Norderstedt. Die Sozialdezernentin ist bestens vernetzt in der Stadt – und sie will den Chefsessel im Rathaus. Ein Porträt zur Wahl.
Wer Katrin Schmieder in diesen Tagen trifft, begegnet einer Frau, die bis in die Haarspitzen motiviert ist. Sie möchte die nächste Oberbürgermeisterin von Norderstedt werden – und davon, dass es auch so kommt, ist sie fest überzeugt. Amtsinhaberin Elke Christina Roeder, ihre Chefin, soll dafür das Feld räumen.
Denn, so Schmieders Überzeugung: Vieles muss in Norderstedt besser werden. Kommunikation ist das Stichwort: die zwischen Verwaltung und Politik, die zwischen Rathaus und Bürgern. Dass es im Moment anders sei, dass da vieles im Argen liege, lastet sie direkt ihrer Chefin an – ohne Umschweife und in aller Öffentlichkeit.
Machtmensch und empathische Kümmerin – beides gehört wohl zusammen
Die Chuzpe, die Nerven und den – wie soll man es nennen? – Killerinstinkt dafür muss man erstmal haben. Katrin Schmieder (55) scheint das alles mitzubringen. Andererseits: Da ist auch der Familienmensch Katrin Schmieder. Die Ehrenamtlerin, die allseits vernetzte, alles und jeden kennende Ur-Norderstedterin, die offenbar gut mit Menschen kann. Die geschätzte, respektierte Sozialdezernentin und Zweite Stadträtin.
Beides – der Machtmensch und die empathische Kümmerin – gehören wohl irgendwie zusammen. Und natürlich, ein gewisses Selbstbewusstsein und etwas Durchsetzungsfähigkeit gehören zur Stellenbeschreibung, wenn es um den Chefsessel im Rathaus geht.
Das wissen auch CDU-Kandidat Robert Hille und Elke Christina Roeder (SPD) sehr gut. Politiker nennen so etwas lieber den „Wunsch, etwas zu gestalten“, also machen wir hier mal weiter. Was möchte Katrin Schmieder gestalten, die zwar Grünen-Mitglied ist, aber als überparteiliche Kandidatin antritt?
Kandidatin möchte „das Rathaus öffnen“, es bürgernäher gestalten
„Ich möchte mit der Politik wieder in einen sehr guten Austausch, in Beschlüsse kommen“, sagt sie. Denn seit zwei Jahren erlebe sie, dass „es häufig an Führung der Oberbürgermeisterin fehlt, bei politischen Entscheidungsfindungen.“ Die nun sieben Fraktionen möchte sie „im besten Fall begeistern, für neue Ideen“, so Schmieder. Und: „Das traue ich mir auch zu.“
Das Rathaus möchte sie „öffnen“, es „viel bürgernäher gestalten“. Ihr schweben zum Beispiel „Bürger-Terminals“ in den Stadtteil-Büchereien vor, an denen man bestimmte Dinge erledigen kann. Die Norderstedter müssten dann nicht immer ins Rathaus nach Norderstedt-Mitte kommen. Dort wiederum könnte sie sich vorstellen, einen „kleinen Newsroom“ einzurichten.
Schmieders Idee: Ein Bildschirm im Herold-Center, mit Infos aus dem Rathaus
Von dort aus könnte dann die Verwaltungsspitze die Bürger darüber informieren, „was gerade passiert, was in der Stadt anliegt.“ Solche Informationen könnten dann zum Beispiel über einen „LED-Bildschirm im Herold-Center“ zu sehen sein.
Den Fachkräftemangel in der Verwaltung möchte sie auch angehen, kann sich vorstellen, dafür „externe Profis“ zu engagieren. Man brauche „längst ein gutes Personalkonzept“. Und mit der Digitalisierung müsse es auch wesentlich schneller vorangehen. Für öffentliche Investitionen – wie etwa Schulsanierungen – fordert sie ein „Ausgabencontrolling“.
Oberbürgermeisterin – ein „knallharter Verwaltungsjob“
Katrin Schmieder bietet im Prinzip an, eine exzellente Verwaltungschefin zu sein, die den Laden viel besser führen würde. Von einem „knallharten Verwaltungsjob“ spricht sie. Politische Wahlversprechen will sie nicht machen, eingedenk der Tatsache, dass das Amt der Norderstedter Oberbürgermeisterin ja tatsächlich vor allem ein Verwaltungsamt ist. Hier unterscheidet sie sich von CDU-Herausforderer Robert Hille, der meint, dass ein Oberbürgermeister durchaus „Ideen“ haben, politische Akzente setzen dürfe.
Aber gewisse Vorstellungen hat Katrin Schmieder natürlich auch, sie nennt sie ihre „Herzensthemen“. Dazu gehört, dass Norderstedt Wohnungsbau brauche – dafür will sie „Verwaltung, Politik und Wohnungswirtschaft an einen Tisch“ holen. Und wenn dann immer noch niemand günstigen Wohnraum schafft, kann sie sich auch vorstellen, dass die Stadt selbst ein Kommunale Wohnungsbaugesellschaft gründet.
Schmieder glüht für das Ehrenamt, für bürgerschaftliches Engagement
Das ist seit Jahren eine Lieblingsidee von SPD und Grünen in der Stadtversammlung – CDU und FDP hingegen halten so etwas für Teufelszeug. So weit die Parteipolitik. Besonders an der Kandidatin Schmieder ist nun, dass ihre Ideen und Vorschläge oft aus einer ganz anderen Richtung kommen – und deshalb vielleicht auch Chance haben, politische Gräben zu überwinden.
Schmieder glüht nämlich für das Ehrenamt, für bürgerschaftliches Engagement, für generationenübergreifendes Miteinander. Und so schlägt sie vor, dass sich zur Überwindung der Wohnungsknappheit in Norderstedt auch „Alt und Jung Wohnraum teilen“ könnten.
Und wenn es darum geht, was man gegen überfüllte Züge, überfüllte Busse tun könnte – ein Bereich, der eigentlich nicht in die Zuständigkeit der Stadt fällt – dann regt sie an, dass es doch ehrenamtliche Fahrdienste geben könnte, dass also jüngere Norderstedter mit dem Auto ältere Norderstedter zu wichtigen Terminen bringen.
„Wenn ich Oberbürgermeisterin bin“, sagt Katrin Schmieder
Ideen wie diese will Katrin Schmieder in die politische Arena bringen, „wenn ich Oberbürgermeisterin bin“. Aber nicht nur die politische Arena soll diskutieren, sondern am besten die ganze Stadt. Denn es ist ja gerade der öffentliche Dialog, den Katrin Schmieder stärken will, für den sie die Menschen „begeistern“ will.
Im Wahlkampf präsentiert sich Schmieder als Gegenentwurf zu Amtsinhaberin Elke Christina Roeder (56) die erneut von der SPD ins Rennen geschickt wird. Im Unterschied zu dieser – und auch zu Robert Hille – ist Schmieder geboren und aufgewachsen in Norderstedt, was sie bei vielen Gelegenheiten betont. Mit ihren beiden Söhnen, ihrem Lebenspartner und dessen drei Söhnen lebt sie in einer großen Patchworkfamilie – und das zeigt sie auch auf ihrer Webseite.
Beim 1. SC Norderstedt ging es los, als Übungsleiterin beim Judo
Gesellschaftliches Engagement lernte Schmieder schon von Kindesbeinen an. Ihr Vater Peter Feldmann war viele Jahre lang Vorsitzender des 1. SC Norderstedt. Und hier fand auch Katrin Schmieder den Weg ins Ehrenamt, nämlich als Übungsleiterin beim Judo.
Weitere Stationen: Vorstand der Kreissportjugend, Vorstand der Landessportjugend. Später engagierte sie sich als Elternvertreterin, landete so in verschiedenen Gremien, etwa im Jugendhilfe-Ausschuss der Stadt und des Kreises.
„Das war mein politischer Einstieg“, sagt Katrin Schmieder. Und so wurde sie Mitglied der Grünen, saß für diese Fraktion von 2013 bis 2018 in der Norderstedter Stadtversammlung, zuletzt als Vorsitzende. Über diese Zeit könnte sie eine Menge erzählen, aber es gibt ja auch noch die berufliche Seite von Katrin Schmieder.
Für Job der Sozialdezernentin kündigte Schmieder nach 26 Jahren bei der DAK
Nachdem sie Krankenschwester gelernt und dann BWL studiert hatte, arbeitete sie nämlich für die Krankenkasse DAK Gesundheit, ganze 26 Jahre lang. Warum das wichtig ist? Katrin Schmieder leitete die Landesvertretung Hamburg – und einiges von dieser Führungserfahrung, vom Know-how aus dem Verwaltungswesen, werde ihr auch im OB-Job helfen. Bei der DAK habe man zum Beispiel das mit der Digitalisierung viel früher und besser in Angriff genommen.
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2021 dann ein recht radikaler Wechsel. Das Amt der Sozialdezernentin in Norderstedt stand in Aussicht, Katrin Schmieder ließ dafür den eigentlich sehr geschätzten Job bei der DAK sausen. Und wurde mit großer Mehrheit von der Norderstedter Stadtvertretung gewählt. Spekulationen, dass sie eigentlich mehr wolle, nämlich den Job der Oberbürgermeisterin, gab es schon damals.
Katrin Schmieder verneint das: „Ich bin wahrlich nicht so gestartet.“ Die Entscheidung, kandidieren zu wollen, sei erst im Herbst 2022 „gereift, bis zum Winter.“ Im Frühjahr 2023, „als es für mich klar war“, hat sie dann das Gespräch mit Elke Christina Roeder gesucht.
Was Schmieder über die Zusammenarbeit mit Elke Christina Roeder sagt
Wie sie seitdem mit ihr zusammenarbeitet, in dieser wahrlich nicht einfachen Konkurrenzsituation? „Uns werden ja interne Unstimmigkeiten angedichtet. Aber wir arbeiten professionell zusammen“, sagt Katrin Schmieder dazu.
Geht ihr Plan auf, dann dauert diese etwas spezielle Zustand noch bis zum 8. Oktober an. Dann, ist Schmieder sicher, werden die Menschen in ihrer Heimatstadt sie ins Spitzenamt wählen. Elke Christina Roeder hätte dann bis Anfang Januar Zeit, die Amtsgeschäfte zu übergeben.
Und falls es anders kommt? „Ich bin für sechs Jahre zur Sozialdezernentin gewählt. Dann mache ich eben weiter“, sagt Katrin Schmieder. Schlaflose Nächte scheint ihr auch diese Perspektive nicht zu bereiten.