Kreis Segeberg. Im Kreis Segeberg gibt es Baumalleen, die seit Jahrhunderten gepflegt werden. Ihre Zwecke kennt heute kaum jemand mehr.
Alleen bieten viele Vorzüge. So schützen sie vor Sonne oder Wind und damit auch vor dem Humusabtrag in der Landwirtschaft. Sie verbessern bei Nebel und Dämmerung die Orientierung, erleichtern das Schätzen von Entfernungen, verbinden natürliche Lebensräume und sind oft Zufluchtsstätten gefährdeter Tierarten. Vor allem aber sind sie gut für das Gemüt: Wie schön es ist, auf einer Allee zu gehen oder zu fahren, wissen auch heute noch viele zu schätzen. Auch wenn sie heute fast in Vergessenheit geraten. Aber es gibt sie noch, die wunderschönen alten Baumalleen – auch im Kreis Segeberg.
Manche Alleen sind gut sicht- und begehbar. Sie werden seit Jahrhunderten gepflegt. Andere sind kaum noch als Alleen zu erkennen, weil sie mitten im Forst stehen. Nur absolute Fachleute, die einen Blick dafür haben, können sie heute noch bestimmen.
Segeberger Geheimnisse: 80 Alleen sind heute noch Zeugen der Vergangenheit
Die älteste im Kreisgebiet erhaltene Allee befindet sich vermutlich auf Gut Seedorf im äußersten Nordosten des Kreises. Diese mit zehn Bäumen eher kurze Allee, führt noch heute auf die 1709 fertiggestellte Orangerie zu. Sie war Bestandteil eines um die gleiche Zeit entstandenen Barockgartens.
Manfred Schmidt, Archivar des Amtes Trave-Land, zu dem auch die Gemeinde Seedorf gehört, kennt die Geschichten der Alleen rund um das Seedorfer Torhaus. Seine Lieblingsallee aber ist die schmale Straße vom Gut Seedorf in Richtung Gut Hornsdorf. „Früher war das mal eine Hauptverbindungsstrecke“, sagt der Archivar. Heute aber ist das eine verträumte kleine Straße, die nur wenig befahren wird. Er weiß den Anblick der alten Alleen zu schätzen und geht dort gerne spazieren.
Was ist eigentlich eine Allee?
Aber was ist eine Allee eigentlich so ganz genau? Die Erklärung für alle, die schon lange keine Allee mehr gesehen haben oder sich noch nie mit diesem Thema beschäftig haben: Es sind Straßen oder Wege, die beidseitig von gleichförmig verlaufenden Baumreihen begrenzt werden oder in der Mitte durch eine Baumreihe getrennt werden. Im engeren und ursprünglichen Sinn ist die Allee eine baumbestandene, in die Landschaft hinaus verlängerte architektonische Gartenwegachse einer herrschaftlichen Schlossanlage.
Kreis Segeberg: Jede Allee ist genau durchdacht
Eine Allee ist also niemals ein Wunderwerk der Natur. Sie ist von Menschenhand geschaffen worden. Denn Bäume säen sich natürlich selbst niemals in Reih’ und Glied aus. Dafür wird schon die Kunst eines Landschaftsgärtners oder eines Gartenbauingenieurs benötigt.
Eine Allee ist also kein Zufallswerk, sondern eine durchdachte und geplante Anlage, an der sich die Menschen auch nach Jahrhunderten noch erfreuen können. Sie sind Kunst- und Kulturprodukte und haben sich im Laufe der Zeit meist zu besonderen Biotopen und Biotopverbundelementen entwickelt.
Alleen erfüllen Zwecke, die kaum jemand kennt
Eine Allee ist nicht nur schön anzusehen, sie erfüllt auch Zwecke, an die zunächst kaum jemand denkt - und die bei den Landschafts- und Straßenplanern von heute wohl auch kaum noch eine Rolle spielt. Das Wurzelwerk der Alleebäume festigt die Fahrbahnen und schützt die Wege vor Erosion und Verschlammung.
Im Winter ist an den Alleebäumen der Straßenverlauf zu erkennen, die Bäume schützen vor Verwehungen. Wurzeln und Baumkronen reinigen zudem das Grundwasser, filtern vor allem Feinstaub und andere Schadstoffe aus der Luft. Der dichte Baumbestand in Alleen ist letztlich ein natürlicher Schallschutz.
2007 wurden die Alleen in das Landesnaturschutzgesetz aufgenommen
Alleen leisten also einen großen Beitrag für den Umwelt- und Naturschutz. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) kürt die „Allee des Jahres“, um auf die deutschlandweite Gefährdung von Alleebäumen aufmerksam zu machen. Als Bindeglied zwischen Kultur und Natur wurden alle schleswig-holsteinischen Alleen 2007 in das Landesnaturschutzgesetz aufgenommen. Auch in vielen anderen Bundesländern stehen sie unter Naturschutz.
Es gab und gibt also genügend Gründe für das Anlegen einer Allee. Im Kreis Segeberg konnten bisher 80 historische Alleen festgestellt werden von denen die historisch wichtigsten kartiert wurden, um sie weiter als kulturelle Zeugnisse und somit auch als bedeutende Biotope für künftige Generationen erhalten zu können.
Älteste erhaltene Allee ist auf dem Gut Seedorf
Erste Alleen in Schleswig-Holstein entstanden in den großen Gärten der Renaissance, als die herrschaftlichen Burgen ihren Wehrcharakter allmählich verloren und zunehmend repräsentativen Ansprüchen entsprechen mussten. Von diesen Alleen allerdings sind heute kaum noch Spuren vorhanden.
Auf dem Gut Seedorf gibt es nicht nur die älteste im Kreis Segeberg erhaltene Allee, sondern eine der unbestritten schönsten Alleen: Ausgehend vom Torhaus des Gutes bildete die Allee eine Blickachse bis zum Kirchturm von Schlamersdorf.
Allee hat eine stattliche Breite von 16 Metern
Um solch eine weit reichende Sicht ermöglichen zu können, besitzt diese Allee eine stattliche Breite von 16 Metern. Später wurde die Allee nachgepflanzt und verändert, heute sind nur noch sehr heterogene Reste aus Linden, Kastanien und Eschen erhalten. Ende des 18. Jahrhunderts ist diese Allee entstanden.
Auf dem Gut Seedorf sind noch zwei weitere Alleen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erhalten. So scheint der Wall der alten Burganlage zumindest in Teilen als Promenade genutzt worden zu sein - auf einem erhaltenen Teil der später zerstörten Wallanlage steht heute noch eine Lindenallee. Weiter westlich, in einem ehemaligen Garten, findet man eine zum See führende Lindenallee.
Lindenallee in Borstel ist immer noch ein wichtiger Verbindungsweg
Wer unbedingt mal eine Allee entlangspazieren möchte, wird also in Seedorf fündig. Wer nicht so weit fahren möchte, findet auch im südlichen Teil des Kreises Segeberg eine wunderschöne Allee, die im öffentlichen Verkehrsraum immer noch eine wichtige Rolle spielt.
Die Linden-Doppelallee vor dem Herrenhaus des Forschungszentrums Borstel ist ein Verbindungsweg von der B 432 in Richtung Borstel/Sülfeld. Sie wird von Fahrradfahrern genutzt, ebenso von Fußgängern, die an der Bundesstraße aus dem Bus steigen.
Zeugnis der frühen Gartenanlage wurde um 1770 gepflanzt
Diese Allee ist das markanteste Zeugnis der frühen Gartenanlage und wurde um 1770 gepflanzt. Sie führt am Herrenhaus und dem ehemaligen Gutshof vorbei, geht direkt weiter führt durch den Wald und läuft schließlich direkt auf die Kirche am Marktplatz im Dorf Sülfeld zu.
Zu dieser Zeit entstand auch das Herrenhaus des Gutes Borstel, der Landschaftspark und der große Ehrenhof mit den Hoflinden. Damals herrschte in der europäischen Kunst die Stilrichtung des Rokoko vor.
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Etliche Bäume mussten wegen Pilzbefall gefällt werden
Der Zahn der Zeit hat auch an diesen Alleen genagt. Einige der 250 Jahre alten Bäume mussten inzwischen gefällt werden, weil die Holzsubstanz teilweise so gering war, dass die Bruch- und Standfestigkeit nicht mehr gewährleistet war. Ein Grund für die zunehmende Instabilität war der Befall von Schadpilzen. Der Brandkrustenpilz und der Hallimasch machten den Bäumen schwer zu schaffen.
Aber gemeinsam mit der AktivRegion Alsterland, dem Unternehmen Fielmann, Spendengeldern des Fördervereins am Forschungszentrum Borstel und EU-Mitteln konnten in den letzten Jahren etliche Bäume neu gepflanzt werden. Außerdem wurde in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde und der Naturschutzbehörde ein Nachpflanzungskonzept zur nachhaltigen Entwicklung erstellt, damit das Ensemble auch in der Zukunft erhalten bleiben kann.
Segeberger Geheimnis: Im Muggesfelder Garten sind noch Lindenalleen erhalten
Weitere bis heute überkommene Alleen gab es in den Barockgärten der Güter Glasau, Wensin und Muggesfelde. Der Garten in Muggesfelde in der Ortschaft Nehms ist noch nicht abschließend erforscht, doch existiert eine Gutsbeschreibung aus dem Jahre 1759. Diese gibt ausführlich wieder, wie die Alleen die Landschaft erschlossen, als Sichtachsen dienten und das Herrenhaus als Zentrum des gesamten Gutes hervorhoben. Mehrere Lindenalleen haben sich im Muggesfelder Garten zumindest in Resten erhalten.