Tangstedt. Jens Kleinschmidt, neuer Bürgermeister von Tangstedt, spricht über Wohngebiete, den Badesee und die Altenheim-Ruine.
Seine Wahl war eine Überraschung: Erst gewann Jens Kleinschmidt als erster FDP-Politiker überhaupt ein Direktmandat in Tangstedt. Und dann, vier Wochen nach der Kommunalwahl, wurde der 53-Jährige mit Unterstützung von Grünen und SPD zum neuen Bürgermeister gewählt – er löste Jürgen Lamp (CDU) ab. Kleinschmidt war zwar bereits Stellvertreter, doch nun trägt er die Hauptverantwortung im Rathaus. Im Interview spricht er über Themen, die ihm wichtig sind, über die Ziele der Ortsentwicklung, die Costa Kiesa und die Altenheim-Ruine mitten im Ort.
Herr Kleinschmidt, am 14. Mai gewannen Sie ihren Wahlkreis direkt, seit dem 14. Juni sind Sie Bürgermeister von Tangstedt. Wie haben Sie diese Zeit empfunden?
Ich habe nicht damit gerechnet, den Wahlkreis zu gewinnen, das war eine Überraschung. Viele hier aus der Dorfstraße haben zu mir gesagt: Wir haben dich gewählt, damit du neuer Bürgermeister wirst. Die Umstellung ist ganz gut gelaufen. Ich war ja schon vier Jahre Stellvertreter, von daher wusste ich, worauf es ankommt.
Es handelt sich um ein sehr zeitintensives Ehrenamt. Wie vereinbaren Sie das mit Ihrem Beruf als Busfahrer?
Es wird so sein, dass ich 30 bis 35 Stunden im Monat für die VHH in Norderstedt fahre, also einen Tag in der Woche. Ich bleibe im Teilzeitbereich.
Tangstedt: Bürgermeister Jens Kleinschmidt will Straßen sanieren lassen
Zusammen mit Ihrer Frau haben sie einen Veranstaltungsservice. Führen Sie diesen weiter?
Ein paar Sachen haben wir eingeschränkt, aber die großen Veranstaltungen, das Oktoberfest, die 80er-Parties, die Schlager, die machen wir weiter. Aber kleinere Sachen wie Zeltaufbau oder Getränkelieferungen habe ich eingestellt. Ich kann nicht offiziell für die Gemeinde arbeiten, ich kann mich ja nicht selbst beauftragen.
Welches Thema ist zuerst auf Ihrem Tisch gelandet?
Die neue Beschilderung für ein Halteverbot im Bereich Dorfstraße/Schulstraße. Das haben wir bis heute nicht hingekriegt. Erst sagte der Kreis, das kann Tangstedt selbst erledigen, jetzt wird gesagt, da brauchen keine Schilder hin, weil in der Kurve sowieso ein Halteverbot gilt. Das Problem: Die Polizei macht da auch nichts. Ich selber habe da als Busfahrer auch schon einmal 20 Minuten gestanden mit den Schülern, weil ich mit dem Gelenkbus nicht um die Kurve kam.
Welche Herausforderung außer den großen Projekten sehen Sie?
Ich habe mit dem Vorsitzenden des Bauausschusses besprochen, dass wir für die nächste Sitzung die Sanierung der Straßen auf die Tagesordnung nehmen. Da haben wir einen Haufen Probleme.
Welche Straßen wären das? Und ist überhaupt Geld hierfür da? In der Vergangenheit wurde da auch schon einmal gekürzt.
Zum Beispiel der Forstweg. Wir haben einige Schlaglöcher, da müssen wir generell etwas machen. Die Bürger erzählen bei Facebook schon vom „Straßen-Golf“.
„Wir brauchen in Tangstedt Geschosswohnungsbau“
Am Kuhteich sollen Wohnungen insbesondere für Senioren entstehen. Wann starten die Bauarbeiten?
Der Notarvertrag ist unterschrieben. Jetzt beginnen die Planungen für die 42 Wohneinheiten. Der B-Plan wurde noch einmal verändert, es kommt die öffentliche Auslegung, da könnten noch Einsprüche kommen von Einwohnern. Aber wir hoffen natürlich, dass wir in diesem Jahr anfangen können. Das letzte größere Wohngebiet war vor fast 20 Jahren die Eichholzkoppel, das waren über 100 Wohneinheiten.
Noch weitaus größer soll das Wohngebiet „Lindenallee“ werden. Was erwarten Sie hier für die nächsten Jahre?
Es läuft das Treuhandverfahren, das ist so beschlossen worden. Aus meiner Sicht brauchen wir in Tangstedt Geschosswohnungsbau und sozialen Wohnraum. Wenn hier Investoren kommen und für 650.000 Euro Doppelhaushälften bauen, das bringt nur wenigen Tangstedtern etwas. Gerade bei den Kitas haben wir Probleme, Personal zu bekommen. Und da wir nicht mehr zahlen können, müssen wir sie anders locken.
Was wäre denn ein realistischer Zeitplan?
Bei der Grundschule sind wir im Sonderausschuss. Wir brauchen hier noch eine Fläche von der Lindenallee, zumindest, wenn wir eine Mehrzweckhalle neu bauen wollen. Vielleicht auch einen Sportplatz, aber das wissen wir noch nicht. Es gibt schon verschiedene Varianten von Architekten. Aber das Wichtigste: Wir brauchen zunächst eine Straße.
Grundschule: „Wichtig ist die Mensa“
Wieso?
Für den ganzen Bauverkehr, für die Lkw. Das muss rausgehalten werden aus der Schulstraße.
Wer sollte diese neue Straße bezahlen?
Dazu kann ich noch nichts sagen, dafür haben wir den Sonderausschuss, dort wollen wir zusammenfassen, was gemacht werden muss.
Bis eine neue Grundschule steht, wird es dauern. Was ist als Übergang geplant?
Wenn man die Schule fragt, sagen die: Eigentlich haben wir schon fast einen Offenen Ganztag, wir haben den Betrieb von 7 bis 17 Uhr, nur die Räume fehlen – und wichtig ist die Mensa. Wir haben jetzt schon 30 Schüler mehr, als in die NBGS reinpassen.
Derzeit ist es eine freiwillige Nachmittagsbetreuung. Es werden nicht weniger Kinder, wenn der Rechtsanspruch hinzukommt.
Natürlich könnte man sagen: Wir nehmen die vierte Klasse jetzt nicht mehr, weil wir die erste Klasse betreuen müssen, weil dort ab 2026 der Rechtsanspruch gilt. Aber das wird schwierig. Am besten wäre, die Mensa in einem anderen Gebäude zu haben und die NBGS zu spiegeln, damit man mehr Räume hat. Dann könnte man die Mensa auch abends nutzen.
Altenheim-Ruine: Gemeinde weiß nicht, wer Eigentümer ist
Wofür?
Man könnte einen Theatersaal daraus machen, die Mensa abends für Veranstaltungen nutzen. Die Möglichkeit für 300 Leute, so wie früher in der Wilstedter Mühle, dann braucht man die Turnhalle nicht mehr zu nehmen. Und das sollte unabhängig sein, damit man nicht in die Schule muss.
Ein anderes Thema: Beim Blick aus dem Fenster sehen Sie die Ruine des früheren Alten- und Pflegeheims Sommer. Das Grundstück ist wieder verkauft worden, hört man. Wissen Sie, an wen?
Nein. Es ist ein neuer Investor. Das hat mit der Gemeinde ja nichts zu tun.
Hat sich bei Ihnen oder bei ihrem Vorgänger Jürgen Lamp jemand gemeldet?
Nein. Es wäre ganz gut, wenn wir mal einen Kontakt hätten.
Wie bewerten Sie das? Seit Jahren fordert die Bevölkerung ein Seniorenheim.
Der neue Investor muss sich jetzt neue Firmen suchen. Es muss schnellstens etwas gemacht werden. Wir haben jetzt nur noch ein Altenheim in Rade, früher hatten wir einmal fünf, sechs.
Was ist mit Wilstedt? Auch hier wurde vor einiger Zeit ein Konzept präsentiert.
Wenn man die Leute fragt, braucht Wilstedt ein Altenheim. Im Moment ruht das.
Durchgangsverkehr: Keine Signale für Entlastungsstraße
Was ist für diesen Ortsteil noch geplant?
Nachdem wir jetzt in Tangstedt die neue Feuerwache haben, müssen wir das Gerätehaus in Wilstedt angehen. Es gibt wenig Umkleidemöglichkeiten für Frauen und Männer, wir brauchen auch einen größeren Versammlungsraum. Wenn der kleine Teich zugeschüttet würde, könnte man erweitern.
Wenig Einfluss haben sie auf den Verkehr. Sehen Sie irgendeine Möglichkeit zur Entlastung?
Von überregionaler Ebene haben wir keine Signale bekommen. Man braucht natürlich Flächen. Vor 15 Jahren gab es mal Planungen, dass vom Gasthaus Stubbe in Norderstedt eine Entlastungsstraße rübergeht, aber kurze Zeit später wurde alles zugebaut. 2018 haben wir zwar einen Prüfauftrag für eine Umgehung beschlossen – aber da passiert im Moment nichts.
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Costa Kiesa: Tangstedt hofft auf Investor – und befürwortet Campingplatz
Insbesondere die Hauptstraße ist belastet. Würden Sie diese gerne umbauen?
Verbreitern können wir sie nicht. Da haben wir kaum Möglichkeiten. Es ist unser Problem als Achsenzwischenraum, dass hier die Lkw zwischen A7 und A1 durchrauschen. Obwohl es auch schon mal schlimmer war – vielleicht, weil auch das Rewe-Zentrallager nicht mehr in Norderstedt ist.
Ein Dauerbrenner ist auch die Costa Kiesa. Wie sind Ihre Eindrücke, muss die Gemeinde tätig werden?
Im Moment ist es eigentlich ruhig, mir sind keine Polizei- oder Feuerwehreinsätze bekannt.
Und langfristig? Die Pläne mit Norderstedt für ein interkommunales Freizeit-Gewerbegebiet schließen den See mit ein. Eine Machbarkeitsstudie ist in Arbeit.
Die Gemeinde Tangstedt wäre froh, wenn wir die Costa Kiesa irgendwann mal loswerden und sich ein Investor des ganzen Areals annimmt. Ein Campingplatz würde sich anbieten – mit einem Betreiber, der auch für den See verantwortlich ist. Das wäre das Beste.