Sülfeld. Das ehemalige Krankenhaus in Borstel wird nicht mehr als Zwischenstation genutzt. Der Grund für den Stopp überrascht.
Der Hilferuf ist gerade einmal ein paar Monate alt. Anfang des Jahres hatten diverse Ämter, Städte und Gemeinden im Kreis Segeberg gewarnt, dass sie wenig bis gar keinen Wohnraum für die Unterbringung von Flüchtlingen mehr hätten. Die Reaktion: Die alte, leerstehende Lungenklinik des Forschungszentrums in Borstel, einem Ortsteil von Sülfeld, wurde durch die Kreisverwaltung reaktiviert, sie diente wieder als Zwischenstation, wie schon über einen längeren Zeitraum im vergangenen Jahr. Bis zu 250 Menschen hätten hier leben können, jeweils für bis zu zwei Monate. Nur: Offenbar haben sich alle verschätzt.
Denn schon Ende Juni wurde die Unterkunft bereits wieder geschlossen. Der simple Grund: Die meisten Betten wurden überhaupt nicht gebraucht. Nur 41 Personen hätten hier über die letzten Wochen vorübergehend gelebt, zur gleichen Zeit waren es nie mehr als 24 Menschen, heißt es.
Kreis Segeberg: Umstrittene Flüchtlingsunterkunft Borstel wieder geschlossen
„Die Einrichtung sollte dazu dienen, den Kommunen einen Zeitpuffer zu verschaffen, um Wohnraum für Geflüchtete vor Ort zu schaffen“, so Sabrina Müller, Sprecherin der Kreisverwaltung. „Offensichtlich verfügten die Kommunen aber über ausreichend Wohnraum, sodass die Einrichtung in Borstel nicht benötigt wurde.“
Die geringe Auslastung steht auch im Kontrast zur Aufregung in dem Ort vor der Eröffnung. Ende Februar waren über 200 Bürgerinnen und Bürger zu einer Infoveranstaltung gekommen. Bei einigen Kommentaren, auch online, zeigte sich: Flüchtlinge aus der Ukraine wären willkommen gewesen. Diese sollten aber nicht in Borstel untergebracht werden, sondern Menschen aus Ländern wie Syrien, Afghanistan oder Jemen.
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Wie so oft bei derartigen Auseinandersetzungen, driftete die Debatte teilweise an den rechten Rand ab, auch die AfD äußerte sich. Für einen Skandal sorgte ein CDU-Kommunalpolitiker aus Seth, der sich, wie erst im Nachgang bekannt wurde, bei besagter Infoveranstaltung abschätzig mit den Worten „Noch nicht genug“ über im Mittelmeer ertrunkene Flüchtlinge äußerte. Das dementierte er nicht, verließ vielmehr die Partei.
Borstel: Forschungszentrum hat jetzt einen neuen Zweck für das Krankenhaus
Laut „Segeberger Zeitung“ gab es schließlich in Sülfeld sogar ein Treffen, bei dem beide Seiten – pro und contra Unterkunft – sich austauschten. Marek Krysiak (CDU), seit Juni neuer Bürgermeister von Sülfeld, sagte, die Lage habe sich beruhigt.
Wie es jetzt in Borstel weitergeht? Aller Voraussicht nach werden hier keine Flüchtlinge mehr unterkommen, selbst wenn der Bedarf irgendwann ein anderer sein könnte. Sabrina Müller: „Der Kreis hat sich bis Jahresende die theoretische Option offengehalten, in der Klinik in Borstel wieder geflüchtete Menschen unterzubringen. Rein faktisch wird das aber nicht notwendig und möglich sein, da der Betreiber des Gebäudes dort selbst Studierende unterbringen möchte.“