Norderstedt. Norderstedts Oberbürgermeisterin will Begeisterung für 47,5 Millionen Euro teure Haus entfachen. Dabei soll ein Förderverein helfen.

Die Entstehungsgeschichte des Bildungshauses erinnere ihn an die des Norderstedter Stadtparks, sagte Kai Jörg Evers, Geschäftsführer der Stadtpark GmbH. „Auch die Landesgartenschau und damit der Stadtpark war bei den ersten Ideen, der ersten Planung eine Utopie, eine Vision, die extrem kritisiert wurde. Nun ist es ein Norderstedter Leuchtturm, und so wird es auch mit dem Bildungshaus geschehen“, sagte Evers.

Evers führt heute nicht nur den Stadtpark, er ist auch Vorstandsvorsitzender des Vereins Norderstedt Marketing. Und in dieser Funktion begrüßte er am Montag etwa 60 Gäste im Veranstaltungsraum der Norderstedter Bank. Unter dem Titel „Das Bildungshaus Norderstedt und seine Rolle in der Stadtgesellschaft“ hatte Evers zum Informationsabend über das 47,5 Millionen Euro schwere Bauprojekt eingeladen.

Bildungshaus Norderstedt: Förderverein gegründet

Noch ist der Platz hinter dem Herold-Center, an dem das Bildungshaus entsteht, nur eine große, chaotisch anmutende Baustelle.
Noch ist der Platz hinter dem Herold-Center, an dem das Bildungshaus entsteht, nur eine große, chaotisch anmutende Baustelle. © Heike Linde-Lembke | Heike Linde-Lembke

Es sollte eine erfolgreiche Veranstaltung werden: Zum einen bewirkten die Vorträge des Abends und die Diskussion bei den Gästen, darunter Vertreterinnen und Vertreter einiger weniger Kulturvereine und der Norderstedter Wirtschaft, Begeisterung für das Mega-Projekt Bildungshaus. Zum anderen nutzten Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder und der Kulturausschuss-Vorsitzende Thomas Witte (Fraktion Wir in Norderstedt/Freie Wähler) den Anlass, um die Gründung eines Fördervereins Bildungshaus bekannt zu geben.

„Wir bauen ein tolles Haus in dieser Stadt, es wird so wunderbar werden wie der Stadtpark“, schwärmte Katrin Schmieder und ergänzte, dass sie während ihres Wahlkampfes zur Oberbürgermeisterin gerade wegen des Bildungshauses viel Gegenwind einstecken musste. Die Kritik: Ein Spielplatz müsse weichen, das Projekt würde ständig teurer werden, das Geld wäre in die Sanierung der Schulen besser investiert.

„Doch wir wollen ein Feuerwerk der Begeisterung für das Bildungshaus entfachen und das Bildungshaus zum Mittelpunkt in Norderstedt machen, zum Treffpunkt für alle Menschen, genau, wie der Stadtpark“, sagte Schmieder. Jeder könne das Bildungshaus besuchen und nutzen, sich hier mit Freunden und Bekannten verabreden oder sich zurückziehen und ganz in Ruhe lesen, stöbern, studieren, probieren, Kunst machen – oder einfach gar nichts tun.

Bildungshaus Norderstedt: Rückzugsort und Treffpunkt

Ein Leuchtturmprojekt mit hölzerner Fassade: Der Entwurf des Architekturbüros Richter-Musikowski des Bildungshauses Norderstedt.
Ein Leuchtturmprojekt mit hölzerner Fassade: Der Entwurf des Architekturbüros Richter-Musikowski des Bildungshauses Norderstedt. © Richter-Musikowski | Richter-Musikowski

Schon heute seien die Stadtbüchereien und in die Volkshochschule Treffpunkte. Im Bildungshaus könnten sich die Bürgerinnen und Bürger im Bildungshaus-Café begegnen, oder auf der „Bildungstreppe“, die sich breit durch das ganze Haus drehen wird, und auf der man sitzen, lesen, reden, schwatzen oder einfach nur den Gedanken nachhängen können wird. Dazu werde es Kursangebote geben, darunter Integrations- und Bewegungskurse, die man nach Lust und Laune frei besuchen könne.

„Man kann einen ganzen Tag im Bildungshaus verbringen, morgens erst einmal einen Kaffee trinken, dann in den Bewegungskursus gehen, im Archiv über Norderstedts Siedlungsgeschichte lesen, sich auf der Dachterrasse mit Freunden treffen“, versprach Kulturamtsleiter Dieter Powitz.

„Dritter Ort“: Bildungshaus statt Kneipe oder Kirche

Er hatte die Kultur-Wissenschaftlerin Eeva Rantamo aus Dortmund für einen Impulsvortrag über das Bildungshaus als „dritten Ort“ eingeladen. Rantamo stellte andere „dritte Orte“ vor, beispielsweise in Helsinki, Amsterdam und das Ammonshaus in niedersächsischen Heersum.

„Dritte Orte lassen durch Begegnungen das soziale Kapital wachsen“, sagte Rantamo. Bisher seien Kneipen, Stammtische, Kirchenräume und Büchereien die dritten Orte, doch die Stadt-Strukturen hätten sich geändert, viele dieser Orte gebe es nicht mehr. „Dritte Orte müssen niederschwellig sein, einfach zu erreichen, kostenlos, offen und sicher und trotzdem eine hohe Aufenthaltsqualität haben – die Menschen brauchen diesen dritten Ort“, sagte Rantamo.

Bildungshaus: Man darf sein Frühstück mit ins Café bringen

„Das Café wird ein zentraler Ort sein, gleich im Foyer des Bildungshauses, aber es gibt natürlich keinen Konsumzwang, man kann seinen Tee und sein Frühstück auch von Zuhause mitbringen“, sagte Powitz. Picknick im Bildungshaus, entweder auf der Dachterrasse, im Foyer oder auf der breiten „Bildungstreppe“ als Verbindung zu den einzelnen Ebenen mit ihren vielfältigen Angeboten.

Powitz, der seit Januar 2020 Kulturamtsleiter ist, skizzierte noch einmal den Werdegang des Projektes. Er begann mit ersten Überlegungen über ein neues gemeinsames Haus für die marode Garstedter Bücherei und das ebenso in die Jahre gekommene VHS-Gebäude am Rodelberg. Das war 2010. Die Idee nahm Gestalt an, auch das über mehrere Gebäude verteilte Stadtarchiv kam hinzu, ein Café und zusätzliche Veranstaltungsorte.

Dann wurde der Gedanke des „dritten Ortes“ des amerikanischen Stadtsoziologen Ray Oldenburg aufgenommen, der neben der Familie als erstem Ort und der Arbeit als zweitem Ort die soziale Begegnung und den Gedanken-Austausch mit anderen Menschen als „dritten Ort“ propagiert, ein Ort gegen Einsamkeit, Ab- und Ausgrenzung.

Im Bildungshaus wird es auch einen „Kids World“-Raum mit Baumhaus geben

2017 folgte der Architekten-Wettbewerb. Einstimmig wählte die Jury den Entwurf eines dreigeschossigen Baus mit heller Holz-Fassade, begehbarer Dachterrasse mit Garten, Aussichtsplattform und Photovoltaik-Anlage des Berliner Büros Richter Musikowski. Ein großer „Kids World“-Raum wird für Kinder und Jugendliche eingerichtet, mit Co-Working-Spaces und Baumhaus über Leseecken bis zu digitalen Angeboten.

Im dritten Obergeschoss sollen Gesundheitsräume mit Umkleiden und Duschen und ein Kunstbereich entstehen. Die Seminarräume, die von allen Bürgerinnen und Bürgern gebucht werden können, sollen abends für Veranstaltungen bis maximal 140 Teilnehmenden eingerichtet werden können.

Bildungshaus Norderstedt: Noch elf Monate bis zur Eröffnung

Die Gesamt-Nutzfläche beträgt 4146 Quadratmeter über vier Etagen und Dachgeschoss, zur Verfügung stehen 35.000 Medien aller Art, geöffnet sein soll das Bildungshaus montags bis sonntags von 8 bis 22 Uhr.

„In den politischen Gremien unserer Stadt herrscht breiter Konsens, weil das Projekt uns allen gut tut“, sagte Schmieder und bekannte, dass sie sehnsüchtig auf das Richtfest warten würde. Der Eröffnungstermin hingegen steht schon fest: 25. April 2025. Es bleiben also noch elf Monate bis zum Einzug in das Bildungshaus, das dann auch einen griffigen Eigennamen haben und neben dem Stadtpark zum zweiten Leuchtturm Norderstedts werden könnte.

Förderverein Wer Mitglied im Förderverein werden möchte, wendet sich an Thomas Witte. Fotos, Zeichnungen und weitere Infos unter www.bildungshaus-norderstedt.de