Tangstedt. Spannende Vision: Lokalpolitik in der Gemeinde nennt Idee für langfristige Regionalplanung. Das sind die Hintergründe.
Die Vorstellung klingt fast schon zu schön: Was wäre, wenn es in Tangstedt eine U-Bahnhaltestelle gebe, und diese wiederum Teil eines Rings wäre, der die U1 von Ohlstedt bis nach Norderstedt anbindet? Zugegeben: Davon ist nicht nur die Gemeinde weit entfernt, auch der HVV oder das Land Schleswig-Holstein verfolgen keine derzeitigen Pläne. Aber das bedeutet nicht, dass nicht darüber geredet werden sollte. Das findet zumindest die Lokalpolitik in Tangstedt. Diese diskutierte kürzlich im Planungs- und Umweltausschuss ihre Stellungnahme zum Entwurf der Regionalpläne in Schleswig-Holstein.
Dazu ist der Ort genauso aufgerufen wie jede andere Kommune im Land. Manche formulieren ihre Positionen, andere lassen es bleiben und folgen damit der Einschätzung der Landesregierung. Für 15 Jahre soll festgelegt werden: Was sind die jeweiligen Siedlungsachsen, welche Funktionen sollen Gemeinde oder Städte erfüllen, wie sich die Infrastruktur entwickeln, wo müssen Grünzüge erhalten bleiben. Auf dieser Basis können dann wichtige Projekte auf lokaler Ebene angeschoben werden. Tangstedt hat nach Ansicht des Landes die Funktion „Wohnen und Erholung“ für die Metropolregion, was die Gemeinde im Prinzip genauso sieht.
Spannende Vision: U1-Verlängerung – ab Ohlstedt über Tangstedt bis Norderstedt?
Arne Müssig (CDU) ist Vorsitzender des Ausschusses in Tangstedt. Als die Entwürfe der Regionalpläne im Sommer in Norderstedt vorgestellt wurden, war er vor Ort. „Ich habe mich dann durch die Akten gearbeitet, eine erste Ideensammlung zusammengeschrieben und den Ausschussmitgliedern zur Verfügung gestellt.“ Nach den Ferien wurden die Eckpunkte genauer besprochen, ehe Müssig und Christoph Singer (Grüne) die Stellungnahme ausformulierten. Diese hat das Gremium abgesegnet, eine Zustimmung der Gemeindevertretung zu dem neun Punkte umfassenden Papier gilt als sicher.
„Wir können natürlich nur Anregungen geben, es geht über unseren Planungshorizont hinaus“, so Müssig. Insbesondere beim Thema Verkehr. Doch die Gemeinde spürt hier fraglos die Auswirkungen davon, dass immer mehr Menschen ins Hamburger Umland ziehen, aber dann morgens oftmals mit dem Privatauto pendeln – zumindest bis zur nächsten U1-Haltestelle, und das wäre eben entweder in Norderstedt oder in Ohlstedt.
U1 sei doch „prädestiniert“ für Anschluss an das Stammgleis in Norderstedt
„Es geht uns auch weniger um die Tangstedter Pendler, sondern darum, den Verkehr zwischen Norderstedt und Wandsbek zu entlasten“, sagt der CDU-Politiker. Aktuell verlaufe die U1 quasi wie ein „U“. Und in Ohlstedt würden die Gleise eben enden. Dabei, so Müssig, wäre die Linie doch „prädestiniert“ für einen Anschluss an das alte Stammgleis an der Oststraße in Norderstedt.
Genau diese Vision kennen die Menschen in der großen Nachbarstadt bereits. Denn die kürzlich abgewählte Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder (SPD) hatte einen solchen Ringschluss, dann auch unter Einbeziehung des Stadtparks, ebenso als Zukunftprojekt genannt, dass sie gerne initiiert hätte. Bekanntlich will Norderstedt bereits die U1 von Norderstedt-Mitte bis zur Quickborner Straße verlängern – ein Megaprojekt, dessen Realisierung aber derzeit noch in den Sternen steht.
Die B432 ist durch den täglichen Pendlerverkehr stark belastet
In Tangstedt könnten Park+Ride-Flächen entstehen, meint die Politik. Und dann müssten eben nicht mehr Tausende Menschen täglich die Bundesstraße 432 in Richtung Norderstedt und Hamburg fahren. Die Belastung hat hier in den letzten Jahren enorm zugenommen. Ebenso ärgern sich die Bürger in der Gemeinde traditionell über den Durchgangsverkehr in ihrem Dorf.
„Es ist ein Projekt für die nächsten 20 bis 30 Jahre“, sagt Arne Müssig. Aber vielleicht, so hofft man, behält es irgendjemand in Kiel im Hinterkopf, wenn es perspektivisch einmal um Strategien für eine Erweiterung des schienengestützten ÖPNV in der Metropolregion geht, und zwar nicht nur entlang der A7.
Neue Wohngebiete: Die Metropolregion wird sich weiter verändern
Hinzu kommt: Tangstedt ist auch ein Beispiel dafür, wie sich das Umland der Hansestadt verändern wird. Mit dem „Lindenallee“-Areal, für das ein Strukturkonzept erarbeitet wird, soll langfristig ein großes Wohngebiet entstehen, die Grundschule soll neu gebaut werden, und an der B432 Gewerbe angesiedelt werden. Deswegen erneuern die Fraktionen auch ihren Wunsch nach einer Umgehungsstraße. „Wir bitten die Landesregierung, das Thema Entlastungsstraße zwischen Schleswig-Holstein-Straße und B432 in die zukünftige Planung zu nehmen.“
Schon vor Jahren hatte es hierzu einen Grundsatzbeschluss gegeben. Allerdings gilt ein solches Vorhaben als schwierig umzusetzen. Die Finanzierung müsste aus Landesmitteln geleistet werden, die Prioritäten lagen da aber bislang anders. Ferner müsste ein Korridor entlang des Tangstedter Forstes gefunden werden, und das teilweise auf Norderstedter Stadtgebiet – keine einfache Aufgabe.
Tangstedt: Auch zeitgemäße Radwege werden als Wunsch genannt
Parallel denkt die Gemeinde aber auch an andere Formen der Mobilität. Man „begrüßt den Ansatz, den Radverkehr durch Velorouten und Radschnellwege zu stärken“, heißt es. Vier Strecken werden explizit genannt: die Anbindung von Wulksfelde über Wiemerskamp bis Jersbek, der seit langer Zeit geforderte Radweg nach Wakendorf II entlang der Oberalsterniederung, durchgehende Strecken nach Duvenstedt und Norderstedt, und generell eine Anbindung aller Tangstedter Ortsteile.
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Dass Tangstedt und Norderstedt zusammenarbeiten wollen, verdeutlichen die Pläne für Freizeitgewerbe entlang der Schleswig-Holstein. Hier entsteht momentan eine Machbarkeitsstudie. Die Idee: In einigen Jahren wird der Kiesabbau rund um die Costa Kiesa enden. Eine Renaturierung des riesigen Areals ist dann sowieso gesetzlich vorgeschrieben.
Freizeitareal Costa Kiesa: Tangstedt und Norderstedt haben große Pläne
In diesem Zusammenhang könnte dann ein großes Erholungsgebiet entstehen mit dem Badesee als Mittelpunkt, dazu mit einem Campingplatz und Tiny Houses. Das würde Touristen anlocken, und wäre im Sinne der Bevölkerung, denn neue Flächen für den Kiesabbau würden dort keinesfalls auf Zustimmung stoßen.
Die Gemeindevertretung wird sich voraussichtlich am 1. November (19.30 Uhr, Rathaus) mit der Stellungnahme zu den Regionalplänen beschäftigen.