Seit Jahren fordern Politiker an der Bahnlinie Kaltenkirchen - Eidelstedt, dass diese zur S-Bahn-Anbindung wird. Die Pendler kämen schneller und ohne umzusteigen zum Hauptbahnhof. Ein Gutachten gibt ihnen nun Recht.
Kaltenkirchen/Quickborn/Ellerau. Die Bürgermeister der an der AKN-Strecke liegenden Kommunen fordern es seit Jahren, zuletzt auf der großen Trassenkonferenz im März 2010 in Ellerau. Nun hat der Wunsch nach einer elektrifizierten Bahnstrecke zwischen Kaltenkirchen und Eidelstedt als S-Bahn-Linie 21 die notwendige sachliche Grundlage. Ein Gutachten, das die Landesweite Verkehrs-Servicegesellschaft (LVS) Anfang 2012 in Auftrag gegeben hat, liegt nun vor und kommt zu dem Ergebnis, dass sich eine solche S-Bahn-Verbindung volkswirtschaftlich lohnt, die den Bund, Hamburg und Schleswig-Holstein zwischen 65 und 90 Millionen Euro an Gleisbau, Oberleitungen und Planungskosten kosten würde.
„Wir haben es ja schon immer gewusst, dass dies Sinn macht. Aber nun haben wir schwarz auf weiß die Grundlage, endlich den Anschluss zu schaffen, den es auf anderen Bahnstrecken schon lange gibt“, sagt Claudius Mozer von der Südholstein-Verkehrsservice-Gesellschaft, die den Nahverkehr für die Kreise Pinneberg und Segeberg organisiert.
Das Gutachten hat drei Fälle dieser geplanten Verlängerung der S-21 aus Richtung Aumühle um 30 Kilometer nach Norden bis nach Kaltenkirchen untersucht. Allen gemeinsam ist die Verschwenkung bei Hamburg-Eidelstedt über Bönningstedt, Hasloh und Quickborn nach Kaltenkirchen und dass ihr Nutzen höher wäre als die Kosten. Am attraktivsten ist demnach die Variante drei, die aber 25 Millionen Euro teurer wäre als das Basis-Modell. Hierfür müssten die eingleisigen Bereiche am Bahnhof Eidelstedt sowie zwischen Quickborn und Ellerau-Tanneneck zweigleisig werden.
Dadurch würde sich die Fahrtzeit zwischen Eidelstedt und Kaltenkirchen auf bis 39 Minuten um fünf Minuten verkürzen. Für Mozer wäre das eine „riesige Verbesserung“. Die Züge führen je nach Verkehrszeit alle zehn bis 20 Minuten. Die Zahl der Fahrgäste, die dann zusätzlich in diese S-Bahn einstiegen im Vergleich zum jetzigen AKN-Aufkommen, wüchse umso höher, je näher man nach Hamburg käme. Zwischen Kaltenkirchen und Henstedt-Ulzburg wären es knapp 20 Prozent mehr bei dann 8800 Fahrgästen am Tag. Zwischen Quickborn und Eidelstedt würden die zurzeit 12.200 Fahrgäste am Tag um mehr als 30 Prozent auf 16.000 am Tag steigen. „Unsere Erfahrung besagt, dass diese Prognosen am Ende immer übertroffen werden“, sagt Benjamin Werner, der dieses Projekt bei der LVS leitet.
Für Quickborns Bürgermeister Thomas Köppl und die CDU-Landtagsabgeordneten Volker Dornquast aus Henstedt-Ulzburg und Peter Lehnert aus Bilsen ist es deshalb keine Frage, dass die Landesregierung in Kiel diese teuerste dritte Variante mit dem durchgehenden zweispurigen Ausbau dem Nachbarland Hamburg vorschlagen sollte. „Die Situation ist günstig, weil die S4 nach Bad Oldesloe erst ab 2020 gebaut werden kann und mit 630 Millionen Euro um ein Vielfaches teurer wird“, sagt MdL Lehnert. Der Bund müsste an reinen Baukosten etwa 45 Millionen, Schleswig-Holstein 18 und Hamburg zwölf Millionen Euro für die Elektrifizierung tragen. Aber auch die Hamburger Vertreter in dem Arbeitskreis hätten sich für diese Komfortlösung drei ausgesprochen, sagt LVS-Projektleiter Werner.
Allerdings müsste als Ausgleich für Hamburg zeitgleich der Ausbau der S32 von Harburg zur Elbgaustraße erfolgen, weil sonst dieser dicht besiedelte Stadtteil im Nordwesten Hamburgs weitgehend abgekoppelt und nur noch über die S3 nach Pinneberg angebunden wäre. „Die S32 ist eine Bedingung für die S 21 nach Kaltenkirchen“, sagt Projektleiter Werner.
Aus Quickborner Sicht böte sich an, die Eisenbahn-Kreuzung, die zurzeit regelmäßig den Pkw-Verkehr auf der Bahnstraße lahmlegt, so umzugestalten, dass sich Auto- und Bahnverkehr nicht mehr in die Quere kämen, plädiert Köppl für die große Lösung. Das wären zusätzlich 15 Millionen Euro, die sich Bahn, Land und Kommunen zu jeweils einem Drittel teilen müssten.
„Ein S-Bahn-Anschluss für Quickborn wäre ein enormer Standortvorteil“, sagt Köppl. Plötzlich wäre die Eulenstadt im Fokus aller Hamburger Bahnfahrer, was als Anlieger einer Regionalbahn nicht der Fall wäre. Bönningstedts Bürgermeister Peter Liske ist ebenfalls begeistert von dieser Aussicht. „Es ist wichtig, möglichst viele Menschen von der Straße auf die Schiene zu bringen.“ Für den 2014 beginnenden sechsspurigen Ausbau der A7 käme die S-Bahn wohl zu spät, weil diese frühestens 2018 fertiggestellt sein könnte, sagt Abgeordneter Dornquast.
Wer die elektrische Bahn betreibt, ob AK oder S-Bahn, ist Köppl egal. Die Fachleute gehen davon aus, dass es die S-Bahn GmbH sein wird. „Wenn die heute schon die Strecke nach Kaltenkirchen betreiben würde, hätten wir die Elektrifizierung längst“, glaubt Köppl.