Norderstedt. Bündnis ruft zu Groß-Demo gegen Rechtsextremismus auf. Wie der Protest am Freitag, 2. Februar, ablaufen soll. Alle Infos.

„Man müsste ja mal was machen“: Das hat Danny Clausen-Holm zuletzt öfter gehört, als es darum ging, in Norderstedt einen Protest gegen Rechtsextremismus und die AfD, gegen deren Umsturz- und Deportationspläne, auf die Beine zu stellen. In wenigen Tagen ist es so weit. Was in unzähligen Städten und Gemeinden in Deutschland, ob nun Metropole oder ländlicher Raum, seit rund zwei Wochen die Menschen zusammenbringt, wird am Freitag, 2. Februar, auch in Norderstedt stattfinden.

„5 vor 33 – Norderstedt gegen rechts“, die Kundgebung beginnt um 16 Uhr auf dem Rathausmarkt, sie wird vom Lesben- und Schwulenverband, in dessen Landesvorstand Clausen-Holm sitzt, organisiert, in Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendbeirat, und unterstützt von weiteren Akteuren eines Netzwerks, das kurzfristig weiter wachsen könnte.

Norderstedt: Groß-Demo gegen Rechtsextremismus auf dem Rathausmarkt

„Wir sehen, wie viele Leute an dem Thema interessiert sind. Diese Veranstaltung steht Norderstedt mit Sicherheit gut zu Gesicht“, so der Mitorganisator. Was kürzlich durch die Arbeit des Rechercheverbunds Correctiv öffentlich wurde, sei aus seiner Sicht „der letzte Schubs gewesen“, nun würden immer mehr Menschen realisieren, welche Gefahr die AfD darstelle. „Und dass da ganz andere Kräfte hinterstehen.“

Ihn ärgert, dass teils in der Berichterstattung davon die Rede war, dass sich „Parteifunktionäre mit Rechtsextremen“ getroffen hätten. „Es haben sich Nazis mit Nazis getroffen.“ Als schwulen Mann betreffen ihn faschistische Ideologien noch einmal anders, schließlich wurden in der NS-Zeit Menschen wegen ihrer sexuellen Identität verfolgt.

Pastorin Heike Shelley: „Die Kirchenlandschaft ist dabei“

Dass der LSVD hier die Initiative ergreift, macht Sinn, man hat eine gewisse Erfahrung durch die beiden „Norderpride“-Veranstaltungen, also dem Christopher Street Day in Norderstedt, der übrigens auch 2024 fest eingeplant ist im Juni. Clausen-Holm: „Wir fühlten uns in der Lage, eine solche Veranstaltung in relativ kurzer Zeit geordnet abzustimmen. Es ist der Moment, der jetzt wirkt.“

Überall ist die Sorge vor rechtem Gedankengut derzeit greifbarer geworden. So auch in der Kirche. Heike Shelley, Pastorin der Vicelin-Schalom-Gemeinde, berichtet: „Ich wurde angesprochen, von Gemeindemitgliedern, von Menschen, die der Kirche nahe stehen, von muslimischen Nachbarn.“ Diese fragten: „Warum macht Norderstedt nichts? Ich war dann sehr froh zu hören, dass Norderstedt etwas organisiert. Die Kirchenlandschaft ist dabei.“

Groß-Demo: Geplant wird mit 5000 Menschen

Und auch der Kinder- und Jugendbeirat engagiert sich. „Vor allem wir als junge Generation setzen uns damit auseinander. Bei der nächsten Bundestagswahl können viele uns das erste Mal wählen“, sagt Sprecherin Julina Yu. Bekannt ist, dass in dem bei Teenagern und jungen Erwachsenen sehr beliebten sozialen Netzwerk TikTok gerade die AfD omnipräsent ist, dass deren Abgeordneten hier weitaus aktiver sind und mehr Reichweite generieren als Politikerinnen und Politiker demokratischer Parteien.

Rund 3500 Menschen demonstrierten am 21. Januar in Henstedt-Ulzburg. Es war die wohl größte Kundgebung aller Zeiten im Kreis Segeberg. 
Rund 3500 Menschen demonstrierten am 21. Januar in Henstedt-Ulzburg. Es war die wohl größte Kundgebung aller Zeiten im Kreis Segeberg.  © Bündnis für Demokratie und Vielfalt Henstedt-Ulzburg | Bündnis für Demokratie und Vielfalt Henstedt-Ulzburg

Die Resonanz könnte groß sein. Darauf hoffen alle. „Wir haben uns auf 5000 bis 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingestellt“, sagt Danny Clausen-Holm. Zum Vergleich: In Henstedt-Ulzburg waren es am vergangenen Sonntag bereits erstaunliche 3500 Menschen, die einem kurzfristigen Aufruf gefolgt waren und durch die Gemeinde zogen. Es gilt als die bisher größte Demo aller Zeiten im Kreis Segeberg.

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Zum Ablauf sagt Florian Wieczorek vom LSVD: „Wir bitten, nicht mit dem Auto zu kommen. Wir wollen auch mit der Hochbahn sprechen, ob sie den U-Bahn-Takt erhöhen können.“ Es wird bei einer festen Kundgebung auf dem Rathausmarkt bleiben, die Idee, es ähnlich wie Henstedt-Ulzburg zu machen, wurde letztlich verworfen.

Norderstedt: Diese Rednerinnen und Redner sind für die Kundgebung eingeladen

Die neue Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder hat ihr Kommen bereits zugesagt. „Ich unterstütze die Kundgebung, und ich rufe die Leute auf, sich anzuschließen. Ich hoffe auch, dass sich viele Vereine und Verbände anschließen, damit in Norderstedt als Stadtgesellschaft Haltung zeigen, laut sind und zeigen, dass uns die Demokratie wichtig ist.“

Schmieder gehört auch zu den Rednerinnen und Rednern. Vertreter des LSVD sowie des Kinder- und Jugendbeirates wollen ebenso sprechen wie der Bundestagsabgeordnete Bengt Bergt (SPD), der Landtagsabgeordnete Patrick Pender (CDU), Oberbürgermeisterin Schmieder, die stellvertretende Stadtpräsidentin Katrin Fedrowitz und Pastorin Shelley sprechen. Angefragt sind zudem Bildungsministerin Karin Prien (CDU) und Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Auch eine Internetseite wurde in kurzer Zeit online gestellt. Auf 5vor33.com gibt es weitere Infos, dazu über die Social-Media-Kanäle des LSVD. „Wir sind mehr, lauter, bunter, das wollen wir am 2. Februar zeigen“, so Florian Wieczorek.

Gegen Rechtsextremismus: Auch Bad Segeberg ruft auf, Haltung zu zeigen

Übrigens: Tags darauf, am 3. Februar, ist auch die Kreisstadt Bad Segeberg auf der Straße. Dort haben sich die Initiative „Segeberg bleibt bunt“ und die Politik zusammengeschlossen. „Wir bitten alle Bürgerinnen und Bürger Bad Segebergs und aus den umliegenden Gemeinden, ihren persönlichen Beitrag zu leisten und sich entschlossen gegen rechte Ideologien zu positionieren“, heißt es in dem Aufruf der Stadtverwaltung.

„Alle demokratischen Parteien, Institutionen, Verbände, Einrichtungen und Initiativen sowie alle Bürgerinnen und Bürger sind dazu eingeladen, um – über alle sonstigen eventuellen Differenzen hinweg – dem Rechtsextremismus mit klarer Haltung zu begegnen. Rechte Vertreibungsfantasien und menschenverachtende Deportationspläne haben in unserem Land und in unserer Stadt keinen Platz. Rassismus und Diskriminierung werden wir niemals dulden.“ Die Kundgebung findet auf dem Marktplatz statt, Beginn ist um 15 Uhr.