Norderstedt. Allein Zuhause oder mit Kollegen im Büro – durch Corona hat sich bei Johnson & Johnson, Tesa und Co. einiges verändert.
Die Maßnahmen für den betrieblichen Infektionsschutz wegen der Corona-Pandemie sind ausgelaufen – aber wie gehen die Unternehmen damit um? Wie sieht es mit den bisher von der Politik gewünschten oder geforderten Maßnahmen wie Homeoffice und Maskentragen in der neuen, normalen Covid-19-Arbeitswelt aus? Und wie haben die Arbeitgeber ihre Beschäftigen zurück in die Büros gelockt? Das Abendblatt hat eine Umfrage bei großen Norderstedter Firmen gemacht.
Johnson & Johnson Medical GmbH (weltweit 141.000 Beschäftigte, 1700 in Norderstedt): Das medizintechnische Unternehmen habe im zweiten Quartal 2022 eine neue globale Richtlinie zum Thema „Mobiles Arbeiten“ eingeführt, die es Büroangestellten ermögliche, bis zu zwei Tage pro Woche außerhalb des Büros zu arbeiten. „Die Einzelheiten wurden dann im Einvernehmen mit den Betriebsräten über eine Betriebsvereinbarung weiter definiert“, sagt Unternehmenssprecher Andy Marthaler.
Homeoffice: So sieht der neue Arbeitsalltag in Norderstedts Firmen aus
Diese Regelung gelte nicht für die Kollegen und Kolleginnen, die in der Produktion oder im Außendienst arbeiten. Für den Produktionsbereich werde zurzeit überlegt, wie man auf die Bedürfnisse der dort Beschäftigten stärker eingehen kann, wie sich Arbeit und Privatleben besser vereinbaren lassen. Während der Pandemie hätten die Mitarbeitenden fünf zusätzliche freie Tage bekommen, die sie über einen Zeitraum von 18 Monaten nutzen konnten – ganz nach ihrem Ermessen.
„Zum einen freuen sich die Beschäftigten, sich wieder vermehrt im Büro zu treffen und sich austauschen zu können, zum anderen schätzen sie die zusätzliche Flexibilität und die gewonnene Zeit durch den Wegfall des Arbeitswegs“, sagt Marthaler.
Neue Norderstedter Arbeitswelt: Geschäftsreisen werden weniger
Das mobile Arbeiten führe zu einer neuen Meeting-Kultur, gerade bei hybriden Meetings, bei denen die einen vor Ort sind und andere sich virtuell einwählen. Der Umgang mit Meetings sei generell bewusster geworden und es werde stärker abgewogen, ob ein physisches Meeting nötig ist oder nicht. Eine Folge: Die Geschäftsreisen seien weniger geworden.
„Zum aktuellen Zeitpunkt gelten keine besonderen Hygiene-Vorschriften mehr, aber wir beobachten genau, wie sich die Situation weiter entwickelt“, sagt Marthaler.
Johnson & Johnson: Zukunftsweisende Technologien für die Firmenräume
Das mobile Arbeiten habe Auswirkungen darauf, wie die Büroräume gestaltet werden. Das Unternehmen habe die Büroflächen neu aufgeteilt, damit es genügend Platz zwischen den Pulten gibt und „Flex-Offices“ ohne feste Personalzuteilung eingerichtet, in die sich die Beschäftigten für fokussiertes Arbeiten und Telefon-/Video-Gespräche zurückziehen könnten.
Johnson & Johnson sei zudem dabei, die Meeting-Räume mit zukunftsweisenden Technologien auszustatten, damit hybride Meetings in guter Qualität abgehalten werden könnten. Das übergeordnete Ziel dieser Maßnahmen sei, dass die Büroflächen den Anforderungen der „new ways of working“ entsprechen.
Tesa: Maximal zwei Tage Homeoffice
Tesa (weltweit knapp 5000 Beschäftigte, 1100 in Norderstedt): „Aktuell arbeiten wir am Standort Norderstedt in einem hybriden Arbeitsmodell. Die Mitarbeitenden sind in der Regel an einem, maximal zwei Tagen im Homeoffice und an den verbleibenden Tagen vor Ort“, sagt Falk Sluga, Sprecher des führenden Anbieters von Klebelösungen.
Nach dem Ende der Homeoffice-Pflicht im März hätten viele Kolleginnen und Kollegen schnell zum Arbeiten ins Büro zurückkehren wollen. Das Unternehmen habe das mit flexiblen Regelungen unter Einhaltung der gängigen Corona-Regeln möglich gemacht.
Fitnessstudio und Barista-Bar sind gut besucht
„Viele Mitarbeitende kommen regelmäßig ins Büro, schätzen den persönlichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen und die Möglichkeit, Arbeitsmeetings wieder im Unternehmen abhalten zu können“, sagt Sluga. Auch das Betriebsrestaurant, das interne Fitnessstudio oder die Barista-Bar seien gut besucht.
„Wir mussten unsere Beschäftigten nicht mit besonderen Maßnahmen zurück ins Büro locken. Nach der langen Homeoffice-Periode nutzen viele Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, wieder vor Ort gemeinsam arbeiten zu können“, sagt der Unternehmenssprecher.
Zurück im Büro: Team-Events stärken das Wir-Gefühl
Um das Wir-Gefühl weiter zu stärken, würden regelmäßig interne Veranstaltungen und Team-Events angeboten. Die Kombination aus flexiblen Homeoffice-Tagen und einer „agilen Arbeitskultur“ werde von allen Mitarbeitenden sehr geschätzt und gut angenommen.
Tesa habe die Pandemie genutzt, um neue Konzepte für die vielen Flächen zu entwickeln und lebendig werden zu lassen. Am Standort Norderstedt gebe es neben den bestehenden festen Arbeitsplätzen eine Vielzahl neuer Kommunikationsflächen, die von Mitarbeitenden flexibel und kollaborativ genutzt werden können. „Unser Forum im Eingangsbereich, das Betriebsrestaurant und unsere interne Lounge bieten nun auch Arbeitsbereiche zur wechselnden Nutzung“, sagt Sluga.
Tesa bietet kostenlose Selbsttests und FFP2-Masken an
Die Praxis zeige, dass dieses Konzept gut funktioniert. Leerstand gebe es nicht. Im Gegenteil: Allein im vorigen Jahr seien 150 neue Kolleginnen und Kollegen bei Tesa in Norderstedt gestartet. Durch Homeoffice seien ausreichend Flächen für die neuen Beschäftigten vorhanden gewesen.
Sowohl in Norderstedt als auch an allen anderen Standorten empfehle Tesa allen Mitarbeitenden, vor Arbeitsantritt einen Schnelltest zu machen. Das Unternehmen biete nach wie vor kostenlose Selbsttests und FFP2-Masken an, vor dem Betriebsrestaurant und in allen Sanitäreinrichtungen seien Hand-Desinfektionsspender installiert. „Wir beobachten die aktuelle Entwicklung der Corona-Zahlen sehr genau und werden bei Bedarf weitere Maßnahmen ergreifen“, sagt Sluga.
Jugnheinrich: Bis zu 50 Prozent Homeoffice möglich
Jungheinrich (weltweit rund 19.000 Beschäftige, 1600 in Norderstedt, jeweils 800 in der Verwaltung und Produktion): „Tätigkeiten, deren Inhalte es zulassen, können bis zu 50 Prozent im Homeoffice erfüllt werden. Das passiert auf Basis beidseitiger Freiwilligkeit und individueller Absprache zwischen Führungskraft und Mitarbeiter“, sagt Benedikt Nufer, Sprecher des Gabelstapler-Herstellers.
Aktuell bestehe Maskenpflicht, wenn die Arbeits- oder Gesprächssituation den Mindestabstand nicht gewährleistet. Sitzplatzkonzepte sollen den Abstand im Betriebsrestaurant und in Pausenräumen sichern. „Um die Produktion sicherzustellen, ist es wichtig, konzentrierte Corona-Ausbrüche in ganzen Teams oder Gruppen zu vermeiden, daher gelten weiterhin höhere Sicherheitsvorkehrungen als in der Öffentlichkeit“, sagt Nufer.
Mitarbeiter von Condair begrüßen Drei-zu-Zwei-Regelung
Condair: (weltweit 750 Beschäftigte, in Norderstedt rund 130): Die Beschäftigten am Norderstedter Nordportbogen können zwei von fünf Tagen Zuhause arbeiten, wenn es die Art der Tätigkeit zulässt.
„Diese Drei-zu-Zwei-Regelung wird sehr positiv aufgenommen. Sie erhöht die Flexibilität und Work-Life-Integration. Wir haben während der letzten zweieinhalb Jahre in Sachen Homeoffice viel gelernt“, sagt Dominic Giesel, Sprecher des Unternehmens, das Luftbefeuchtung und Verdunstungskühlung herstellt. Andererseits sei durch diese Praxis persönliche Nähe und spontane Interaktion zwischen den Mitarbeitenden regelmäßig gegeben.
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Nach der Pandemie hätten die Beschäftigten nicht zurück in die Produktion und Büros „gelockt“ werden müssen. „Der Wunsch, miteinander zu arbeiten, war größtenteils bei den Mitarbeitenden vorhanden“, sagt Giesel. Durch die Homeoffice-Regel würden alle Bedürfnisse befriedigt.
Durch das bei Condair „hausgemachte“ gute Innenraumklima mit konstant 40 Prozent relativer Luftfeuchte und CO2-Monitoring habe es auch nie Bedenken gegeben, wegen einer Corona-Infektion nicht ins Büro zurückzukehren. Das Unternehmen empfehle weiterhin, Masken zu tragen, wenn die Beschäftigten ihren Arbeitsplatz verlassen und/oder der Mindestabstand von zwei Metern nicht eingehalten werden kann. Selbsttests und FFP2-Masken würden kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Casio: Neue Regelung ist familienfreundlich
Casio (weltweit 10.000 Beschäftigte, 270 in der Norderstedter Europa-Zentrale): Die Beschäftigten können bis zu drei Tage im Homeoffice arbeiten. „Diese Regelung sowie die flexible Arbeitszeit bieten den Mitarbeiter:innen eine stark verbesserte Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit. Das wird allseits sehr begrüßt“, sagt Harald Schröder, Sprecher des Elektronikherstellers.
Casio habe spürbar in die digitale Infrastruktur investiert und somit die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Teams und Arbeitsgruppen auch ohne physische Anwesenheit zusammenarbeiten können. Viele Beschäftigte hätten sich nach so langer Zeit des Arbeitens von Zuhause darüber gefreut, endlich wieder einen Schritt in Richtung „Normalität“ zu gehen und die Kollegen und Kolleginnen persönlich zu treffen.
Homeoffice in Norderstedt: Hygienevorschriften gibt es nicht mehr
Hygienevorschriften gebe es eigentlich keine mehr, weil durch Homeoffice das Aufkommen im Büro ohnehin reduziert sei. „Wir haben an diversen Knotenpunkten die Handspender mit Desinfektionsmitteln belassen und vermeiden grundsätzlich Meetings mit vielen Teilnehmenden in einem Raum“, sagt Schröder.
Mit der Einführung des Homeoffice ergebe sich naturgemäß eine veränderte Nutzung der Büroflächen. Aktuell gebe es aber keinen durch das Arbeiten Zuhause bedingten Leerstand, weil ja nach wie vor jeder Mitarbeiter seinen festen Arbeitsplatz habe und dort an mindestens zwei Tagen pro Woche seine Aufgaben erledige.