Norderstedt. Neue Oberbürgermeisterin von Norderstedt startet im Januar. Rathaus steht vor einem Umbruch. Warum die Stadtvertretung eine besondere war.

„Jetzt ist es amtlich“, sagte Katrin Schmieder nach der für sie und auch grundsätzlich für Norderstedt historischen Sitzung der Stadtvertretung im Plenarsaal. Rund fünf Wochen, nachdem sie die Stichwahl gegen Robert Hille (CDU) gewonnen hatte, ist die 55-Jährige nun offiziell als neue Oberbürgermeisterin der viertgrößten Stadt in Schleswig-Holstein vereidigt worden. Dies nahm, so ist es formal vorgesehen, Stadtpräsidentin Petra Müller-Schönemann (CDU) vor, während die bisherige Verwaltungschefin Elke Christina Roeder (SPD) ihrer Nachfolgerin die Ernennungsurkunde überreichte. Eine Zeremonie, die gleichermaßen für den Neubeginn im Rathaus steht, den es ab dem 10. Januar geben wird, wenn Schmieder ihren ersten Arbeitstag hat.

Dann wird für die bisherige Sozialdezernentin und 2. Stadträtin ein neuer Abschnitt seinen Anfang nehmen. Nein, aufgeregt sei sie nicht gewesen, als sie vor den Fraktionen und den Gästen stand, schließlich sei sie vor zwei Jahren schon einmal vereidigt worden, seinerzeit als 2. Stadträtin. Aber: „Es ist ein besonderer Schritt.“ Sie hatte eine kurze Rede vorbereitet. „Keine inhaltliche, das war noch nicht der richtige Moment“, betonte sie, das wolle sie dann beim Neujahrsempfang der Stadt am Sonntag, 21. Januar, nachholen.

Stadtpräsidentin Petra Müller-Schönemann vereidigt Katrin Schmieder als neue Oberbürgermeisterin von Norderstedt.
Stadtpräsidentin Petra Müller-Schönemann vereidigt Katrin Schmieder als neue Oberbürgermeisterin von Norderstedt. © Christopher Mey | Christopher Mey

Emotionaler Abend in Norderstedt: Katrin Schmieder vereidigt

„Das Versprechen nicht nur auf die Verfassung, sondern auf eine gute Zusammenarbeit, auf ein gutes Wirtschaften in der Stadt, auf eine gute Weiterentwicklung in der Verwaltung, mit der Politik, mit den Mitarbeitenden, das war mir heute wichtig – zu sagen: Ich bin da, ich nehme die Herausforderung an, ich habe Lust, traue mir das zu, und das haben mir auch 14.000 Wählerinnen und Wähler zugetraut.“ Das sei die Botschaft gewesen. „Ich bin zuversichtlich, wir sind alle angetreten, um etwas für Norderstedt zu bewegen.“

Vorher werde sie aber noch etwas Urlaub nehmen. Danach steigt sie vorübergehend in eine Mehrfachbelastung ein. Denn solange die Politik das Sozialdezernat nicht per Wahl neu besetzt hat, muss sie dieses, gemeinsam mit ihrem Team, teilweise weiterführen, einige Aufgaben übernimmt Baudezernent Christoph Magazowski.

In einer kurzen Rede versprach Katrin Schmieder eine gute Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden in der Verwaltung und den politischen Fraktionen in der Norderstedter Stadtvertretung.
In einer kurzen Rede versprach Katrin Schmieder eine gute Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden in der Verwaltung und den politischen Fraktionen in der Norderstedter Stadtvertretung. © Christopher Mey | Christopher Mey

Vom Embacher bis Roeder: Die Vorgänger von Katrin Schmieder

Katrin Schmieder ist damit die zweite Frau an der Spitze der Verwaltung in Norderstedt. Vor ihr und Elke Christina Roeder hatten ausschließlich Männer das Rathaus geführt. Horst Embacher, der zuvor Bürgermeister von Garstedt war, übernahm die Leitung 1970 bei der Stadtgründung, der Sozialdemokrat war bis 1982 Bürgermeister. Er verstarb 2007.

Ihm folgte für zehn Jahre Dr. Volker Schmidt (1982 bis 1992, gestorben 2020). Auch das dritte Oberhaupt kam aus der SPD: Dr. Wilhelm Petri war bis 1998 Bürgermeister einer stetig wachsenden Stadt. Sein Nachfolger prägte die Stadtgeschichte, niemand war so lange im Amt: Hans-Joachim Grote (CDU), er war zu diesem Zeitpunkt bereits Baudezernent, setzte sich knapp gegen seinen internen Rivalen, den Kulturdezernenten Harald Freter (SPD), durch – und gewann drei weitere Wahlen, ehe er 2017 als Innenminister in die schleswig-holsteinische Landesregierung wechselte. Zwischendurch, 2005, war der Posten aufgewertet worden, Norderstedt wurde zur „großen kreisangehörigen Stadt“, und aus dem Bürger- ein Oberbürgermeister.

Die ersten vier Bürgermeister von Norderstedt auf einem seltenen Foto anlässlich der Amtseinführung von Hans-Joachim Grote (rechts) im Jahr 1998: Dr. Volker Schmidt (1982 bis 1992), Horst Embacher (1970 bis 1982) und Dr. Wilhelm Petri (1992 bis 1998, von links).
Die ersten vier Bürgermeister von Norderstedt auf einem seltenen Foto anlässlich der Amtseinführung von Hans-Joachim Grote (rechts) im Jahr 1998: Dr. Volker Schmidt (1982 bis 1992), Horst Embacher (1970 bis 1982) und Dr. Wilhelm Petri (1992 bis 1998, von links). © Jörg Schlömann | Jörg Schlömann

Grotes Abgang war eine Zäsur, die Nachfolge hart umkämpft. Unter einer Vielzahl Kandidaten und Kandidatinnen gewann Elke Christina Roeder (SPD) die Stichwahl, sie wurde die erste Rathauschefin. Doch nach sechs Jahren endet am 9. Januar 2024 ihre Amtszeit offiziell. Sie hatte beim Dreikampf gegen Katrin Schmieder und Robert Hille die Stichwahl verpasst. Auf eine feierliche Verabschiedung im Rahmen der Stadtvertretung verzichtete sie allerdings, der Punkt wurde auf ihren Wunsch von der Tagesordnung gestrichen.

Katrin Schmieder ist in Norderstedt aufgewachsen

Schmieder war ausdrücklich als unabhängige Bewerberin angetreten, parteilos ist sie aber nicht, sondern seit langer Zeit Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. Ein Geheimnis war das nie, zumal sie selbst früher sowohl im Ortsvorstand als auch Fraktionschefin war und auch für den Landtag kandidierte, ehe sie sich zeitweise aus der Kommunalpolitik zurückzog und erst durch ihre Wahl zur Sozialdezernentin 2021 wieder auf der Bildfläche erschien.

Zuvor war sie über 20 Jahre lang für eine Krankenkasse (DAK-Gesundheit) tätig, zuletzt als Leitung der Landesvertretung. Was sie jedoch im Wahlkampf gewinnbringend nutzte, war nicht nur ihre Verwaltungserfahrung sowohl dort als auch in Norderstedt, sondern ihre lokale Verbundenheit. Sie ist in der Stadt aufgewachsen, besuchte die Grundschule Heidberg und das Coppernicus-Gymnasium, war für viele, die sich für das tägliche Leben in Gesellschaft und Politik interessieren und engagieren, ein vertrautes Gesicht.

Die Vorgängerin von Katrin Schmieder: Elke Christina Roeder im Plenarsaal des Rathauses. Ihre Amtszeit endet am 9. Januar 2024.
Die Vorgängerin von Katrin Schmieder: Elke Christina Roeder im Plenarsaal des Rathauses. Ihre Amtszeit endet am 9. Januar 2024. © Norderstedt | Christopher Mey

Eine Oberbürgermeisterin verdient im Monat mehr als 10.000 Euro brutto

Auch das Gehalt von Katrin Schmieder steigt mit dem neuen Amt. Als Dezernentin wurde sie nach der Besoldungsgruppe B4 bezahlt, was 9127,63 Euro brutto im Monat sind. Eine Oberbürgermeisterin gehört zur Stufe B7, und das sind monatlich 10.777,49 Euro brutto (jeweils ohne Zuschläge, Quelle: DBB Beamtenbund und Tarifunion).

Der Wechsel an der Spitze ist nicht der einzige Umbruch im Rathaus. Schmieders Wahlsieg sorgt für eine vorübergehende Vakanz, die Stadt Norderstedt sucht eine neue Führung für das Dezernat II mit rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Jugendamt, Sozialamt, Amt für Schule und Sport, Amt für Kindertagesstätten und dem Amt für Bildung und Kultur.

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Im Rathaus Kolleginnen, im Wahlkampf Rivalinnen: Katrin Schmieder und Elke Christina Roeder.
Im Rathaus Kolleginnen, im Wahlkampf Rivalinnen: Katrin Schmieder und Elke Christina Roeder. © Christopher Mey | Christopher Mey

Norderstedt: Bewerbungen für Sozialdezernat bis 26. Januar 2024 möglich

Die Politik hat sich auf das weitere Vorgehen verständigt. Die Stelle wird ausgeschrieben und auf zahlreichen Portalen inseriert. Bewerbungen können vom 15. Dezember 2023 bis zum 26. Januar 2024 eingehen. Informelle Interessenten soll es bereits geben, hört man. Anschließend werden die Kandidatinnen und Kandidaten durch die Fraktionsvorsitzenden gesichtet, die wiederum Rückmeldung geben, wer zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird.

Diese Runden sollen am 28. und 29. Februar stattfinden. Die Stadtvertretung würde am 26. März abstimmen, die Nachfolgerin oder der Nachfolger von Katrin Schmieder dann am 14. Mai vereidigt.