Norderstedt. Paukenschlag am Wahlabend: Die amtierende SPD-Frau schaffte es gegen ihre beiden Herausforderer nicht in die Stichwahl.
- Robert Hille und Katrin Schmieder gehen in die Stichwahl am 5. November.
- Oberbürgermeisterin Roeder wird keine zweite Amtszeit in Norderstedt bekommen.
- Vorläufiges Endergebnis: Schmieder 36,7 Prozent, Roeder 27,7 Prozent, Hille 35,6 Prozent.
Die Oberbürgermeister-Wahl in Norderstedt endet mit einem Paukenschlag: Die amtierende Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder (SPD) wird keine zweite Amtszeit in Norderstedt erleben. Am Wahlabend schaffte sie es gegen ihre Herausforderer Robert Hille (CDU) und Katrin Schmieder (Mitglied bei den Grünen, aber ohne Parteinominierung angetreten) noch nicht einmal in die Stichwahl.
Zwischen Hille und der Sozialdezernentin Schmieder entwickelte sich am Sonntag hingegen ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach zwanzig ausgezählten Wahllokalen hatte Robert Hille 36,8 Prozent der Stimmen und Katrin Schmieder 36,3 Prozent. Abgeschlagen lag die Amtsinhaberin Elke Christina Roeder da schon mit 27,9 Prozent zurück.
Katrin Schmieder ist die Wahlsiegerin des Abends
Der Trend hielt bis zum Ende des Wahlabends. Während Hille nach 40 ausgezählten Wahllokalen 35,6 Prozent erzielte, durfte sich Katrin Schmieder als Wahlsiegerin des Abends fühlen: Sie lag mit 36,7 Prozent der Stimmen vorn. Amtsinhaberin Roeder schaffte es nicht über die 30-Prozent-Marke und landete am Ende bei 27,7 Prozent. In absoluten Zahlen: Für Schmieder stimmten 9815 Bürgerinnen und Bürger, für Hille 9531 – und für die Oberbürgermeisterin lediglich 7406.
„Natürlich ist das Ergebnis ernüchternd“, sagte Roeder. „Es tut mir leid, dass sich der Bundestrend durchgesetzt und jemand Stimmen gewonnen hat, indem er Dinge in der Stadt schlecht redet.“ Damit verpasste die Noch-Oberbürgermeisterin, die bis Anfang Januar weiterhin die Geschäfte im Rathaus leitet, CDU-Kandidat Hille einen Seitenhieb.
Elke Christina Roeder will erst mal in den Urlaub fahren
Dieser versuchte mit dem Thema Sicherheit die Wählerinnen und Wähler von sich zu überzeugen. Immer wieder berichtete die Polizei in der Vergangenheit von Gewaltverbrechen, die sich rund um die U-Bahnhöfe in Garstedt und Norderstedt-Mitte ereigneten. Hille will die Stadt sicherer machen – Roeder hingegen betonte, dass Norderstedt bereits sehr sicher sei.
Die 56-Jährige will sich nun erst einmal eine Auszeit gönnen und in den Urlaub fahren. Wohin, das weiß sie noch nicht. Ebenso hat sie sich noch nicht überlegt, wie es für sie nach dem Ende ihrer Amtszeit weitergeht. „Ich arbeite noch an einem Plan B“, sagte sie. Ihren beiden Konkurrenten wünscht sie in den kommenden Wochen „starke Nerven“ für die Stichwahl.
SPD-Ortsvereinsvorsitzende bitter enttäuscht vom Wahlergebnis
Katrin Fedrowitz war sichtlich enttäuscht am Wahlabend. Norderstedts SPD-Ortsvereinsvorsitzende hat Elke Christina Roeder durch den Wahlkampf begleitet, mit ihr Marmelade eingekocht und an den Haustüren der Bürger verteilt. „Ich bin traurig“, sagte Fedrowitz. Mit diesem ernüchternden Wahlergebnis hatte sie nicht gerechnet. „Trotzdem bin ich stolz auf meine Kandidatin. Sie hat zu ihrer Partei gestanden.“
Die Genossinnen und Genossen wollen nun beraten, ob sie einen der anderen Kandidaten in der Stichwahl unterstützen wollen. „Ich könnte mir aber vorstellen, dass viele Wählerinnen und Wähler von Frau Roeder der Wahl fern bleiben“, vermutete Fedrowitz.
Schmieder hatte sich schon festgelegt, als die Hälfte der Resultate vorlag. „Es wird eine Stichwahl geben, das ist klar. Spannend wird, wie sich die Roeder-Wählerinnen und -Wähler entscheiden, ob sie wählen gehen, und wen.“ Auf der Wahlparty ergriff sie das Mikrofon.
Auf Schmieders Wahlparty gab es „Und tschüs“-Rufe
„Wir haben einen Grund zum Feiern. Das ist, worauf wir hingearbeitet haben“, sagte sie zu ihren Unterstützerinnen und Unterstützern. Diese ließen keinen Zweifel an ihrer Präferenz, einige stimmten „Und tschüs“ an in Richtung der unterlegenden Oberbürgermeisterin. „Unser Ziel ist erreicht, Frau Roeder ist weg, die Stadt hat einfach Besseres verdient“, sagte Tobias Claßen von der FDP. Und Schmieders Vorgängerin als Sozialdezernentin, Anette Reinders, meinte: „Sie wird in der Stichwahl die besten Chancen haben.“
Gegenüber dem Abendblatt gab sich Katrin Schmieder selbstbewusst. „Ich hatte auf eine absolute Mehrheit gehofft. Aber wenn wir jetzt vier Wochen in die Verlängerung gehen, dann soll das so sein.“ Sie zog eine Analogie zum Fußball, schließlich hatte sie am Nachmittag noch das Regionalligaspiel von Eintracht Norderstedt gegen den FC St. Pauli II besucht. „Da gab es acht Minuten Nachspielzeit und eines spätes Siegtor. Es tat gut, auch einmal zwei Stunden etwas anderes zu machen.“
Zweitplatzierter Robert Hille (CDU) gab sich am Wahlabend zuversichtlich
Der Zweitplatzierte Robert Hille (CDU) gab sich am Wahlabend zuversichtlich. „Ich bin vorne mit dabei, fühle mich gut und bin genauso motiviert wie vorher!“, sagte er. Er sei zuversichtlich, die Stichwahl am 5. November gewinnen zu können. „Meine Themen sind Sicherheit, Wirtschaft, Familie und Bildung. Das bleibt gültig. Frau Schmieders Themen kenne ich nicht“, sagte der 47-Jährige. Zudem sei sie „eine Grüne“, stehe somit nicht für finanzpolitische Solidität. „Jeder Euro kann nur einmal umgedreht werden. Dafür stehe ich.“
Hille, der mit Familie und Ehefrau Nadine Hille-Nadarajah bei der CDU-Wahlparty in der „Hopfenliebe“ war, hatte sich am Wahlabend zunächst als Überraschungssieger fühlen dürfen. Er lag vorne, bis etwa die Hälfte der Wahllokale ausgezählt waren. In der „Hopfenliebe“ brandete immer wieder Jubel auf, als die Ergebnisse der ersten Wahllokale eingingen.
Wie Patrick Pender und Thorsten Borchers Roeders Abwahl kommentieren
Bei der Wahlparty war auch der CDU-Landtagsabgeordnete Patrick Pender. Der sagte zur Abwahl der Oberbürgermeisterin: „Meine persönliche Vermutung ist, dass in Norderstedt viele Prozesse schneller hätten bewerkstelligt werden können.“ Das habe Roeder zum Nachteil gereicht.
Norderstedts CDU-Ortsvorsitzende Thorsten Borchers kommentierte den Wahlausgang so: „Frau Roeder hat in sechs Jahren keine Vision für die Stadt entwickelt.“ Sie sei an ihrem Amtsvorgänger Hans-Joachim Grote (CDU) gemessen worden, in dem Vergleich sei sie nicht gut weggekommen. Außerdem sei es Elke Christina Roeder „nicht gelungen, parteiübergreifend zu wirken“, so Thorsten Borchers. „Die letzte Partei, die ihr die Treue hielt, war die SPD“. Nicht zuletzt seien „rathausinterne Querelen“ verantwortlich für Roeders Wahlniederlage
Norderstedt stehen vier weitere Wochen Wahlkampf bevor
So wird es nun also vier weitere Wochen Wahlkampf in Norderstedt geben. Katrin Schmieder und Robert Hille müssen nun die Wählerinnen und Wähler der SPD-Kandidatin Roeder versuchen, auf ihre Seite zu ziehen. Die Stichwahl am 5. November wird dann die endgültige Entscheidung bringen. Die Siegerin oder der Sieger ist verantwortlich für rund 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei der Stadt tätig sind. Ein knappes Drittel der Belegschaft wohnt übrigens in Norderstedt, ist damit wahlberechtigt.
- OB-Wahl: Antworten zu den fünf wichtigsten Themen der Stadt
- Elke Christina Roeder - Der Kampf um eine zweite Amtszeit
- Katrin Schmieder - Ur-Norderstedterin mit Machtanspruch
- Robert Hille - der freundliche Sheriff mit dem Einstecktuch
Die Wahlbeteiligung hielt sich ungefähr auf dem Niveau der Kommunalwahl vom Mai: Damals waren es 42,4 Prozent, diesmal 41,6.. Zum Vergleich: Bei der letzten OB-Wahl 2017 wurde das weder im ersten Wahlgang (38,24 Prozent) noch bei der Stichwahl (31,18 Prozent) erreicht. Seinerzeit hatte Elke Christina Roeder den CDU-Kandidaten David Hirsch besiegt. 2016 trat der langjährige Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote (CDU) ohne Konkurrenz an, es gaben nur 24,17 Prozent ihre Stimme ab. Kurz darauf wechselte Grote in die Landesregierung.