurden mangelhaft informiert
Und auf die Frage, ob die Kreisverwaltung die zum 1. Januar 2023 von der RMG zu erbringenden Leistungen, „analog zur GAB in den Vorjahren, als erfüllt ansieht“, antwortet die Landrätin: „Nein, allein schon aufgrund der mangelhaften flächendeckenden Behälterauslieferung wurden die Leistungen von RMG nicht analog zur GAB erfüllt. Hinzu kommt die mangelhafte Information der Bürger zum Wechsel des Dienstleisters und zur Verteilung der Behälter.“
Das Ausschreibungsunternehmen BellandVision, das für das DSD-System die Entsorgung der Verpackungsabfälle an RMG vergeben hat, sei bereits „mehrfach aufgefordert (worden), seinen Auftragnehmer RMG anzumahnen, einen vertragskonformen Zustand herzustellen“, betont Landrätin Heesch. Bislang offenbar ohne Erfolg. Mehrfache Anfragen des Abendblatts zu dieser scharfen Kritik der Verwaltungsspitze blieben unbeantwortet.
Wertstofftonne: Erfahrungen aus anderen Kreisen sollen eingeholt werden
Somit dürfte eine vorzeitige Einführung der Wertstofftonne bis 2026 eher zweifelhaft sein, auch wenn RMG auf Abendblatt-Nachfrage bereit sei „zu prüfen, ob eine vorzeitige Einführung der Wertstofftonne möglich wäre“, wie RMG-Sprecherin Johanna Wolf mitteilt. Bislang sei der Kreis aber noch nicht mit dieser Bitte an das Unternehmen herangetreten.
Doch das wird sicherlich bald der Fall sein, da der Kreistag auf seiner jüngsten Sitzung beschlossen hat, die Kreisverwaltung möge „prüfen, ob, wann und zu welchen Konditionen diese Einführung erfolgen kann.“ Dabei sollen auch die Erfahrungen aus anderen Kreisen wie Stormarn oder Herzogtum Lauenburg eingeholt werden, die bereits vor drei Jahren mit der Entsorgung von Wertstofftonnen begonnen haben.
SPD fordert schon länger die Einführung der Wertstofftonne
Die SPD-Fraktion, die diese Umstellung fast ebenso lange fordert, ist froh, dass die anderen Fraktionen diesem Vorschlag jetzt endlich gefolgt sind. „Der Sache tut es gut, im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Bürgerfreundlichkeit anstelle der Gelben Tonne eine Wertstofftonne einzuführen“, sagt deren Abgeordneter Helmuth Jahnke.
„Leider ist inzwischen wertvolle Zeit verstrichen. Eine Umnutzung der Gelben Tonne in eine Wertstofftonne ist wegen fehlender politischer Beschlüsse in der letzten Ausschreibung für die Sammlung der Leichtverpackungen durch die dualen Systeme nicht berücksichtigt worden.“
Wertstofftonne: Mülltrennung wird einfacher
Somit könnte erst jetzt mit RMG darüber verhandelt werden, und es sei fraglich, ob es noch in dieser Ausschreibungsperiode bis 2025 zur Einführung einer Wertstofftonne im Kreis Pinneberg kommen werde, so Jahnke. „Das ist aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen.“
- Kreis Pinneberg: Warum „erfolgreiche Spendenaktion“ nicht fortgesetzt wird
- Gelbe Tonne in Pinneberg: So reagiert der Entsorger auf „charmante“ Idee
- Pinneberg: Warten auf die Gelbe Tonnen dauert noch einen Monat
Für Mensch und Natur hätte die Einführung der Wertstofftonne große Vorteile, ist der SPD-Abgeordnete Jahnke überzeugt: „Die Abfallwirtschaft im Kreis Pinneberg würde mit der Einführung der Wertstofftonne bürger- und umweltfreundlicher werden.“ Die Mülltrennung würde einfacher. „Es muss nicht mehr zwischen Verpackungen und Nicht-Verpackungen unterschieden werden, sondern nur noch nach Materialien: Papier in die Papiertonne, Glas in den Container und Kunststoff und Metall in die Wertstofftonne.“
Kreis Pinneberg: Wertstofftonne soll Gelbe Tonne ersetzen
Laut Berechnungen des Umweltbundesamtes würde eine Wertstofftonnen-Entsorgung dazu führen, dass pro Jahr und Haushalt etwa sieben Kilogramm mehr Plastik und Metall gesammelt und entsorgt werden würden, erklärt Jahnke weiter. „Es kann also mehr recycelt werden, zusätzlich wird CO2 eingespart. Fahrten zum Recyclinghof entfallen, denn alle Metalle und Kunststoffe können in die Wertstofftonne vor der Haustür.“
Durch das Recycling würden Rohstoffe geschont, was wiederum mehr Natur- und Umweltschutz bedeute, weil Ökosysteme erhalten blieben und weniger Schadstoffe freigesetzt würden, so Jahnke. Und: „Eine bessere Mülltrennung mit der Wertstofftonne führt auch dazu, dass weniger Abfälle verbrannt werden müssen, was eine Reduzierung der Verbrennungskapazitäten ermöglicht, und die Luftbelastung verbessert.“