Pinneberg/Selenogradsk. Verein Selenogradsk erfüllt Partnerschaft zwischen Kreis Pinneberg und dem Rayon seit 20 Jahren mit Leben.
Während das politische Klima zwischen Russland und Deutschland derzeit auf einem Tiefpunkt angelangt scheint, sorgen zumindest zwei kleine „Einheiten“ in Ost und West dafür, dass ihre guten Beziehungen nicht abreißen: Der Kreis Pinneberg und der Rayon Selenogradsk (ehemals Cranz) im einstigen Ostpreußen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hatten sich Pinneberger Kreispolitiker bemüht, Verbindungen in diesen Teil des ehemaligen Ostpreußens aufzubauen. Im Jahr 1991 unterzeichneten Politiker beider Seiten den ersten Partnerschaftsvertrag zwischen dem Rayon Selenogradsk und dem Kreis Pinneberg.
Vier Jahre später wurde mit Selenogradsk e.V. ein gemeinnütziger Verein mit der Aufgabe gegründet, die Partnerschaft zwischen dem Rayon Selenogradsk und dem Kreis Pinneberg auf der Grundlage des Vertrages mit Leben zu erfüllen – und das macht der Verein unter der Leitung von Gabriele Kascha, die dabei viel Unterstützung von ihrem Mann Gerhard und ihrem Sohn Lars bekommt, mit Bravour seit genau 20 Jahren. Das wird am Sonntag mit einem Festakt in der Jugendbildungsstätte (JBS) Barmstedt gefeiert. Auf deutscher Seite hat der Verein Selenogradsk mittlerweile mehr als 250 Mitglieder. Im Partnerschaftsverein in Selenogradsk fungiert Elena Aleksandrova als Vorsitzende.
In Selenogradsk wurde eine Gruppe „Behindertenpädagogik“ gegründet
Ein Rückblick auf 20 Jahre Vereinsarbeit ist beeindruckend. So wurde beispielsweise das Kinderheim „Istok“, (Quelle), ein Haus für Straßenkinder des Rayons, mit Sach- und Geldspenden unterstützt. Gemeinsam mit Bewohnern des direkt an der Ostsee gelegenen Kurortes wurden Grünanlagen verschönert, etwa durch das Anlegen einer Freundschaftsallee. Deutsche und russische Jugendliche bauten gemeinsam Spielplätze auf, es existieren Schulpartnerschaften mit Seleno-gradsk. Unterstützung bekommen der Kulturverein und die Musikschule in Selenogradsk, außerdem wurde eine Arbeitsgruppe „Behindertenpädagogik“ in Selenogradsk ins Leben gerufen. Mittlerweile haben einige russische Menschen mit Handicap an Projekten im Kreis Pinneberg teilgenommen.
Auch Organisationen wie Kreisjugendring und Kreissportverband engagieren sich in Selenogradsk. Der Verein unterstützt zudem den Deutschunterricht für Mitglieder des russischen Vereins Pinneberg-Selenogradsk, und einen besonderen Raum nehmen die Gastschulverhältnisse auf beiden Seiten ein. Bereits 85 Gastschülerinnen und Gastschüler, die in deutschen Familien wohnen – allein 35 von ihnen beherbergte Familie Kascha in Elmshorn – haben im Kreis Pinneberg ein Schuljahr absolviert.
Die Zusammenarbeit des Vereins mit den Verantwortlichen des Kreises, derzeit mit Kreispräsident Burkhard E. Tiemann und Landrat Oliver Stolz an der Spitze, ist intensiv und fruchtbar. Der Kreis hat im Laufe der Jahre vielfältige materielle Hilfe geleistet. So entwickelte sich das Krankenhaus Selenogradsk dank Sachspenden und ärztlicher Fortbildung zum modernsten Krankenhaus des Gebietes. Russische Lehrer hospitierten an Schulen des Kreises Pinneberg.
Der Aufbau einer Jugendfeuerwehr ist eines der nächsten Projekte
Besonders eng ist die Zusammenarbeit zwischen den Feuerwehren. Mit Geräten und Schulungen sorgten die Deutschen dafür, dass die Berufsfeuerwehr in Selenogradsk hervorragend ausgerüstet ist. Derzeit wird in Selenogradsk ein Jugendfeuerwehrprojekt mit deutscher Hilfe aufgebaut, „geplant ist bereits eine Reise nach Seleno-gradsk mit mehr als 40 Kindern“, so Gabriele Kascha.
Damit nicht genug. Im Herbst plant der Verein das erste Sprachcamp in der Jugendbildungsstätte Barmstedt. Ehemalige Gastschüler aus Selenogradsk können dort ihre Deutschkenntnisse auffrischen, ebenso hätten deutsche Interessierte die Möglichkeit, Russisch zu sprechen. Auf der „Handlungsebene“, so die Vorsitzende, werde es zudem Workshops geben, etwa „Wie funktioniert die Bundesrepublik Deutschland?“ mit dem ehemaligen Landrat Berend Harms. Weitere Themen: Was trennt uns? Was glauben wir, trennt uns? Oder das Thema Ernährung. Was kommt hier auf den Tisch, was in Russland? Und einfach: „Wie erleben wir Politik?“
Deutsche und russische Politiker stehen an diesem Sonnabend im Mittelpunkt, wenn die Protokollfortschreibung der Partnerschaft zwischen dem Kreis Pinneberg und dem Rayon Selenogradsk in der Pinneberger Drostei besiegelt wird. Das Protokoll zum Partnerschaftsvertrag dient als Arbeitsgrundlage für die partnerschaftlichen Beziehungen zwischen dem Kreis Pinneberg und dem Rayon Selenogradsk. Die Fortschreibung erfolgte zuletzt im Jahr 2012.
Die Politiker sind auch am Sonntag von 13 Uhr an in der Jugendbildungsstätte Barmstedt dabei, wenn der 20. Geburtstag des Vereins gefeiert wird. Nach Grußworten, Reden und musikalischen Vorträgen ist auf dem Außengelände der JBS ein gemütliches Beisammensein vorgesehen.