Elmshorn/Itzehoe. Bekannte der erstochenen Frauen berichten vor Gericht über Verkupplung – und wie der Angeklagte die späteren Opfer zuvor bedrohte.
Hussein M. wollte weder hinsehen noch hinhören. Als am Mittwoch im Prozess über den Doppelmord von Elmshorn die Obduktion eines der Opfer Thema war, vergrub der 40-jährige Angeklagte aus Eritrea das Gesicht zwischen seinen Armen und verkündete, auch auf die Übersetzung verzichten zu wollen.
Dem schob der Vorsitzende Richter Johann Lohmann einen Riegel vor. Die Bilder der Obduktion, die sich in einer Fotomappe auf dem Richtertisch befanden, brauchte sich der Angeklagte zwar nicht mehr weiter ansehen. Die Übersetzung der Worte der Hamburger Gerichtsmedizinerin Anna Lena Kammal musste er aber sehr wohl über sich ergehen lassen.
Doppelmord Elmshorn: Ein Opfer hatte Beziehung zu anderem Mann
Die 39-Jährige hatte den Leichnam von Yusra B. (19) obduziert, die ebenso wie ihre Mitbewohnerin Zahra H. (23) am 9. Juli in einer Wohnung an der Friedenstraße in Elmshorn erstochen worden war. Für die Bluttat muss sich Hussein M. seit dem 4. Januar vor dem Landgericht Itzehoe wegen zweifachen Mordes verantworten. Er hat die Messerstiche eingestanden, will jedoch nicht in Mordabsicht gehandelt haben.
20 Stich- und Schnittverletzungen hat die Rechtsmedizinerin am Körper von Yusra B. nachgewiesen, die meisten auf der vorderen und hinteren rechten Körperseite. „Einige stehen in Verbindung zueinander“, so die Expertin. In vier Fällen sei ein glatter Durchstich erfolgt, vier weitere seien Schnitte und damit Abwehrverletzungen.
Der schwerwiegendste Stich habe die Brust- und die Bauchhöhle eröffnet
Von den übrigen Stichverletzungen hätten acht die Brusthöhle eröffnet, genau so oft sei die Lunge getroffen worden. Der schwerwiegendste Stich habe die Brust- und die Bauchhöhle eröffnet, dazu Zwerchfell, Leber und Dickdarm perforiert. „Das Opfer war nicht sofort tot“, so die 39-Jährige.
Der Todeskampf habe wenige Minuten gedauert. Ob Yusra B. diese bewusst miterlebt hat, kann die Rechtsmedizinerin nicht sagen. Auch ein schneller Bewusstseinsverlust sei möglich.
Einatmung von Blut und Mageninhalt war todesursächlich
Todesursächlich seien nicht die Stichverletzungen, sondern die dadurch ausgelöste Einatmung von Blut und Mageninhalt. Auch eine sofortige medizinische Versorgung hätte die 19-Jährige nicht retten können. Dazu seien die Verletzungen viel zu schwerwiegend gewesen.
Hussein M., der in Tuttlingen in Baden-Württemberg lebte, war mit dem älteren der beiden Opfer eine Zeit lang liiert. „Sie hatte Angst vor ihm“, berichtete Zainab A. (37) dem Gericht. Sie hatte den beiden aus Eritrea stammenden Frauen, die über Ägypten nach Deutschland geflüchtet waren, nach ihrer Ankunft in Elmshorn im November 2021 geholfen.
Angeklagter stand nachts stundenlang vor der Tür der späteren Opfer
Die Zeugin berichtete von einem nächtlichen Anruf von Zahra H. – weil der Angeklagte mehrere Stunden vor ihrer Wohnungstür stand und Einlass verlangte. „Ich konnte ihr nicht helfen, weil ich nicht in Elmshorn war. Ich riet ihr, die Polizei anzurufen.“
In diesem Gespräch habe Zahra H. gesagt, sie habe mit Hussein M. eine Beziehung gehabt, ihn früher auch mal geliebt. Sie selbst, so die Zeugin, habe den Angeklagten nie kennen gelernt. „Ich wusste nur, dass er Zahra noch aus Ägypten kannte.“
Opfer Zahra H. hatte auch Beziehung zu weiterem Mann
Sooad I. (38), die beiden Frauen bei ihrer Ankunft als Dolmetscherin zur Seite stand und später mit ihnen in Kontakt blieb, berichtete von einer späteren Beziehung von Zahra H.. Sie habe diese – wie es in ihrer Kultur üblich sei – im Februar oder März mit einem heiratswilligen Mann, einem Syrer, zusammengebracht.
Beide hätten sich mehrmals in Begleitung mehrerer anderer Personen getroffen, sich auch gut verstanden und einige Male zusammen telefoniert. Dann aber habe Zahra H. im April auch in diesem Fall einen Rückzieher gemacht, diesen mit der angeblich ablehnenden Haltung ihrer Familie begründet.
Die beiden Frauen machten aus ihrem Privatleben ein Geheimnis
„Yusra hatte großen Einfluss auf Zahra“, so die Zeugin. Die ältere Frau habe ihre jüngere Mitbewohnerin ständig um Rat gefragt. Sie habe keine Entscheidung getroffen, ohne die Jüngere vorher um ihre Meinung gefragt zu haben. „Sie hat immer die Zustimmung von Yusra gesucht, die beiden waren immer zusammen.“
Aus ihrem Privatleben hätten die Frauen größtenteils ein Geheimnis gemacht. „Sie waren verschlossen, sehr zurückhaltend.“ Auch über Hussein M. habe sie nicht viel erfahren.
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„Sie sprach nur von einem Bekannten, den sie von früher kennt oder der sie unterstützt. Einmal hat er ihr Geld überwiesen, dafür mein Konto genutzt.“ Nach der Bedrohungslage vor der Wohnungstür habe gegen ihn ein Annäherungsverbot bestanden.
Prozess um Doppelmord von Elmshorn wird nächste Woche fortgesetzt
Am Nachmittag wurde auch die offizielle Flüchtlingsbetreuerin, die die Stadt Elmshorn den Frauen zugewiesen hatte, vom Gericht befragt. Der Prozess wird in der nächsten Woche mit Terminen am Donnerstag und Freitag fortgesetzt.