Norderstedt. Vor nicht einmal einem Monat hat Firma mit Räumung begonnen. Es gelten hohe Sicherheitsvorkehrungen. Ein Ortsbesuch.
Ortsbesuch am Norderstedter Müllberg. Vor nicht ganz vier Wochen hat die Firma Ehlert & Söhne mit der Räumung des illegalen Abfallzwischenlagers begonnen. An der Absperrung zum ehemaligen Gieschen-Gelände hängt ein Hinweisschild. Es warnt vor gefährlichen Schadstoffen. Bis vor Kurzem reichte der Müll, der in der Spitze bis zu sechs Meter in die Höhe ragte, noch bis zum Bauzaun. Nun ist bereits ein Viertel der Fläche freigeräumt. „Wir sind sehr gut davor“, sagt Bauleiter Sven Francke.
Als der Auftrag an die Hamburger Firma, die auf den Abbruch und die Sanierung von alten Gebäuden spezialisiert ist, vergeben wurde, war Sven Francke gespannt, was auf ihn zukommen würde. „So etwas ist nicht gerade alltäglich“, sagt er. Es habe schon Bedenken gegeben. „Aber inzwischen sind wir sehr entspannt, da es so gut läuft.“
Norderstedt: Männer durchsuchen Müllberg nach Schadstoffen
Einst gehörte das Grundstück in Friedrichsgabe, das an den Autorecycler Kiesow grenzt, der Gieschen Containerdienst GmbH. Der frühere Geschäftsführer hat schon vor Jahren die Kontrolle über sein Abfallzwischenlager verloren. Er häufte Schätzungen zufolge 15.000 Kubikmeter illegalen Müll an. Das Amtsgericht in Norderstedt verurteilte ihn für seine Umweltfrevel Ende 2022 unter anderem zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Nach langem Ringen einigten sich die Stadt Norderstedt und das schleswig-holsteinische Umweltministerium auf einen Deal. Das Land hat die Räumung beauftragt und zahlt sie weitestgehend von Steuergeldern.
Drei Mitarbeiter sind jeden Tag damit beschäftigt, das Gelände Stück für Stück vom Müll zu befreien. Ein Bagger greift mit der Schaufel in den Abfallberg und legt die Ladung auf eine freie Fläche. Zwei Männer durchkämmen die kleinen Häufchen. „Alles, was gefährliche Abfälle sein könnten, sortieren sie aus“, erklärt Sven Francke. Dazu gehören zum Beispiel Farben und Lacke, alte Ölkanister oder Dachpappen. Ein Mitarbeiter zieht künstliche Mineralfasern aus einem Haufen und packt sie in einen Spezialsack. Davon stapeln sich mehrere in einem Container. „Loses Asbest haben wir noch nicht gefunden“, sagt der Bauleiter.
Keine Ratten oder andere Tiere auf dem Gelände
Die Mitarbeiter tragen weiße Schutzanzüge, Spezialstiefel und Überdruckmasken, die sie mit frischer Luft versorgen. Auch die Kabine des Baggerfahrers ist mit einer Überdruckanlage ausgestattet. Denn klar ist: Die Abfälle können gesundheitsschädlich sein. Deswegen gibt es hohe Sicherheitsvorkehrungen. Immer wieder werden Luft-, Partikel- und Gasmessungen vor Ort vorgenommen, um die Menge von herumfliegenden Asbestfasern zu messen und mögliche Gefahren auszuschließen. Auch das Grundwasser wird regelmäßig überprüft. „Bisher gibt es keine Auffälligkeiten“, sagt Francke.
Im Vorwege habe es viele Spekulationen gegeben, wie schädlich der Müllberg für Mensch und Natur sein könnte. „Aber die Anwohner und Mitarbeiter der umliegenden Firmen müssen sich keine Gedanken machen. Die Mutmaßungen bestätigen sich nicht.“ Auch befänden sich keine Ungeziefer wie Ratten auf dem Grundstück. „Unsere Mitarbeiter haben noch nicht ein Tier gesehen“, sagt Francke.
Sicherheitsstandards bei Räumung sind sehr hoch
Sind die Schadstoffe aus den Müllhaufen sortiert, werden Container mit dem übriggebliebenen Abfall beladen und zu einer externen Entsorgungsfirma gebracht. Dort wird der Müll erneut sortiert. Kunststoffe, Bauschutt oder Teppiche werden nochmals voneinander getrennt. Zum Schluss bleiben nur „sortenreine“ Abfälle übrig, die dann fachgerecht entsorgt wird. „Wir haben sozusagen eine doppelte Sortierung“, sagt der Bauleiter.
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Die Sicherheitsstandards sind sehr hoch. Immer wieder werden Analysen der bereits von Schadstoffen befreiten Müllhaufen durchgeführt. Ein Schadstoffbüro entnimmt Proben und überprüft, ob sich auch wirklich keine schädlichen Reste mehr in dem Müll befinden. Erst dann wird er von Friedrichsgabe zum Entsorger abtransportiert. „Sicherheit steht an erster Stelle“, sagt Francke.
Müllberg schrumpft täglich um etwa 70 Tonnen
Er schätzt, dass der Müllberg täglich um etwa 70 Tonnen schrumpft. Theoretisch bleiben der Firma Ehlert & Söhne laut Auftrag des Landes 28 Wochen Zeit, um ihn vollständig zu räumen. Schon nach nicht einmal vier Wochen ist ein Viertel der rund 4000 Quadratmeter großen Fläche sauber. Arbeitet das Unternehmen weiter in dieser Geschwindigkeit, könnte der Haufen schon deutlich früher verschwunden sein. Sven Francke tritt auf die Bremse. „Wir wissen nicht, worauf wir noch stoßen. Wenn es so weiterläuft, sind wir aber optimistisch, früher fertig zu werden.“
Vor der Räumung schätzte das Land die Kosten für die Entsorgung auf knapp vier Millionen Euro. Wie hoch die Summe wirklich sein wird, zeigt sich am Ende. „Die Schätzung halte ich aber für realistisch“, sagt Francke.