Quickborn/Itzehoe. Partnerin des auf dem Eulenhof hingerichteten André Piontek überrascht im Prozess mit einer Vermutung über dessen Vergangenheit.
Schon zum dritten Mal wurde am Freitag die Freundin des ermordeten Andre Piontek als Zeugin vor dem Landgericht Itzehoe vernommen. Zum zweiten Mal war dabei die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Die Frau wird eigenen Angaben zufolge massiv bedroht, sodass ihre Aussagen brisant sein könnten.
Teile ihrer Angaben in dem Reiterhof-Mordprozess von Quickborn waren zuvor öffentlich – und auch für die Schwurgerichtskammer überraschend. So gab die Zeugin, die zwischenzeitlich auch auf dem Eulenhof gearbeitet hatte, an, dass sie nach einem Termin bei der Polizei von Unbekannten bedroht und auch vergewaltigt worden sei. Zudem sei eines ihrer Kinder von einem unbekannten Mann von der Schule abgeholt und ihre Küche mit einem Baseballschläger verwüstet worden.
Reiterhof-Prozess: Freundin des Mordopfers schildert Verdacht
Anzeige bei der Polizei habe sie aus Angst nicht erstattet. Ob die Taten gegen die Frau in einem direkten Zusammenhang mit dem Mordprozess stehen, vermochte sie nicht zu sagen. Dafür äußerte sie – noch in öffentlicher Sitzung – einen Verdacht. Sie habe sich gefragt, ob Andre Piontek und der Angeklagte Jens von P. – er soll Piontek in der Nacht zum 29. Juni 2020 auf dem Eulenhof mit zwei Kopfschüssen umgebracht haben – im Juni 2017 an der Ermordung des jungen Nachwuchsboxers Tunahan K. beteiligt gewesen sein könnten.
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Die Leiche des 22-Jährigen, durchsiebt von mehreren Schüssen, war am 21. Juli 2017 in der Nähe des Rastplatzes Holmmoor an der A 7 bei Quickborn entdeckt worden. Als Täter konnte Frank Lindner, der damals am Harksheider Weg in Quickborn lebte, ermittelt werden. Der Schwerverbrecher erledigte in gewissen Kreisen Auftragsarbeiten, ließ sich dafür offenbar mit Drogen bezahlen. Wer die Hintermänner des Mordes an dem Boxer waren, verriet Lindner nicht. Er nahm sich Ende Januar 2018 in der Untersuchungshaft das Leben. Dort saß er aufgrund des brutalen Überfalls auf eine 76-jährige Seniorin aus Appen, die Lindner am 23. November 2017 in ihrem Haus zu Tode geprügelt hatte.
Reiterhof-Mordopfer offenbar in Drogenhandel verstrick
Im Verlauf des seit März andauernden Prozesses gegen den Tatverdächtigen Jens von P. wurde offenbar, dass der tote Andre Piontek massiv in den Drogenhandel verstrickt war. 2017, zum Zeitpunkt des Mordes an Tunahan K., lebte Piontek noch in Hamburg. Den Eulenhof in Quickborn erwarb er erst im Herbst 2019.
„Die Ermittlungen im Fall des toten Boxers sind noch nicht abgeschlossen. Die Angaben der Zeugin werden einbezogen“, so Peter Müller-Rakow, der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Itzehoe, auf Abendblatt-Anfrage. Auch die angebliche Bedrohungssituation der Frau sei Bestandteil der Ermittlungen.
Unterdessen haben die Beteiligten des Mordprozesses sieben ganztägige Termine im Januar für die Fortsetzung des Prozesses abgestimmt, die noch nicht offiziell bestätigt sind. Nicht bestätigt ist auch, dass einer der Richter Ende Januar ausscheidet und der Prozess bis dahin zu einem Ende gebracht werden müsste. Gelingt das nicht, müsste das Verfahren im Extremfall komplett von vorne aufgerollt werden.