Kreis Segeberg. Viele Beschäftigte arbeiten zu Hause. Dennoch werden Neubauprojekte umgesetzt. Wie die Verwaltungen das rechtfertigen.

Die Quoten in öffentlichen Verwaltungen sind unterschiedlich, aber für alle gilt: Viele Beschäftigte in den Rathäusern nutzen die Chance, einen Teil ihrer Arbeit Zuhause zu erledigen. Doch welche Folgen hat Homeoffice für das Raumkonzept in den Verwaltungsgebäuden?

Stehen Büros leer, werden sie vermietet? Wird der Neubau oder Anbau von Verwaltungsbauten, der schnell den zweistelligen Millionenbereich erreicht, überflüssig? Das Abendblatt hat in Norderstedt, Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen und Bad Bramstedt nachgefragt.

Norderstedt: Ein Rathausanbau für 200 Millionen Euro?

Norderstedt:Die Möglichkeit, auch im Homeoffice zu arbeiten, hilft der Verwaltung über einen Engpass hinweg: „Das führt dazu, dass in einigen Bereichen die Zahl der Mitarbeitenden die der Arbeitsplätze im Rathaus beziehungsweise in den städtischen Außenstellen und Einrichtungen übersteigt“, sagt Bernd-Olaf Struppek, Sprecher der Norderstedter Stadtverwaltung.

Andererseits werde sich der Trend fortsetzen, das die kommunalen Verwaltungen immer mehr Aufgaben bekommen und die Bearbeitung zunehmend komplexer wird. Also werde die Zahl der Mitarbeitenden in Zukunft erhöht werden müssen, neue Arbeitsplätze müssten in jedem Fall geschaffen werden.

Norderstedt: Team der Stadtverwaltung ist stark gewachsen

Heißt: Ein Neu- oder Anbau des Norderstedter Rathauses ist notwendig, zumal Teile des Gebäudes saniert werden müssen – ein millionenschweres Vorhaben, vor allem, weil die Baukosten explodiert sind und sich um den Faktor 2 oder mehr erhöht haben. Mit einem Rathaus-Anbau und einem Umbau des alten Verwaltungstraktes soll laut Planung für etwa 111 Millionen Euro Platz für das stark gewachsene Team der Stadtverwaltung geschaffen werden. Nun könnte das Unterfangen mit bis zu 200 Millionen Euro zu Buche schlagen.

Eine Summe, die CDU-Fraktionschef Peter Holle nach Alternativen suchen lässt: „Macht ein Rathausanbau Sinn, wenn gleichzeitig im Lufthansa-Hochhaus 6000 Quadratmeter Büroflächen zur Anmietung zur Verfügung stehen?“ Er habe diesen Vorschlag schon mehrfach gemacht, bisher aber kein Echo aus der Verwaltung vernommen. Nun will er seine Idee nach der Sommerpause in den Ausschüssen politisch diskutieren lassen.

Das Rathaus von Henstedt-Ulzburg wurde im September 2006 eingeweiht.
Das Rathaus von Henstedt-Ulzburg wurde im September 2006 eingeweiht. © Christopher Herbst | Christopher Herbst

Henstedt-Ulzburg: Jeder hat einen Arbeitsplatz im Rathaus

Henstedt-Ulzburg: „Der Raumbedarf hat sich durch das Anbieten von Homeoffice (noch) nicht verändert“, sagt Malte Pohlmann, Sprecher der Gemeindeverwaltung Henstedt-Ulzburg. Homeoffice zu nutzen, sei eine persönliche Entscheidung des Mitarbeitenden.

Ihm sei kein Kollege und keine Kollegin bekannt, der oder die dauerhaft ins Homeoffice gewechselt ist. Aus diesem Grund stehe jedem Mitarbeitenden im Rathaus auch weiterhin ein eigener Büroarbeitsplatz zur Verfügung.

So soll das erweiterte Rathaus in Kaltenkirchen aussehen.
So soll das erweiterte Rathaus in Kaltenkirchen aussehen. © Winking · Froh Architekten GmbH | Winking · Froh Architekten GmbH

Kaltenkirchen: Schon 2012 war ein Rathausanbau im Gespräch

Kaltenkirchen: An das Rathaus wird ein Erweiterungsbau angedockt, der einschließlich einer Gewerbezeile im Erdgeschoss rund sechs Millionen Euro kosten wird. Bereits 2012 war ein Anbau für zwei Millionen Euro im Gespräch,

Doch der damals neu ins Amt gekommene Bürgermeister Hanno Krause (CDU) überzeugte die Politik, dass die Stadt ihr Geld zunächst für andere Projekte investieren sollte. Vor zwei Jahren half auch das Zusammenrutschen nichts mehr.

Bürgermeister Krause: „Wir mussten handeln“

Bis zu drei Personen teilten sich derzeit ein Büro, in dem Schreibtische so eng zusammenstehen, dass Türen nicht mehr ganz geöffnet werden können. Kaltenkirchen musste für seine Mitarbeiter externe Räume bei einer Bank anmieten. Unter diesen Bedingungen bei Bürgergesprächen Datenschutz einzuhalten, wurde kompliziert. „Wir mussten handeln“, sagte Krause.

Zumal Probeberechnungen ergeben hätten, dass sich die Raumsituation durch Homeoffice nur kurzzeitig entspannen würde. Und eines der Ziele der Rathauserweiterung, nämlich die Ausbildung eigener Fachkräfte zu intensivieren, werde mit diesen Modellen nicht erreicht.

Bad Bramstedt: Neubau des Rathauses ist kein Thema

Bad Bramstedt: Zwar bieten die Räume auch im Bramstedter Rathaus nicht genügend Platz für die Beschäftigten, aber ein Neubau ist zurzeit kein Thema. Vielmehr sollen einzelne Büros so hergerichtet werden, dass sie „buchbar“ sind und zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen Personen genutzt werden können.

Kreis Segeberg: Homeoffice hat die Kreisverwaltung in Bad Segeberg animiert, neue Arbeitsformen auszuprobieren. So habe sich Desk-Sharing, das flexible Nutzen von Räumen, bewährt, das Modell soll weiter ausgebaut werden, auch mit Blick auf die geplanten Neubauten. Dadurch sei der Raumbedarf geringer, Kosten könnten gespart werden. Wie sich das Arbeiten Zuhause weiter auswirkt, analysiert ein Projektteam.