Kreis Segeberg. Keine Lust, früh aufzustehen, um den Ofen anzuschmeißen? Im Kreis Segeberg bricht Zahl der Auszubildenden in Bäckereien dramatisch ein.
In einer nicht allzu fernen Zukunft könnte es mit frischen Brötchen am Morgen und besonders am Sonntag eher schwierig werden im Kreis Segeberg. Denn: Keine Bäckerinnen und Bäcker, keine Brötchen. Laut aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ist die Zahl der Auszubildenden im Bäckereihandwerk im Kreis Segeberg dramatisch eingebrochen.
In den 50 Bäckereien oder in deren Filialen im Kreis stünden derzeit gerade mal noch 24 Azubis in den Backstuben und an den Öfen. „Zehn Jahre zuvor waren es immerhin 70 Bäckerei-Azubis“, sagt Silke Kettner. Die Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG ) für Hamburg-Elmshorn spricht vom „Akut-Problem Azubi-Schwund“.
Azubi-Alarm beim Bäcker: Rückgang um 66 Prozent
„Die Azubi-Zahlen bei den Bäckereien im Kreis Segeberg sind damit dramatisch eingebrochen – um rund 66 Prozent. Jetzt geht es darum, diesen Trend zu stoppen“, sagt NGG-Geschäftsführerin Kettner. Die Arbeit in Bäckereien sei interessant und krisensicher. Um sie aber wirklich attraktiv zu machen, müsse auch der Lohn nach der Ausbildung stimmen.
„Eine faire Bezahlung bedeutet, dass jede Bäckerei im Kreis Segeberg den Tariflohn zahlt. Und das ist wichtig, um Bäcker und Fachverkäuferinnen bei der Stange zu halten. Denn die Qualität von Brot, Brötchen, Torten, Kuchen & Co. steht und fällt damit, ob ausgebildete Profis in der Bäckerei arbeiten“, sagt Silke Kettner.
Am Ende entscheide nicht zuletzt auch der Tariflohn darüber, wie gut die Ware sei, die über die Ladentheke gehe. Schon jetzt versuchten viele Betriebe, fehlende Fachkräfte durch Quereinsteiger zu ersetzen. „Backen ist ein Handwerk. Und das muss man lernen. Dazu müssen die Bäckereien aber auch eine gute Ausbildung bieten“, sagt die Geschäftsführerin der Bäcker-Gewerkschaft.
Bäcker-Azubis: Es gibt jetzt mehr Geld
Tatsächlich sind die nicht gerade üppigen Azubi-Verdienste im Bäckerhandwerk ein Grund, warum sich immer weniger junge Menschen für eine Ausbildung in der Backstube erwärmen können. Außerdem das frühe Aufstehen, der völlig andere Lebensrhythmus im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern. Hinzu kommt, dass ein Bäckerei-Azubi im Kreis Segeberg für die Berufsschule bis nach Elmshorn oder Lübeck fahren muss. In Bad Segeberg gibt es mangels Anwärtern keinen Lehrgang mehr.
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Immerhin gibt es jetzt für die Azubis mehr Geld. Silke Kettner: „Wer seine Ausbildung anfängt, geht mit mindestens 860 Euro im Monat nach Hause. Das sind 180 Euro mehr als bislang. Im zweiten Ausbildungsjahr gibt es 190 Euro zusätzlich. Und im dritten bekommt der Bäckerei-Nachwuchs 1085 Euro – ein Plus von 200 Euro. Im Schnitt haben die Bäckerei-Azubis damit rund ein Viertel mehr auf dem Konto.“ Hinzu kommebis zum Jahresende eine Inflationsausgleichsprämie von 50 Euro pro Monat.
Azubi-Alarm beim Bäcker: Tarifabschluss gilt überall
Die NGG ruft Bäckerei-Azubis im Kreis Segeberg zu einem „Azubi-Konto-Check“ auf. „Wer das zusätzliche Geld noch nicht bekommt, sollte sich melden. Dazu gibt es auch noch ein Ticket-Geld von 29 Euro im Monat für den ÖPNV. Da kommt also einiges zusammen“, sagt Kettner.
Für die deutlich bessere Bezahlung vom Bäckerei-Nachwuchs habe sich die NGG in zähen Verhandlungen am Tariftisch stark gemacht. „Jeder Azubi in einer Bäckerei profitiert jetzt davon: Egal, ob es um die Ausbildung in der Backstube oder am Verkaufstresen geht. Wichtig ist, dass der Tarifabschluss dazu für alle Betriebe gilt – ohne Ausnahme“, erklärt Silke Kettner. Für die „Azubi-Tarife“ gelte nämlich eine Allgemeinverbindlichkeit. Dafür habe sich die Gewerkschaft NGG zusammen mit dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks beim Bundesarbeitsministerium eingesetzt.