Kreis Pinneberg erneuert die Partnerschaft mit dem Rayon. Verein hat 20-jähriges Bestehen. Zahlreiche Bauprojekte in Planung. Erstmals wieder ein Überschuss im Haushalt erwartet.

Kreis Pinneberg. Für den Kreis Pinneberg lichtet sich im neuen Jahr das Dunkle im Tunnel. Erstmals seit einem Jahrzehnt werden die Ausgaben nicht die Einnahmen überschreiten. Der 378-Millionen-Etat schließt voraussichtlich mit einem Überschuss von 1,8 Millionen Euro ab. Das verdankt der Kreis nicht dem Land, das ihm den Rettungsschirm aufgespannt hat, wie es jüngst fälschlich im Kreistag hieß. Denn die Hilfen für den Konsolidierungsvertrag, der die jährlichen Einsparungen von 2,5 Millionen Euro mit Landeszuschüssen in derselben Höhe belohnt, dürfen nicht im Haushalt aufgeführt sein.

Gleichwohl wird das Jahr 2015 den Kreis Pinneberg weitere erhebliche Einsparbemühungen kosten. Denn wenn er die zweite Stufe des Konsolidierungspaktes zünden will, muss der Kreis im Laufe des Jahres nochmals 1,5 Millionen Euro jährlich an Ausgaben streichen oder an Einnahmen hinzugewinnen. Landrat Oliver Stolz will der Politik dafür Mitte des Jahres eine Liste mit Vorschlägen unterbreiten.

Dazu könnte gehören, die gesetzlich notwendigen Schulbegleiter für Behinderte besser aufeinander abzustimmen, ambulante Betreuungsangebote für hilfsbedürftige Familien zu Gunsten der teureren stationären Hilfen weiter auszubauen und passgenauer anzubieten, kündigt Stolz an. Kostensparende Kooperationen mit den Städten und Gemeinden, die sich bei der gemeinsamen IT-Gesellschaft Kommunit oder dem Vollstreckungswesen mit Barmstedt oder Quickborn zeigen, sollten weiter forciert werden. „Der systematische Abbau des Defizits ist ein Indiz für die finanzielle Gesundung des Kreises Pinneberg.“

Die Ausgaben für die Eingliederungshilfen von Behinderten sind seit 2007 um ein Viertel auf 54,7 Millionen Euro angestiegen. Die Zahl der Integrationshilfen für behinderte Schüler hat sich seitdem verdoppelt. Heilpädagogische Hilfen für Kinder sind um 40 Prozent höher. Dieser gestiegene gesetzliche Anspruch der sozialen Lasten macht sich jetzt auch personell bemerkbar. So muss der Kreis im neuen Jahr 18 zusätzliche Stellen allein im Sozialsektor schaffen. Das habe auch damit zu tun, dass behinderte Menschen älter werden und umfangreichere Hilfsangebote benötigen, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können, wie dies gewünscht sei, führt Landrat Stolz aus. Wenn sie am regulären Schulunterricht integrativ teilnehmen sollen, bedarf es dieser steigenden Zahl an Schulbegleitern.

2015 steht ein runder Vereins-Geburtstag an, den der Kreis mit einem Festakt am 31. Mai in der Jugendbildungsstätte Barmstedt feierlich begehen wird. So besteht der Verein Selenogradsk im Jahr 2015 seit genau 20 Jahren, der sich seinerzeit gründete, um die seit 1991 bestehende Partnerschaft des Kreises Pinneberg mit dem früheren ostpreußischen und heute russischen Rayon Selenogradsk bei Kaliningrad (ehemals Königsberg) mit Leben zu füllen. Zahlreiche Hilfsprojekte hat der Verein im Partnerkreis initiiert und eine regen Schüleraustausch zwischen Ost und West in die Wege geleitet. Um die Partnerschaft politisch wieder aufs Neue zu besiegeln, wird Landrat Stolz an diesem 31. Mai mit seinem russischen Amtskollegen Waleri Georgijewitsch Gubarow den Vertrag zum achten Mal fortschreiben.

Gebaut wird 2015 weiter kräftig im Auftrag des Kreises Pinneberg. Die Komplettsanierung der Kreisberufsschule soll im Herbst abgeschlossen sein, die den Kreis 25 Millionen Euro gekostet haben wird. Im Frühjahr beginnt der zweite Bauabschnitt der neuen Feuerwehrzentrale in Tornesch. Neben der bereits fertig gestellten neuen Fahrzeughalle werden für weitere fünf Millionen Euro Werkstätten, Prüfhalle und Lagerräume entstehen. Im Herbst beginnt der Neubau der Regionalen Rettungsleitstelle in Elmshorn, die der Kreis zum großen Teil an die Landespolizei vermieten und für den Rettungsdienst mit den Nachbarkreisen Steinburg und Dithmarschen nutzen wird. Diese soll dann Ende 2017 für 16 Millionen Euro benutzbar sein.

Weitere Bauprojekte im neuen Jahr sind der Neubau des Werkstattgebäudes der Kreisberufsschule in Elmshorn. Das wird knapp zehn Millionen Euro kosten. Die Heidewegschule in Appen-Etz erhält neue Unterrichts- und Werkräume sowie eine Turnhalle für etwa 4,5 Millionen Euro. Alles in allem wird der Kreis Pinneberg in den nächsten zwei Jahren rund 45 Millionen Euro investieren, die er über Kredite finanzieren muss, sodass die Verschuldung auf mehr als 100 Millionen Euro anwächst.

Die Personalausgaben für die 620 Vollzeitstellen des Kreises haben mit 44 Millionen Euro für 2015 ein ähnliches Volumen wie das Investitionsprogramm. Erstmals stellt der Kreistag dieses Geld der Verwaltung als Budget zur Verfügung, mit dem er eigenverantwortlich haushalten kann. Damit könne er leben, sagt Landrat Stolz. „Das ist auch ein Zeichen, dass die Politik der Verwaltung vertraut.“ Allerdings werde die Kürzung der Personalausgaben um eine Million Euro „nicht spurlos am Bürger vorbeigehen“, kündigt er an. Denn: „Das Personal folgt den Aufgaben.“ Nur wenn der Aufgabenkatalog verkleinert würde, was kaum möglich sei, weil mehr als 95 Prozent der Ausgaben gesetzlich bedingt sind, könnte hier Geld eingespart werden. Ansonsten werde er „sachgerecht entscheiden müssen, wo ich Abstriche machen muss. Denn eines muss klar sein: Wir können nicht immer mehr Aufgaben mit immer weniger Personal erledigen.“

Ohnehin besteht in der Kreisverwaltung bei allen freiwerdenden Stellen eine Wiederbesetzungssperre von einem Monat, die konsequent eingehalten und manchmal wie beim ausscheidenden Kreissprecher sogar um einen weiteren Monat verlängert wird.

Vom 6. bis 17. Juli werden die Kreisumwelttage wieder zwei Dutzend umweltpädagogische Angebote für Schüler machen. Das Restaurant in der Landdrostei bekommt nach jahrelangem Leerstand wieder einen Pächter. Die Abfalltochtergesellschaft GAB wird für etwa sieben Millionen Euro eine Vergärungsanlage für Bioabfälle bauen, deren Wärme in das Fernwärmenetz eingespeist werden soll.

Nicht umgesetzt wird 2015 der Plan von Landrat Stolz, mehrere größere Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge zu schaffen, um den Kommunen ein halbes Jahr Zeit zu geben, für diese Menschen adäquaten Wohnraum zu suchen. „Dafür hätten wir sechs Standorte für jeweils 100 Menschen benötigt.“ Da von den Kommunen nur ein Vorschlag für einen Standort kam, habe er dieses Projekt wieder fallengelassen. Er habe aber den Eindruck, dass die Bevölkerung heute viel mehr Verständnis für die Situation und Sorgen der Flüchtlinge hat, wie sich an den zahlreichen ehrenamtlichen Helfern einer neuen Willkommenskultur überall im Kreisgebiet zeige.