Itzehoe. Staatsanwaltschaft stützt sich auf Indizien, die 42-Jährigen als Mörder überführen. Gericht fehlen eindeutige Beweise und ein Motiv.

Nach dem Freispruch im Prozess um den Mord auf einem Reiterhof in Quickborn (Kreis Pinneberg) wird die Staatsanwaltschaft in Revision gehen. Wie ein Sprecher der Strafverfolgungsbehörde am Dienstag auf Nachfrage mitteilte, soll die Begründung folgen, wenn das schriftliche Urteil der Schwurgerichtskammer am Landgericht Itzehoe vorliegt. Über die Revision wird dann vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden.

Der Angeklagte war am späten Montagabend nach einem fast zwölfstündigen Prozesstag freigesprochen worden. Nach Ansicht des Gerichts war dem 42-J nicht nachzuweisen, dass er seinen 44 Jahre alten Geschäftspartner am 29. Juni 2020 mit zwei Schüssen in den Hinterkopf getötet hat. Für eine Verurteilung habe die Tatsachengrundlage nicht ausgereicht, betonte die Kammer. Zudem habe der Angeklagte kein plausibles Motiv gehabt. Direkte Beweise oder Augenzeugen der Vorgänge auf dem Quickborner „Eulenhof“ gibt es nicht.

Staatsanwaltschaft forderte lebenslange Freiheitsstrafe

Mit dem Freispruch folgte das Gericht dem Antrag der Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft sah den Beschuldigten aufgrund der Indizien als überführt an und hatte für eine lebenslange Freiheitsstrafe plädiert. Der Vertreter der Nebenklage hatte keinen Antrag gestellt. Aber auch er betonte, dass es für die Tat kein Motiv gegeben habe.

Der Beschuldigte war am 18. September 2020 in Untersuchungshaft genommen worden. Weil das Gericht keinen dringenden Tatverdacht mehr sah, wurde der Haftbefehl bereits am 4. Februar aufgehoben. Der 42-Jährige hatte die Tat seit Prozessbeginn im März 2021 bestritten. Er muss nach der Entscheidung des Gerichts nun für die mehr als 500 Tage in Haft entschädigt werden.

Opfer war in zahlreiche kriminelle Machenschaften verstrickt

Einer der zentralen Punkte in der Verhandlung war der angenommene Todeszeitpunkt. Nach der Aussage eines Rechtsmediziners von Anfang Februar hätte das Opfer zu einer Zeit noch gelebt haben können, zu der der Angeklagte definitiv nicht mehr auf dem Reiterhof war. Die Kammer betonte, dass es keinen eingrenzenden Hinweis auf den Todeszeitpunkt gebe. Da das Gericht zudem davon überzeugt war, dass das Opfer, nachdem der Angeklagte den Reiterhof verlassen hatte, noch verabredet war, könnten Alternativszenarien und -täter nicht ausgeschlossen werden. Das sei umso wichtiger, da das Opfer in zahlreiche kriminelle Machenschaften verstrickt war.

Die Waffe, mit der der 44-Jährige erschossen wurde, ist nie aufgetaucht. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der Beschuldigte zwei Tage vor den Geschehnissen eine Waffe ausgeliehen und später zurückgegeben hatte. Es sei aber unwahrscheinlich, dass ein Täter eine geliehene Waffe nach der Tat zurückgibt. Dazu könnten die geliehene und die Tatwaffe gänzlich unterschiedliche Modelle gewesen sein.

Staatsanwaltschaft sieht Handydaten als Beweis für die Tat

Die Staatsanwaltschaft hatte sich im Wesentlichen auf technische Indizien wie die Auswertung von Handydaten gestützt. Ein Grund für die Tat konnte aber nicht benannt werden: „Ein sicheres Motiv konnte in der Beweisaufnahme nicht festgehalten werden“, sagte Staatsanwalt Jan Hendrik Schwitters in seinem gut 90-minütigen Plädoyer. Die Spuren sprächen aber eindeutig dafür, dass der Angeklagte geplant habe, „das Opfer zu liquidieren“.

Noch am Montag, dem insgesamt 34. Prozesstag, hatte die Behörde weitere Beweis- und Beweiserhebungsanträge gestellt, die aber abgelehnt wurden. Unter anderem ging es um Routerdaten, die erst am späten Sonntagnachmittag dem Gericht zur Verfügung gestellt wurden. Der Vorsitzende Richter Johann Lohmann bezeichnete den späten Zeitpunkt der Einreichung als „völlig unverständlich“.