Kreis Segeberg. Kommunen wissen nicht mehr, wie sie die vielen Geflüchteten unterbringen sollen. Der Kreis hilft aus – aber nur übergangsweise.

Im Dezember des vergangenen Jahres hat der Kreistag beschlossen, dass die ehemalige Lungenfachklinik in Borstel erneut als Unterkunft für Geflüchtete hergerichtet und bei Bedarf wiedereröffnen soll. „Dieser Bedarf ist jetzt gegeben, weswegen die ersten drei Geflüchteten voraussichtlich in dieser Woche dort einziehen werden“, teilt Sabrina Müller, Sprecherin des Kreises Segeberg, mit.

Ausschlaggebend für die Zustimmung der Kreistagsmitglieder war ein Hilferuf aus zahlreichen Städten, Ämtern und Gemeinden. Eigentlich sind diese für die Unterbringung der Geflüchteten zuständig. Sie signalisierten dem Kreis aber, dass nur noch sehr wenig bis kein Wohnraum mehr vorhanden sei, sodass beispielsweise auch Unterbringungen in Turnhallen wieder Thema sind.

Kreis Segeberg: Nach Hilferuf – Ehemalige Lungenklinik Borstel nimmt erneut Flüchtlinge auf

„Mit Borstel haben wir für die Kommunen einen Puffer, eine Übergangslösung geschaffen, die ihnen etwas Zeit gibt, geeigneten Wohnraum für die Geflüchteten zu finden“, sagt Landrat Jan Peter Schröder. Nach zwei Monaten werden die dort untergebrachten Menschen dann an die Kommunen schriftlich weitervermittelt. Nach rund weiteren vier Wochen sollen sie die Unterkunft dann verlassen haben.

Landrat Jan Peter Schröder vor der ehemaligen Klinik Borstel: Der Kreis hilft den Kommunen aus und bringt hier vorübergehend Geflüchtete unter.
Landrat Jan Peter Schröder vor der ehemaligen Klinik Borstel: Der Kreis hilft den Kommunen aus und bringt hier vorübergehend Geflüchtete unter. © Christopher Mey | Christopher Mey

Die Räume in der ehemaligen Klinik stellen sicher, dass Geflüchteten, die dem Kreis neu zugewiesen werden, eine adäquate Unterbringung zur Verfügung steht. Dabei kann es sich um Familien oder allein reisende Frauen oder Männer handeln. Der Kreis erfährt mit einer Vorlaufzeit von vier Wochen, wen das Land zuweisen wird.

Norderstedt freut sich über Unterstützung vom Kreis

Norderstedts Sozialdezernentin Katrin Schmieder begrüßt die Unterstützung des Kreises sehr. „Das verschafft uns Luft“, sagt sie. So hätte die Stadt mehr Zeit, um ausreichend Platz für Geflüchtete zu schaffen. Im Notfall kann der Mensatrakt des Schulzentrums Süd innerhalb von zwei Wochen hergerichtet werden, um dort Flüchtlinge unterzubringen. Derzeit sei dies laut Schmieder aber nicht nötig, da nicht mehr so viele Menschen aus der Ukraine kommen würden.

Das Schulzentrum Süd in Norderstedt würde im Notfall Geflüchtete im Mensatrakt unterbringen. Im Bild: Siegfried Hesse, Leiter der Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark, Sozialdezernentin Katrin Schmieder, Fabian Wachtel, Leiter des Amtes für Feuerwehr, und Torben Krüger, Leiter des Lise-Meitner-Gymnasiums (v.l.).
Das Schulzentrum Süd in Norderstedt würde im Notfall Geflüchtete im Mensatrakt unterbringen. Im Bild: Siegfried Hesse, Leiter der Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark, Sozialdezernentin Katrin Schmieder, Fabian Wachtel, Leiter des Amtes für Feuerwehr, und Torben Krüger, Leiter des Lise-Meitner-Gymnasiums (v.l.). © FMG | Claas Greite

Außerdem sei der Stadt eine Immobilie mit 20 Unterbringungsmöglichkeiten angeboten worden. Das schaffe weitere Entlastung. „Unser Wohnraumaufruf hat große Wirkung gezeigt“, sagt die Sozialdezernentin. Auch an der Lawaetzstraße geht es voran: In unmittelbarer Nähe zur bereits bestehenden Flüchtlingsunterkunft sollen Ende März mobile Gebäude aufgebaut und ab Sommer bezugsfertig sein.

Klinik Borstel wurde bis Ende August für Geflüchtete aus der Ukraine genutzt

Bis zum 31. August 2022 wurde die ehemalige Klinik Borstel als Unterkunft für geflüchtete Menschen aus der Ukraine betrieben. Der Betrieb wurde eingestellt, nachdem der Zustrom an ukrainischen Geflüchteten seinerzeit stark abebbte.

„Mittlerweile erhalten Ukrainerinnen und Ukrainer relativ schnell ein Aufenthaltsrecht, wodurch sie SGB-II-Leistungen bekommen und eine eigene Wohnung beziehen können“, erklärt Kreissprecherin Sabrina Müller. Aus diesem Grund sollen in Borstel dieses Mal gezielt Menschen untergebracht werden, die nicht aus der Ukraine, sondern aus anderen Ländern kommen.

Im Unterschied zum Erstbetrieb wird es für die in der Einrichtung untergebrachten Menschen auch Beratungsangebote vor Ort geben. Betreiber der Einrichtung ist der Kreis Segeberg. Vor Ort kümmert sich die Betreuungsdienste Segeberg gGmbH des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) um die Menschen.

Flüchtlingsunterkunft: Betrieb ist zunächst bis Juni dieses Jahres geplant

Der Betrieb ist zunächst bis zum 30. Juni dieses Jahres geplant – der Kreis hat aber die Option, die Einrichtung bis zum 31. Dezember 2023 zu nutzen. „Verwaltung und Politik werden anhand der weltpolitischen Lage entscheiden, ob die Einrichtung weiter erforderlich ist“, sagt der Landrat.

Perspektivisch sollen in der Einrichtung bis zu 200 Menschen übergangsweise wohnen. Wann wie viele Menschen ankommen beziehungsweise wann alle Zimmer belegt sein werden, ist nicht bekannt. „Das kann in vier Wochen sein, aber auch erst in ein paar Monaten“, so Sabrina Müller.

Ex-Klinik Borstel: Kreis zahlt monatliche Kosten von bis zu 382.000 Euro

Der Kreis kalkuliert die monatlichen Kosten wie folgt: Miete 51.000 Euro, Betrieb und Sozialberatung bis zu 170.000 Euro, Verpflegung/Catering bis zu 115.000 Euro, Reinigung 11.000 Euro und Sicherheitsdienst 35.000 Euro. Insgesamt sind das bis zu 382.000 Euro monatlich, also rund 2,3 Millionen Euro bis Ende Juni. Die Kosten fürs Catering und die Sozialberatung hängen von der Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner ab.

„Nach wie vor unklar ist, ob sich das Land Schleswig-Holstein an den Kosten der Reaktivierung beteiligen wird. Diesbezügliche Verhandlungen der kommunalen Spitzenverbände mit dem Land werden seit Wochen geführt“, berichtet die Kreissprecherin. Im Blickpunkt steht dabei auch eine mögliche Unterstützung der Kommunen seitens des Bundes.

Kreis Segeberg: Bei Einwohnerversammlung sollen Fragen geklärt werden

Um den Menschen aus der Gemeinde Fragen zu beantworten und mögliche Ängste zu nehmen, ist eine Einwohnerversammlung geplant. Darüber hinaus soll es regelmäßig einen runden Tisch geben, bei dem die Bürgerinnen und Bürger Informationen erhalten und ebenfalls die Gelegenheit haben, Fragen zu stellen. „Auf diese Weise soll größtmögliche Transparenz hergestellt werden“, so Müller.

Konkrete Termine gibt es noch nicht. Sie werden rechtzeitig bekanntgegeben, verspricht der Kreis. Wer Interesse hat, das DRK ehrenamtlich zu unterstützen, kann sich per E-Mail an wenden. Ein Themenschwerpunkt für ehrenamtliche Angebote ist zum Beispiel die Vermittlung der deutschen Sprache.