Bad Segeberg. 70-Jähriger in Bad Segeberg drückte mit Luftgewehr zweimal ab. 12-Jährige erlitt Steckschuss. Das erinnert an einen Fall in Hamburg.

  • Prozess liegt als Jugendschutzsache vor dem Amtsgericht Bad Segeberg
  • Mädchen müsste nur aussagen, wenn der Täter nicht geständig ist
  • Vergleichbare Tat in Hamburg: Angeklagter kam 3 Jahre in Haft

Vor dem Amtsgericht Bad Segeberg muss sich am Dienstag, 21. Mai, ein 70-jähriger Rentner aus Bad Segeberg dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung stellen. Die Staatsanwaltschaft Kiel hat ihn angeklagt, weil er am 16. Juli 2023 das damals 12-jährige Kind von Nachbarn angeschossen hatte.

Laut Anklage spielte das Mädchen am 16. Juli nachmittags in der Nachbarschaft des Angeklagten. Offenbar fühlte sich der Rentner durch das Kind derart gestört, dass er eine ebenso gefährliche wie irrationale Entscheidung traf: Er holte sein Luftgewehr und lud durch.

Rentner schießt auf Kind: Der zweite Schuss saß

„Der Mann stand etwa 25 bis 30 Meter vom Kind entfernt im Außenbereich seines Grundstückes“, zitiert Staatsanwalt Axel Bieler aus der Anklageschrift. „Dann schoss er einmal, verfehlte sein Ziel, setzte erneut an und schoss ein zweites Mal.“ Der zweite Schuss saß. Das bleihaltige Luftgewehr-Projektil bohrte sich in den Oberarm des Kindes und sorgte dort für eine schmerzhafte Verletzung.

Das Mädchen musste sich in der Folge in ärztliche Behandlung begeben. Das Projektil wurde ihr operativ aus dem Oberarm entfernt. Neben den erlittenen physischen Verletzungen musste die Minderjährige auch mit dem Schock über das Erlebte und den psychischen Folgen zurechtkommen.

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Staatsanwalt Bieler betont die Gefährlichkeit des Luftgewehrs: „Jemanden töten kann man damit kaum, da müssten schon viele unvorhersehbare Umstände hinzukommen. Aber wenn man mit dem Gewehr auf Menschen schießt, können Augen getroffen und zerstört werden. Grundsätzlich sind dies alles Fälle gefährlicher Körperverletzungen.“

Angeklagter ist bisher nicht polizeilich aufgefallen

Der Angeklagte sei bisher polizeilich nicht als Schütze oder in anderer Form in Erscheinung getreten. „Wir haben aber das Gewehr und die noch vorhandene Munition beschlagnahmt“, sagt Bieler. Für Luftgewehre benötigt man in Deutschland keinen Waffenschein. „Die kann sich jeder besorgen und in seinem Keller Schießübungen machen“, sagt der Staatsanwalt.

Der Prozess gegen den 70-Jährigen beginnt am Dienstag, 21. Mai, um 9.30 Uhr, im Saal 4 des Amtsgerichtes in Bad Segeberg. „Der Prozess ist öffentlich, läuft aber als Jugendschutzsache. Wir hoffen, dass dem Mädchen eine Aussage erspart bleiben wird. Wenn sie vor dem Richter aussagen muss, werden wir die Öffentlichkeit ausschließen“, sagt Axel Bieler.

Schuss auf Kleinkind: Ähnliche Tat 2016 in Hamburg

Ein vergleichbarer Fall sorgte 2016 in Hamburg für großes Aufsehen. Der ehemalige Bundeswehroffizier Ralf W. griff am 23. Juli 2016 nahe dem Spielplatz Am Alsterberg in Hamburg-Alsterdorf zum Luftgewehr und gab ebenfalls zwei Schüsse auf einen damals 13 Jahre alten Jungen ab. Ein Projektil steckte danach in der Nähe der Leber im Körper des Jungen und musste unter Vollnarkose herausoperiert werden.

Das Amtsgericht in Hamburg verurteilte Ralf W. schließlich zu drei Jahren Haft ohne Bewährung. Die Richterin sprach von gefährlicher Körperverletzung, die potenziell das Leben des Jungen gefährdet habe. Die Annahme eines „minderschweren Falls“ verbiete sich. Ursprünglich war gegen Ralf W. sogar wegen eines heimtückischen Mordversuchs ermittelt worden.