Norderstedt. Bilanz ein Jahr nach der Einführung: Alle Ziele seien erreicht, es gebe kaum Beschwerden – und auch noch Einnahmen.

Es ist in diesem Monat genau ein Jahr her, dass die Stadt Norderstedt auf ihren P+R-Parkplätzen und in den städtischen Tiefgaragen in Norderstedt-Mitte die Gebührenpflicht einführte. Mario Kröska, im Rathaus zuständig für den ruhenden und fließenden Verkehr in der Stadt, zog im Verkehrsausschuss nun eine umfängliche Bilanz der ersten zwölf Monate. Sein Fazit: Die Parkraumbewirtschaftung habe sich überaus bewährt, alle gewünschten Ziele der Einführung seien erreicht, es wurden sogar Einnahmen erwirtschaftet und die Beschwerdelage der Bürgerinnen und Bürger gehe gegen Null.

Gleichwohl Kröska ein überaus positives Fazit zieht, sieht er doch noch Verbesserungsbedarf im Parkraum-Konzept. Zum einen soll es in den Tiefgaragen West und Ost in Norderstedt-Mitte demnächst einige Kurzzeitparkplätze geben, auf denen man zwei Stunden mit Parkscheibe kostenlos parken können soll. Ein Zugeständnis an alle, die im Zentrum der Stadt schnell etwas erledigen wollen, auf der Rathausallee darüber aber keinen Kurzzeitparkplatz finden oder denen zwei Euro Tagesgebühr in den Garagen für einen kurzen Stopp zu teuer sind.

Neue Parkgebührzone: 21 Parkplätze am Dahlienstieg

Mario Kröska, Verkehrsplaner im Norderstedter Rathaus, zog Bilanz nach einem Jahr Parkraumbewirtschaftung in der Stadt.
Mario Kröska, Verkehrsplaner im Norderstedter Rathaus, zog Bilanz nach einem Jahr Parkraumbewirtschaftung in der Stadt. © Andreas Burgmayer | Andreas Burgmayer

Und ein weiterer Parkplatz wird kostenpflichtig: Die bestehenden Stellplätze entlang des Dahlienstieges an der U-Bahnhaltestelle Richtweg sollen so ausgebaut werden, dass 21 Autos und zwei E-Ladestationen Platz finden. Auch diese Parkplätze sollen dann 2 Euro am Tag, zehn Euro die Woche und 40 Euro im Monat kosten.

Wir haben die wichtigsten Fakten, Fragen und Antworten rund um die Parkgebühren in der Stadt aus der Bilanz zusammengetragen:

Zunächst: Wie sieht die Regelung eigentlich aus und wo gilt sie?

Die Gebühren betragen 2 Euro am Tag, zehn Euro die Woche und 40 Euro im Monat. Sie gelten montags bis sonnabends, zwischen 8 und 18 Uhr auf den P+R-Parkplätzen an der Quickborner Straße und in den Parkgaragen in Norderstedt Mitte, sowie auf dem Parkplatz des Rathauses am Alten Heidberg. Außerdem gibt es am Herold-Center seit 25 Jahren rund um die Berliner Allee die Regelung von einem Euro je Stunde Parkzeit. Wenn die städtischen Parkgaragen unter dem Herold-Center saniert sind, sollen auch hier die Gebühren wie in Norderstedt-Mitte erhoben werden. Zudem wurden Kurzzeitparkzonen (2 Stunden mit Parkscheibe) auf der Rathausallee, am Schmuggelstieg, der Ulzburger Straße („Meilenstein“), dem Harksheider und Glashütter Markt und an der Tangstedter Landstraße eingerichtet.

Was kostet die Parkraumbewirtschaftung und was bringt sie an Einnahmen?

Für die Aufstellung von 18 Parkscheinautomaten, Schildern und der Einrichtung des IT-Systems gab die Stadt Norderstedt laut Mario Kröska 220.000 Euro aus. Seit dem 1. September 2022 warfen die Bürgerinnen und Bürger 250.000 Euro in die Automaten. Dazu kommen noch die Einnahmen der neun Automaten am Herold-Center in Höhe von 70.000 Euro. Von den damit 320.000 Euro müssten 80.000 Euro für Wartung, Betrieb, Auswertung und Leerung der Automaten abgezogen werden. Mit netto 240.000 Euro habe sich die Einrichtung des Parksystems also schon in einem Jahr amortisiert, und es blieben 20.000 Euro an Gewinn „zur Förderung des Umweltverbundes und zur anteiligen Deckung der Garagenunterhaltung“. Das alles, so Kröska, ohne die noch nicht bewirtschafteten 350 P+R-Parkplätze unter dem Herold-Center.

Wie hat sich die Auslastung der Parkplätze und Garagen entwickelt?

Früher waren die Parkgaragen und P+R-Parkplätze in Norderstedt-Mitte unter der Woche häufig überfüllt. Der Parksuchverkehr kreiste zu Stoßzeiten rund um das Rathaus. Die Parkgebühren hätten das stark verringert, teilt Kröska mit. Montags bis freitags lägen die Tageseinnahmen in den Tiefgaragen bei etwa 900 Euro, somit die Auslastung bei 65 Prozent. Selbst an den Wochenmarkt-Tagen am Donnerstag würde sich daran kaum mehr etwas ändern. Kaum ausgelastet (30 bis maximal 50 Prozent) seien die Kurzzeitparkplätze in der Rathaustiefgarage. Der Rathausparkplatz ist laut Kröska sehr gut ausgelastet, die P+R-Anlage Nord ebenfalls. Nur zu 50 Prozent sei hingegen die P+R-Anlage West unter der Post ausgelastet. Die 350 Kurzzeitparkplätze in Norderstedt-Mitte seien zu 85 Prozent belegt, in Spitzenzeiten zu 100 Prozent – das gelte auch für die übrigen Parkplätze in Norderstedt. Monatskarten würden selten verkauft, und auch die Nachfrage hinsichtlich der Wochenkarten sei gering.

Gab es Lob oder Beschwerden aus der Bevölkerung?

Die Beschwerdelage sei „außerordentlich gering“, teilt Kröska mit. 35 Eingaben habe es gegeben, sechs lobten die Regelung oder hatten konstruktive Anregungen dazu. Andere forderten die Abschaffung. P+R-Nutzer teilten mit, dass sie endlich wieder ausreichend Parkraum fänden. Anwohner der Nebenstraßen der Zahlbereiche (Dahlienstieg, Ulzburger Straße, Rathausallee, Sanddornweg, Alter Kirchenweg) forderten Anwohnerparkzonen. Handwerker hätten die Regelung gut angenommen: 10 Euro pro Woche seien günstiger, als für 43 Euro bei der Stadt eine Halteverbotszone zu beantragen.

Weichen Parkplatzsuchende auf kostenlose Wohnstraßen aus?

Mario Kröska legte diverse Fotos aus den Anwohnerstraßen in Norderstedt-Mitte vor. Sie sollten dokumentieren, dass werktags ausreichend Parklücken vorhanden seien, es also keinen Parkdruck in den Straßen gebe. Es fände zwar immer noch „anteiliger Parkraumsuchverkehr in den Wohnstraßen statt“, allerdings weitaus gemäßigter als vor Einführung der Bewirtschaftung. Negativ auffallen würde die Situation auf den kostenfreien Parkplätzen der P+R Anlage „Meeschensee“ und entlang der Seitenstreifen in den Straßen Buschweg und Richtweg. Dort habe sich die Anzahl der parkenden Autos von Pendlerinnen und Pendlern deutlich erhöht.

Braucht Norderstedt Anwohnerparkzonen?

Die Stadt werde keine Anwohnerparkzonen in den an die Bezahlbereiche grenzenden Straßen in Norderstedt einrichten. Das Stellplatzangebot sei dort nicht ausgeschöpft, sagt Kröska. Er bemängelt, dass viele Bewohnerinnen und Bewohner noch dazu ihre Privatwagen im öffentlichen Straßenraum parken würden, anstatt die Stellplätze auf ihren großen Grundstücken dafür zu benutzen (besonders Norderstedt-Mitte). Vor diesem Hintergrund seien Anwohnerparkzonen auch rechtlich nicht umsetzbar. Im Übrigen würde sich die Lage für viele Norderstedter verschlechtern, wenn der Parkraum vor der Tür kostenpflichtig würde und für Gäste nicht mehr nutzbar sei.

Braucht Norderstedt die „Brötchentaste“?

Die Politik hat sie gefordert, von den Bürgerinnen und Bürgern kommt die Anregung immer wieder: Kröska hingegen rät von jeglichen weiteren Sonderregelungen ab, die Brötchentaste würde in der Einführung 65.000 Euro kosten und sei somit unwirtschaftlich. Den Beschwerden von Kundinnen und Kunden in Norderstedt-Mitte, es gebe zu wenige Kurzzeitplätze, will Kröska mit der Einrichtung zusätzlicher Plätze in der Tiefgarage unter der Post begegnen.

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Mobilität: Fördern die Parkgebühren ein Umdenken?

Laut Kröska seien die Fahrradabstellanlagen in Norderstedt-Mitte jetzt besser ausgelastet. 250 Rathausmitarbeitende hätten sich beim Fahrradverleihsystem „Next Bike“ angemeldet, 320 würden sich ein HVV-Monatsticket vom Arbeitgeber bezuschussen lassen. Die Fahrgastzahlen am Haltepunkt Norderstedt-Mitte seien im letzten Jahr um 10 Prozent gestiegen – was aber auch am verbesserten Takt der Busse liege. Die große Menge an Kurzzeitparkplätzen sei allerdings immer noch ein großer Anreiz für „stadtinterne Kurzfahrten“.

Muss das Gebührensystem digitaler werden?

Mittelfristig will die Stadt eine „Park-App“ anbieten oder digitale Bezahldienste an den Säulen. Das scheitert momentan daran, dass die überwiegende Anzahl der Parkscheinautomaten in Tiefgaragen und somit Stahlbetonkäfigen stünden. Der Handyempfang ist sehr stark eingeschränkt oder nicht möglich. Es müssten zunächst Sendeverstärker angebracht werden. Für die Kontrolle müssten die städtischen Überwachungskräfte im Ordnungsamt mit Technik ausgestattet werden.