Quickborn/Itzehoe. Im Prozess zum Mord in Quickborn schlampt die Polizei. Doch das Mobiltelefon des Angeklagten war zur Tatzeit nachweislich vor Ort.

Im Reiterhof-Mordprozess hat sich die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Itzehoe am Donnerstag mit digitalen Spuren befasst. In diesem Fall mit den Daten, die das Handy des Angeklagten Jens von P. (42) in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni 2020 produziert hat. In jener Nacht wurde Andre Piontek (44) auf dem Quickborner Eulenhof mit zwei Schüssen umgebracht. Die Auswertung oblag zwei Beamten vom Kompetenzzentrum Digitale Spuren des Landeskriminalamtes (LKA).

Einer von ihnen, Thorsten S. (51), machte vor Gericht dem Namen seiner Abteilung keine Ehre. Er hat im tatrelevanten Zeitraum zwischen 21.31 Uhr am 28. Juni und 1.20 Uhr am 29. Juni 19 Kommunikationsspuren auf dem iPhone des Angeklagten, dem Mord vorgeworfen wird, gefunden und in einem Auswertebericht festgehalten. Beim Versuch, jede Spur dem Gericht einzeln aufzuschlüsseln, ging so einiges schief. So stellten die Verfahrensbeteiligten gleich zu Beginn fest, dass sich in den Akten zwei verschiedene Auswerteberichte befanden. Der Unterschied: Der eine verfügte lediglich über 18 Kommunikationsspuren.

Mord auf Reiterhof: Ermittler gesteht Fehler ein

Um die Diskrepanz aufzuklären, griff der LKA-Beamte auf die Originaldaten zurück, die der Netzbetreiber Vodafone den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt hatte. Dabei handelt es sich um eine ellenlange Liste voller Nummern und Kürzel, die quasi von den Ermittlern entschlüsselt werden muss. Die Rohdaten offenbarten jedoch, dass Thorsten S. in seinem Auswertebericht noch weitere Fehler eingebaut hatte, die dieser auf Nachfrage auch zugab. In einem Fall war beim Übertrag in den Auswertebericht eine Uhrzeit nicht korrekt wiedergegeben worden, in einem anderen Fall die Kommunikationsart verwechselt worden.

Letztlich musste die Kammer nach dreieinhalb Stunden die Vernehmung des Zeugen unterbrechen. Der Erkenntniswert bis dahin tendierte gegen null. Der LKA-Beamte soll jetzt am 4. Februar nochmals gehört werden – dann wohl mit einem überarbeiteten Bericht und einer noch ausführlicheren Auflistung der Rohdaten des Netzbetreibers.

Welche Schlüsse lassen die Handydaten zu?

Der zweite Zeuge Andre B. (35) war für die technische Auswertung des iPhones zuständig, hat sich vor allem die Standortdaten des Geräts angeschaut. Dabei wurde offenbar, dass der Angeklagte am 28. Juni um 22.07 Uhr und 52 Sekunden auf dem Eulenhof eintraf und diesen um 1.12 Uhr und 52 Sekunden wieder verließ. Laut Daten der Gerichtsmedizin liegt der letztmögliche Todeszeitpunkt von Andre Piontek um 1.19 Uhr.

Um 22.18 Uhr empfing das Handy des Angeklagten noch eine SMS, um 22.34 Uhr ging ein Anruf ein, der jedoch sofort auf die Mailbox umgeleitet wurde. „Zu diesem Zeitpunkt war das Telefon nicht mehr empfangsbereit“, so der Zeuge. Ob es in den Flugmodus versetzt oder ausgeschaltet worden war, lasse sich nicht mehr nachvollziehen.

Um 1.13 Uhr und 45 Sekunden sei dann eine WhatsApp eingegangen, zu diesem Zeitpunkt sei das Gerät wieder auf Empfang gewesen. Um 1.43 Uhr habe der Schrittzähler des Handys 149 Schritte registriert, dann sei als Adresse bis 7.19 Uhr der Harksheider Weg 101 registriert worden. Nach 147 Schritten zurück zum Auto habe sich das Handy 17 Minuten an der Anschrift Jens von P.s in Hasloh aufgehalten, ab 7.53 Uhr sei wieder der Eulenhof aufgesucht worden.

Die Daten des Handys decken sich mit den Angaben, die der Angeklagte im Prozess gemacht hat. Das Gerät beweist natürlich nicht, dass Jens von P. Täter war. Er hat es abgestritten. Laut dem Gerät war er den Großteil des Tatzeitraums vor Ort – und soll Zugang zu einer Waffe gehabt haben. Die ist aber verschwunden – und der Hauptbelastungszeuge selbst kriminell vorbelastet. Der Prozess wird am 21. Januar fortgesetzt.