Norderstedt. Gebühren vertreiben Autofahrer aus Parkgaragen und von P+R-Plätzen – das sorgt für größere Parkplatznot am Straßenrand.
Spätestens, seitdem es in Norderstedt die gebührenpflichtigen Park+Ride-Anlagen gibt, kennen die Menschen in der Stadt das Phänomen. Die öffentlichen Stellplatzanlagen, sei es unter dem Rathausmarkt, an der Quickborner Straße oder an der Tangstedter Landstraße, sind auch werktags maximal zu 50 Prozent gefüllt. Dafür stehen in Nebenstraßen die Fahrzeuge Stoßstange an Stoßstange. Das kann, gerade in dicht besiedelten Bereichen, erhebliche Nachteile bringen: Nicht nur für Anwohner, sondern auch für Pflegedienste und Handwerksbetriebe.
Die langwierige, oft erfolglose und dann im schlechtesten Fall mit Strafzetteln verbundene Suche nach Parkplätzen für diese beiden Gruppen soll nun zumindest teilweise ein Ende haben. Denn die Stadt hat das Verfahren erleichtert, mit dem Ausnahmegenehmigungen beantragt werden können.
Verkehr Norderstedt: Sonderrechte für Pflegedienste und Handwerker
Im Hauptausschuss hatte Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder Anfang Juni der überraschten Politik berichtet, dass dies zwar bereits möglich gewesen war, die Stadt aber nicht ausdrücklich dafür geworben hatte – wodurch vermutlich nur wenige Dienste und Firmen davon wussten. Zwei Wochen zuvor hatten die Freien Wähler gefordert, dass sich die Verwaltung um die missliche Lage der Pflegedienste kümmern müsse – außer der AfD schlossen sich alle Fraktionen an, auch der Seniorenbeirat begrüßte den Vorstoß.
Vier Wochen später gibt es das damals versprochene Onlineformular, dieses ist unter „Aktuelles und Service“ zu finden – bei der Suchfunktion muss hingegen doch schon der exakte Begriff „Parkerleichterungen“ eingetippt werden.
Wird die Erleichterung erlaubt, bedeutet das: Es darf umsonst dort geparkt werden, wo entweder eine Parkscheibenregelung für in der Regel zwei Stunden gilt, oder wo Parkscheine gezogen werden müssen. Auch reine Bewohnerparkplätze und solche im eingeschränkten Halteverbot fallen hierunter. Es geht um rund 1000 Parkplätze im öffentlichen Raum.
Rund um das Herold-Center ist die Situation „wahnsinnig schwierig“
Der Hintergrund ist klar: „Bei Pflegediensten ist Zeit ein kostbares Gut“, so die Oberbürgermeisterin. Da sei jede gesparte Minute wertvoll. Das ist im Handwerk nicht anders. Oft ist es so: Die Betriebe entladen Werkzeug und Material, und müssen dann erst einmal einen Parkplatz suchen.
In beiden Fällen kann es dazu kommen, dass das städtische Ordnungsamt bei Kontrollfahrten auf Verstöße aufmerksam wird – und diese ahnden muss, auch wenn das moralisch ein Dilemma sein mag. „Schön ist das nicht“, bestätigt Andreas Finster, Leiter des Fachbereichs im Rathaus. Über 800 Ausnahmeanträge für längere Zeiträume habe die Behörde 2022 bewilligt, meist ging es um Firmen, die auf Baustellen tätig waren. „Wahnsinnig schwierig“ sei die Situation insbesondere rund um das Herold-Center.
- Robert Hille: „Ich schaue ohne Betriebsblindheit auf diese Stadt“
- Stadtentwicklung: „Wir wollen ja nicht die ganze Garstedter Feldmark bebauen“
- Fluglärm Norderstedt: Mehr Flugzeuge – Krach bis Mitternacht nimmt zu
Kostenpflichtig sind die Genehmigungen trotzdem, selbst wenn die Parkgebühren entfallen. Bei Pflegediensten gilt: Die Jahresgebühr für das erste Fahrzeug beträgt 75 Euro, für jedes weitere dann 50 Euro. Die Autos müssen eine Firmenaufschrift haben. Handwerksfirmen zahlen je Ausnahmegenehmigung 43 Euro (plus 10 Euro je Kennzeichen). Hier muss der offizielle Arbeitsstättennachweis sichtbar ausgelegt sein.
Norderstedt: Das Parken in zweiter Reihe ist weiterhin verboten
Alles ist aber nicht erlaubt. „Das Parken in Feuerwehreinfahrten, auf Behindertenparkplätzen, in zweiter Reihe und im absoluten Halteverbot werden immer noch geahndet“, so Oberbürgermeisterin Roeder. Auch auf dem Bürgersteig dürfe nicht geparkt werden.
Und dort, wo es keine großen P+R-Anlagen gibt oder wo eben auch alle theoretisch gestatteten Flächen belegt sind, bleibt es bei der nervigen Parkplatzsuche. Da kann die Stadt keine Wunder vollbringen. „Wir machen die Welt nicht perfekt, aber ein bisschen besser“, so Andreas Finster.