Tangstedt. Nach einem Jahrzehnt geht es los: Was alles in Tangstedt entstehen könnte. Und warum das Projekt so historisch ist für den Ort.
Die letzte Sitzung der Gemeindevertretung in Tangstedt für 2022 wird eine historische sein. Denn die Fraktionen werden am Mittwoch, 14. Dezember (19 Uhr, Turnhalle), aller Voraussicht nach den Startschuss für die Planungen zu einem der größten Neubaugebiete in der Ortsgeschichte geben. „Lindenallee“, allein schon dieses Stichwort hat quasi ein Jahrzehnt lang genügt, um ausufernde Debatten zu starten. Über sieben Hektar Entwicklungspotenzial, gelegen zwischen Schule, Kitas und dem Nahversorgungszentrum an der Hauptstraße, könnten Tangstedt verändern.
Insbesondere in den letzten zwei Jahren hatte das Thema über Wochen die öffentliche Diskussion geprägt. Denn eine selbstbewusste Bürgerinitiative kämpfte gegen einen im Herbst 2020 gefassten politischen Mehrheitsbeschluss von CDU und Bürgergemeinschaft, der die Reihenfolge von Baugebieten neu sortierte.
Bauprojekte: Lindenallee – Planungen für großes Neubaugebiet beginnen
Die „Lindenallee“ stand hinten an, da diese nicht in Gemeindebesitz war, sondern einer Erbengemeinschaft gehörte. Doch in der Bevölkerung formierte sich Protest: Viele sahen hier eine bestens geeignete Fläche, um bezahlbaren Wohnraum für alle Generationen, ob nun Senioren, Azubis oder Alleinerziehende, zu schaffen.
Und auch die Erschließung der Grundschule und der beiden Kitas Himmelszelt und Junges Gemüse wäre endlich von Osten her möglich. Die enge Schulstraße könnte entlastet werden. Hier hatte es zuletzt Streit zwischen der Gemeinde, Eltern und den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein gegeben und sogar Anzeigen gegen Busfahrer. Denn bei Begegnungsverkehr waren die tonnenschweren Gefährte mehrfach auf den Gehweg ausgewichen, was laut Augenzeugen sogar Kinder gefährdet haben soll. Jetzt halten die Schulbusse morgens nur noch am Rathaus, einige Hundert Meter entfernt.
Der Kampf einer Bürgerinitiative zwang die Politik zum Handeln
Die Bürgerinitiative sammelte im letzten Jahr monatelang viele Unterschriften. Ein Bürgerentscheid, der die „Lindenallee“ an erste Stelle der Prioritätenliste stellen sollte, hätte hohe Erfolgschancen gehabt. Und so fand sich im September 2021 ein Kompromiss mit der Politik. Das Engagement der Initiative hatte sich gelohnt.
Allerdings wird das Bauleitverfahren für den geplanten Bebauungsplan 35 komplex sein. Als treuhändischer Partner wird die Landgesellschaft Schleswig-Holstein die Gemeinde maßgeblich unterstützen. Die Menschen aus Tangstedt sollen von Beginn an einbezogen werden – so gab es bereits am 22. November eine erste Öffentlichkeitsbeteiligung in Form einer „Analysewerkstatt“ mit 65 Teilnehmern, bei denen die Bürgerinnen und Bürger Ideen einbringen konnten.
Tangstedt: Sieben Ziele für Entwicklung der „Lindenallee“
Auch die Beschlussvorlage der Amtsverwaltung verdeutlicht, wie vielschichtig die Planung sein wird. Es gibt sieben Kernziele: Es sollen die Voraussetzungen für Wohnungsbau, Gewerbe für den örtlichen Bedarf und Einrichtungen der Daseinsversorgung sowie soziale wie kulturelle Zwecke geschaffen werden. Dann soll eine langfristige städtebauliche Entwicklung gesichert werden – sprich: Bauherren bekommen klare Vorgaben. Für den ÖPNV inklusive Schulbusse soll ein Verkehrsknotenpunkt entstehen. Die Schulstraße soll entlastet werden durch eine Erschließung über die Hauptstraße.
Dann ist vorgesehen, gemeinnütziges, genossenschaftliches Bauen und Baugemeinschaften zu fördern, sozial-ökologisches Bauen mit der Prämisse „Sozialwohnungen, Inklusion, barrierearm“. Und die Energieversorgung soll im Sinne des Klimaschutzes und der Anpassung an Folgen des Klimawandels ausgerichtet sein – es fällt der Begriff „energieautarkes Quartier“.
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Wer Tangstedt kennt, weiß aber: Es wird viele Akteure aus der Politik und der Bevölkerung geben, die hier mitbestimmen wollen. In der Vergangenheit hat das oft zu kleinteiligen, mühsamen Verhandlungen geführt. Es wäre eine Überraschung, wenn das ausgerechnet bei der „Lindenallee“ nicht der Fall sein würde.