Tangstedt. Ruine an der Dorfstraße sorgt für Frust in der Bevölkerung. Nun äußert sich der Investor – und macht vorerst wenig Hoffnung.

Menschen leben hier schon lange nicht mehr, die letzten Bewohnerinnen und Bewohner sind Ende 2020 ausgezogen. Nur die Ruine des einstigen Alten- und Pflegeheims „Haus Sommer“ in Tangstedt steht noch, von dem wiederholt angekündigten Neubau an der Dorfstraße ist nichts zu sehen. Das ist ein riesiges Problem für den Ort – und ein ständiges Gesprächsthema gerade für die älteren Menschen. Denn es gibt lediglich in Rade mit dem kleinen Landhaus Ruhetal eine Einrichtung für Senioren, das war es. Und, diese Nachricht dürfte für Frust sorgen, Besserung ist vorerst nicht in Sicht.

Der neue Bürgermeister von Tangstedt, Jens Kleinschmidt (FDP), hatte im Abendblatt-Interview vor wenigen Tagen gesagt, dass es einen neuen Investor gebe, das Grundstück also verkauft worden sei. Dieses Gerücht hatte sich in den letzten Wochen verbreitet in der Bevölkerung. Doch stimmt das?

2020 hatte es mit dem Projektentwickler GWK, einem Unternehmen für Wohnungsbau aus Seelze bei Hannover, einen neuen Eigentümer gegeben – mit dem Ziel, das alte Gebäude abzureißen und eine neue Residenz mit rund 90 Plätzen zu errichten.

Tangstedt: Pläne für neue Seniorenresidenz liegen auf Eis – aus mehreren Gründen

Auf Nachfrage dementiert Geschäftsführer Torsten Schulz den Rückzug. „Wir sind nach wie vor Eigentümer der Liegenschaft, es hat kein Verkauf stattgefunden.“ Den Stillstand bestätigt er aber tatsächlich. Anfang 2022 waren eine alte Kate abgerissen und einige Bäume abgeholzt worden, das leerstehende Heim wurde entkernt, mehr passierte nicht, das Abbruchunternehmen baute Container und Geräte ab, das Gelände wurde abgesperrt.

Bekannt ist, dass es einen Streit mit Nachbarn über die Grundstücksgrenze gab, dieser ist aber mittlerweile beigelegt. Und es war auch nur die geringste Sorge. Schulz erklärt: „In den angespannten und derzeit vorherrschenden wirtschaftlichen Begebenheiten haben wir das Objekt auf ,hold’ gesetzt. Sobald die markante Marktlage es zulässt, werden wir an der Umsetzung des Projektes arbeiten.“

Bau und Betrieb eines Seniorenheims rechnet sich nicht, so der Investor

Es ist derzeit nicht rentabel, eine Seniorenresidenz, umso mehr eine mit gehobenem Anspruch, zu errichten. „Man hat Schwierigkeiten, dass es sich rechnet. Das geht unseren Mitbewerbern und Kollegen auf dem Markt genauso. Es ist ein politisches Thema“, so der Geschäftsführer.

Wer ein Altenheim baut, muss dieses refinanzieren. Dafür muss ein Pächter gefunden werden, der den Betrieb führt. So einen hatte GWK bereits für Tangstedt – aber der Vertrag wurde aufgelöst, eben wegen der wirtschaftlichen Situation. Die Branche ist stark betroffen von hohen Fixkosten, insbesondere für Strom und Heizung, dazu kommen die Personalkosten. Torsten Schulz spricht von einer „Spirale“.

Es gibt Verhandlungen mit einem neuen möglichen Betreiber. Das wäre eine feste Voraussetzung, damit ein neues Seniorenheim gebaut werden könnte. Aber auch bei weitem nicht die einzige – die hohen Baukosten und die schlechte Zinslage sind große Hürden. Trotzdem versichert Torsten Schulz: „Das Objekt ist weiterhin priorisiert in unserem Geschäftsplan.“ Einen Zeitplan kann er indes nicht nennen.

Tangstedt: Eine Alternative für ein Seniorenheim ist derzeit nicht in Sicht

Für Tangstedt ist das ein Dilemma. Die Politik hatte den Bebauungsplan schon vor Jahren beschlossen, dieser ist rechtskräftig, auch die Baugenehmigung durch den Kreis Stormarn wurde erteilt – und gilt weiterhin. Auf der Fläche kann also nichts anderes entstehen, auch keine Wohnungen, die ja im Ort genauso dringend benötigt werden.

Ein Plan B, also ein anderer Standort für eine Betreuungseinrichtung, dürfte eher langfristig in Sicht sein – vielleicht im Neubaugebiet „Lindenallee“, aber hier sind die Planungen noch am Anfang. Auch der Baubeginn des Quartiers „Kuhteich“, wo seniorengerechte Bungalows entstehen sollen, steht noch aus. Die Folge: Menschen, die ihr Haus verkaufen und einen Platz in einem Pflegeheim suchen, werden oftmals wegziehen müssen.